04.08.2017

Knorpel aus dem 3D-Drucker

Optische Messverfahren sollen Druckprozesse optimieren helfen.

Neue Knorpel für Arthrose-Geschädigte, 3D-Modelle von menschlichem Gewebe oder Knochen­ersatz für Tumor­patienten sind durch neue 3D-Druck-Tech­nologien indi­viduell anpassbar. An die Biofa­brikation richten sich derzeit große Hoffnungen. Schon heute pro­duzieren Spezia­listen der rege­nerativen Medizin indivi­dualisierte Implantate und ortho­pädische Hilfsmittel. Und für die Zukunft erwarten sie vielfältige neue Einsatz­möglichkeiten, unter anderem in der Gewebe­züchtung.

Abb.: Vorläuferzellen des Stütz- und Bindegewebes auf einem Trägermaterial aus biologisch abbaubarem Kunststoff. (Bild: UK Würzburg)

In klassischen Verfahren der Gewebe­züchtung werden 3D-Gerüste mit Zellen besiedelt, um daraus Ersatz für irre­parabel geschä­digtes Gewebe reifen zu lassen. Im Unterschied dazu liefert die Biofa­brikation mit Hilfe neuester 3D-Druck­techniken aus Zellen und Gerüst­materialien Strukturen, die dem natürlichen Gewebe im Aufbau nachgeahmt sind. Dadurch soll eine schnellere und bessere Ausbildung von funk­tionalem menschlichem Gewebe erreicht werden.

„Die Biofa­brikation steckt als Forschungs­feld noch in den Kinder­schuhen. Dem hohen Potenzial und ersten Erfolgen mit einfachen Strukturen stehen grund­legende Heraus­forderungen gegenüber“, sagt Jürgen Groll. Dazu gehört beispiels­weise die Tatsache, dass derzeit keine Methoden zur Charak­terisierung der Strukturen sowohl direkt während des Drucks als auch während der Gewebe­reifung existieren. Jürgen Groll, Professor für Funktions­werkstoffe der Medizin und der Zahnheil­kunde der Uni­versitäts­klinik Würzburg sucht In dem Forschungs­projekt „PhotonControl“ in den kommenden zwei Jahren gemeinsam mit Gereon Hüttmann vom Institut für Biome­dizinische Optik der Univer­sität Lübeck nach einem geeig­neten Verfahren zur Qualitäts­kontrolle für künstliche Gewebe­implantate.

„Die Qualitäts­kontrolle während des Druck­prozesses bedeutet eine große Heraus­forderung“, erklärt Groll. Schließlich müssten diese Messungen zerstörungs­frei ablaufen und auf den Einsatz spezieller Marker verzichten. „Wir können beispiels­weise keine chemischen Farbstoffe verwenden, da diese die Gewebe­reifung der gedruckten Konstrukte beein­flussen können“, so Groll. Da die Druck­zeiten bei der Biofa­brikation zwischen wenigen Minuten bei sehr einfachen Konstrukten und teilweise Stunden liegen, und die Strukturen vergleichs­weise groß sind, seien die Haupt­anforderungen an die Mess­methoden nicht kurze Messzeiten oder hohe Auflösung. Vielmehr gehe es darum, die relevanten chemischen, bio­chemischen und morpho­logischen Infor­mationen zu erfassen. Wegen der teilweise langen Druckzeiten sei außerdem eine Charak­terisierung bereits während des Druckens wünschens­wert.

Zwei Techniken sind nach Ansicht der Wissen­schaftler geeignet, diesen Anforderungs­katalog zu erfüllen: die optische Kohärenz­tomographie (OCT) und die Raman-Spektro­skopie. Beide Verfahren kommen ohne Farb­stoffe als Marker aus und sind nicht invasiv, das heißt, sie schädigen das Gewebe nicht. In ihren Eigen­schaften ergänzen sie sich gut: OCT ermöglicht eine struk­turelle Bildgebung in Echtzeit und kann mecha­nische Eigen­schaften quantitativ messen; Raman-Spektro­skopie liefert molekulare Infor­mationen zur chemischen und bio­chemischen Charakterisierung drei­dimensionaler Gewebe­strukturen.

Ziel des neuen Forschungs­projekts ist die grundlegende Erforschung der Kombi­nation der optischen Verfahren OCT und Raman zur Inprozess­kontrolle beim 3D-Druck von Gewebe­modellen und Gewebe­implantaten. Dafür werden die beteiligten Forscher die von ihnen 3D-gedruckten Thermo­plaste und Hydro­gele zunächst mit klas­sischen Methoden und an­schließend mittels OCT und Raman unter­suchen. Die Ergebnisse dieser Arbeit könnten in ein thematisch weiter­führendes Verbundp­rojekt münden, in dessen Mittel­punkt die Umsetzung in eine System­lösung aus optischen Mess­verfahren wie OCT und Raman und 3D-Druck­technologie steht. Damit soll es möglich sein, Druck­prozesse zu steuern, regeln und über­wachen sowie die lebenden Zellen in diesen Produkten zu kontrol­lieren.

U. Würzburg / JOL

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