14.08.2014

Kohäsion stabilisiert kleine Asteroiden

Schnell rotierender Asteroid zeigt: Gravitation allein kann locker gepackte Himmelskörper nicht zusammenhalten.

Beobachtungen beispielsweise des Asteroiden Itokawa deuten darauf hin, dass viele Himmelskörper mit Durchmessern unterhalb von zehn Kilometern keine festen Körper sind, sondern locker gepackte Ansammlungen von Gesteinsbrocken. Traditionell haben Forscher solche „fliegenden Trümmerhaufen“ als Granulat beschrieben, in dem ausschließlich Schwerkraft und Reibung wirken. Doch das ist zu stark vereinfacht, wie eine Untersuchung des Asteroiden (29075) 1950 DA zeigt: Das etwa ein Kilometer große Objekt rotiert zu schnell, um allein durch Gravitation und Reibung zusammenzuhalten. Hier müsse also eine zusätzliche Kohäsion am Werk sein, folgern Ben Rozitis von der University of Tennessee und seine Kollegen.

Abb.: Radarbild des Asteroiden 1950 DA, aufgenommen am 4. März 2001 mit dem Radioteleskop Arecibo. (Bild: NASA)

Schon frühere Beobachtungen hatten Hinweise auf eine wichtige Rolle von Kohäsionskräften bei kleinen Himmelskörpern geliefert. Den bislang stärksten Beleg hatte der durch eine Beschleunigung der Eigendrehung ausgelöste Zerfall des Asteroiden 2013 R3 im Dezember vergangenen Jahres geliefert. Doch die Indizien waren bislang indirekter Natur und zu ungenau, um eine Aussage über die Stärke der Kohäsion zu machen. Das hat sich nun geändert.

Rozitis und sein Team kombinierten die aus Radarbeobachtungen – unter anderem mit dem Arecibo-Radioteleskop – rekonstruierte Form von 1950 DA mit Infrarotbeobachtungen des „Wide-field Infrared Survey Explorers“ WISE, einem Infrarot-Weltraumteleskop, zu einem Modell des physikalischen Aufbaus des Asteroiden und der in ihm wirkenden Kräfte. Mit einer Porosität von 51 Prozent ist 1950 DA ein locker gepackter Körper, so zeigt das Modell.

Abb.: Das könnte gefährlich werden: Statt den Asteroiden aus der Bahn zu werfen, sprengt eine Explosion ihn in viele Teile. (Bild: Nasa / JPL)

Die Wissenschaftler sehen zusätzlich zur Schwerkraft eine „trockene Kohäsion“ durch Van-der-Waals-Kräfte am Werk. Dabei führen mikrometergroße Partikel zu einer schwachen Haftung zwischen größeren Gesteinsbrocken. Diese Kohäsion müsse an der Oberfläche einen zusätzlichen Druck von mindestens 64 Pascal erzeugen, um den Asteroiden zu stabilisieren. Das entspricht etwa dem Druck eines 5-Cent-Stücks auf der Handfläche.

Schon kleine Störungen könnten die schwache Bindung des Asteroiden allerdings aufheben und zu seinem völligen Zerfall führen. Das ist nicht ohne Bedeutung, denn 1950 DA ist ein potenziell gefährliches „Near Earth Object“: Der Himmelskörper nähert sich im Jahr 2880 auf seiner Bahn extrem der Erde – mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,025 Prozent kommt es sogar zu einem Einschlag. Für solche Situationen vorgeschlagene Abwehrtechniken, die einen Asteroiden von seiner Bahn ablenken, sind angesichts des schwachen Zusammenhalts von 1950 DA problematisch: Durch einen Zerfall des Asteroiden könnten der Erde statt einem dann zahlreiche größere Einschläge drohen.

Rainer Kayser

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