27.07.2016

Kohlenmonoxid macht Platin-Atome mobil

Atomare Prozesse auf Magnetit-Oberfläche be­ein­flussen kata­ly­tische Eigen­schaften von Metallen.

Magnetit ist ein unscheinbares, dunkelgraues Material. Dass es ein Star der Ober­flächen­physik ist, offen­bart sich erst auf atomarer Skala: Magnetit kann Metall­atome fest­halten oder über seine Ober­fläche wandern lassen. Manchmal ballen sich mehrere Metall­atome auf der Magnetit-Ober­fläche auch zu kleinen Clustern zusammen. Solche Vorgänge können die chemischen Eigen­schaften des Materials maß­geblich beein­flussen: Die atomaren Prozesse auf der Magnetit-Ober­fläche ent­scheiden, wie gut verschiedene Metall­atome auf Magnetit als Kata­ly­sator für chemische Reak­tionen dienen können.

Abb.: Zwei Platinatome auf der Magnetit­ober­fläche können eine Bindung ein­gehen, wenn sie mit CO-Mole­külen ver­bunden sind. (Bild: TU Wien)

An der TU Wien gelang es jetzt, einzelne Platin-Atome und ihr Zusamme­nwachsen zu winzigen Clustern zu unter­suchen. Kohlen­monoxid spielt dabei eine doppelte Rolle: Es macht einzelne Platin-Atome beweg­lich und ermög­licht ihnen, Zweier­bindungen einzu­gehen. Gleich­zeitig stabi­lisiert es diese Bindungen. Nur indem man die Tempe­ratur erhöht, wird diese Bindung wieder auf­ge­löst. „Wenn die Platin-Atome auf die Magnetit-Ober­fläche stoßen, werden sie dort von den Sauer­stoff­atomen des Magnetits fest­ge­halten – und zwar immer einzeln, eine Bindung zweier Platin­atome, wie sie auf anderen Ober­flächen bevor­zugt vor­kommen würde, erlaubt die Magnetit-Ober­fläche nicht“, sagt Roland Bliem von der TU Wien. Die Platin-Atome sitzen daher einsam an ganz bestimmten Stellen des Magnetit-Kristall­gitters und können sich ohne äußere Hilfe von dort nicht wieder weg­bewegen.

Doch wenn man die Oberfläche in Kontakt mit ein bisschen Kohlen­monoxid bringt, ändert sich die Situ­ation völlig: „Ein Kohle­nmonoxid-Molekül kann an das Platin­atom andocken, und es gewisser­maßen nach oben heben“, erklärt Gareth Parkinson, ebenfalls TU Wien. „Wir nennen das den Skyhook-Effekt: Kohlen­monoxid macht das Platin-Atom mobil, plötzlich beginnt der Komplex aus Platin-Atom und Kohlen­monoxid zufällig über die Magnetit-Ober­fläche zu wandern.“ Erst wenn das mobile Platin-Atom auf seiner Wanderung auf ein anderes mobiles Platin-Atom trifft, können die beiden eine Bindung eingehen – das funk­tio­niert nur, wenn beide von Kohlen­monoxid-Mole­külen ange­hoben und damit dem Zugriff der Magnetit­ober­fläche ein kleines bisschen ent­zogen werden.

Wenn die Temperatur dann auf etwa 250 Grad Celsius erhöht wird, trennt sich das Kohlen­monoxid wieder vom Platin-Atom, und die Bindung ist nicht länger möglich. Die Zweier­bindungen brechen auf und die Platin­atome lagern sich wieder einsam an unter­schied­lichen Plätzen der Magnetit­ober­fläche an. Dieses Phänomen liefert eine Strategie, aus Clustern wieder einzelne Atome zu gewinnen – ein wichtiger Prozess auf dem Weg zu Kata­ly­satoren, die auf einzelnen Metall­atomen basieren. Manch­mal bilden sich auch Cluster aus mehreren Platin-Atomen – sie bleiben auch bei erhöhter Tempe­ratur bestehen.

Für die chemische Katalyse spielen solche Erkenntnisse eine wichtiger Rolle. „Metalle wie Platin sind wichtige Kata­ly­satoren“, so Parkinson. „Aber es kann sein, dass ein großer Cluster aus vielen Metall-Atomen ganz andere kata­ly­tische Eigen­schaften hat als mehrere einzelne Metall-Atome, die getrennt voneinander auf der Ober­fläche sitzen. Wenn man also optimale Kata­ly­satoren her­stellen will, dann muss man das Ver­halten der Atome auf der Magnetit­ober­fläche ver­stehen und steuern können.“

TUW / RK

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