Kollidierende Neutronensterne
Gravitationswellen durch Verschmelzung eines massereichen binären Sternsystems ausgelöst.
Wenn zwei Neutronensterne miteinander kollidieren, dann bebt das All: Ihre Verschmelzung erzeugt Gravitationswellen, die sich in alle Richtungen im Kosmos ausbreiten und – irgendwann auch auf der Erde messbar sind. So geschehen im April des vergangenen Jahres, als die Gravitationswellendetektoren Virgo in Italien und LIGO in den USA das Gravitationswellensignal GW190425 aufzeichneten. Jetzt wurde dieses Signal von einer internationalen Forschungskooperation analysiert. Demnach ist GW190425 ein Gravitationswellensignal, das bei der Verschmelzung eines sehr massereichen binären Sternsystems entstanden sein muss. Bei der Kollision im All, die rund 500 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt stattgefunden hat, sind zwei Sterne mit einer Gesamtmasse des 3,4-Fachen der Masse unserer Sonne ineinander gestürzt.
Welcher Art die beiden kollidierenden Sterne waren, dafür gibt es verschiedene Erklärungen. So könnte GW190425 durch die Verschmelzung zweier Neutronensterne entstanden sein. Diese Erklärung nehmen die Forscher als die wahrscheinlichste an, obwohl weitere Beweise dafür, wie elektromagnetische Signale, Neutrinos oder geladene Teilchen bislang nicht gefunden wurden. Allein auf Basis der Gravitationswellen-
„Wenn wir davon ausgehen, dass ein binäres Neutronensternsystem für das Signal verantwortlich ist, wäre die berechnete Masse in Höhe von 3,4 Sonnenmassen ein außergewöhnlicher Wert“, sagt Sebastiano Bernuzzi von der Uni Jena, der an der Analyse beteiligt war. Die Masse ähnlicher Systeme liegt üblicherweise weiter darunter, im Bereich zwischen 2,5 und 2,9 Sonnenmassen. „GW190425 wäre der Beweis, dass diese Sternsysteme vielfältiger sind und möglicherweise auch auf andere Weise entstehen können als erwartet.“
Die aus dem Gravitationswellensignal gewonnenen Informationen könnten den Forschern zudem dabei helfen, die rätselhaften Vorgänge im Innern von Neutronensternen besser zu verstehen. Über Neutronensterne ist bekannt, dass sie sich bilden, wenn besonders massereiche Sterne am Ende ihrer Lebenszeit in sich zusammenfallen. Die extremen Bedingungen im Inneren von Neutronensternen lassen sich in Experimenten auf der Erde nicht einfach nachbilden. Auch deshalb will Bernuzzi mit seinem Team die Forschung an GW190425 fortsetzen. Schon jetzt weiß der Forscher, was unmittelbar nach der Fusion passierte, die das Gravitationswellensignal auslöste: „Unseren Computersimulationen zufolge, die auf Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie basieren, hat sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein schwarzes Loch gebildet.“
FSUI / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung:
LIGO-Virgo Collaboration: GW190425: Observation of a Compact Binary Coalescence with Total Mass ~3.4 Msun, Astroph. J. Lett., eingereicht; Preprint: arXiv: 2001.01761v1 [astro-ph.HE] - Gravitationswellen, Theoretisch-Physikalisches Institut, Physikalisch-Astronomische Fakultät, Friedrich-Schiller-Universität Jena
- LIGO – Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory, USA
- Virgo Interferometer, Italien