21.04.2016

Kondensiertes Licht

Wärmekapazität von Photonen in Bose-Einstein-Kondensat bestimmt – mögliche Anwendung als präzises Thermometer.

Wasserdampf wird unter 100 Grad Celsius flüssig – er kondensiert. Bei diesem Phasen­übergang ändern sich sprunghaft bestimmte thermo­dynamische Eigenschaften des Wassers. Beispiels­weise kann es auf einen Schlag doppelt so viel Wärme­energie speichern wie noch im gas­förmigen Zustand. Auch Photonen können unter geeigneten Bedingungen kondensieren, wenn man sie weit genug abkühlt. Viele tausend dieser Licht­pakete verschmelzen dann plötzlich zu einer Art Super-Photon mit ungewöhnlichen Eigen­schaften – dem Bose-Einstein-Kondensat.

Abb.: Ein Team um Martin Weitz von der Universität Bonn hat die Temperatur eines Gases aus Licht gemessen, wenn es kondensiert. (Bild: T. Damm)

Physiker der Universität Bonn konnten nun zeigen, dass sich das Photonen­gas bei diesem Phasen­übergang gemäß den theoretischen Vorhersagen von Bose und Einstein verhält: Ähnlich wie Wasser ändert es sprunghaft seine Wärme­kapazität, also die Fähigkeit, thermische Energie zu speichern. „Dieses Verhalten kannte man bereits von kondensierenden Atomen”, erklärt Martin Weitz vom Institut für Angewandte Physik. „Es ist aber das erste Mal, dass dieses Phänomen für ein Kondensat aus Licht nach­gewiesen wurde.”

Auch Atome bilden ein Bose-Einstein-Kondensat, wenn man sie sehr stark abkühlt und gleichzeitig genügend von ihnen auf kleinem Raum konzentriert. Sie werden dann plötzlich un­unter­scheidbar: Sie verhalten sich wie ein einziges Riesen-Atom. Schon vor zwanzig Jahren hatten Physiker nachweisen können, dass sich bei diesem Phasen­übergang die Wärme­kapazität der Atome plötzlich ändert. Wie stark diese Änderung ist, lässt sich bei Atomen aber nur ungenau messen. Das ist bei unserem Kondensat wesentlich besser möglich”, betont Jan Klärs, der inzwischen aus Bonn an die ETH Zürich gewechselt ist.

Die Wärmekapazität eines Stoffes berechnet sich aus der Energie, die nötig ist, um ihn um ein Grad zu erwärmen. Üblicher­weise misst man dazu die Temperatur der Substanz vor und nach Zuführung einer definierten Wärme­menge. Mit einem Thermo­meter lässt sich die Temperatur eines Gases aus Licht jedoch nicht messen. Allerdings ist das auch gar nicht nötig. „Um die Temperatur des Gases zu bestimmen, muss man lediglich die unterschiedlichen Wellen­längen der Lichtteilchen kennen – die Verteilung ihrer Farben”, sagt Klärs. Und diese lässt sich mit den heute verfüg­baren Methoden extrem genau ermitteln.

„Unsere Ergebnisse für die Änderung der Wärme­kapazität beim Übergang vom Photonen­gas zum Bose-Einstein-Kondensat decken sich exakt mit den theoretischen Vorhersagen”, erklärt Tobias Damm vom Institut für Angewandte Physik. „Die Genauigkeit dieser Methode ist so hoch, dass sie sich sehr gut für die Präzisions­messung bestimmter thermo­dynamischer Natur­konstanten eignet.” Der Wärme­inhalt des Photonen­gases ändert sich nicht nur bei der Kondensation zum Super-Photon, sondern auch kontinuierlich mit der Umgebungs­temperatur. Die Bonner Physiker hoffen daher, dass sich ihre Erkenntnisse auch für den Bau hoch­präziser Thermo­meter nutzen lassen.

U. Bonn / DE

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