21.06.2021 • Energie

Kondensstreifen klimafreundlicher

Nachhaltige Kraftstoffe verringern die Eiskristallanzahl und Klimawirkung.

Kondensstreifen verursachen noch vor CO2 den größten Anteil zur Klima­erwärmung durch die Luftfahrt. Nun haben Forschende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt gemeinsam mit der Nasa herausgefunden, dass sich die Klima­wirkung von Kondens­streifen senken lässt. Mit der Verwendung einer 50-50-Mischung aus Kerosin und nachhaltigem Kraftstoff (SAF) erzielten sie eine Halbierung der Eiskristall­anzahl in Kondens­streifen unter realen Flug­bedingungen. Dies führt zu einer zwanzig bis dreißig Prozent geringeren Klima­wirkung der Kondens­streifen. Die Ergebnisse öffnen einen Pfad, die Klima­wirkung des Luftverkehrs bereits kurzfristig spürbar zu verringern.

Abb.: For­schungs­­flü­ge über Deutsch­land offenbaren Klima­wirkung...
Abb.: For­schungs­­flü­ge über Deutsch­land offenbaren Klima­wirkung des Luft­verkehrs. (Bild: DLR / NASA / Friz.)

„Wir konnten bei den gemeinsamen Flug­versuchen des DLR und der Nasa 2018 eindeutig nachweisen, dass weniger Rußpartikel durch nachhaltige Kraftstoffe in den Abgasen weniger Eis­kristalle in Kondens­streifen zur Folge haben. Dazu sind die Eiskristalle im Mittel etwas größer“, sagt Christiane Voigt vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffen­hofen. „Dieser Nachweis ist ein Durchbruch für die Möglichkeiten einer klima­freundlicheren Luftfahrt. Denn eine geringere Anzahl von Eis­kristallen verringert den durch Kondens­streifen verursachten zusätzliche Energie­eintrag in die Atmosphäre. Damit verringert sich die klima­wärmende Wirkung der Kondens­streifen-Bewölkung deutlich.“

Die Flugversuche starteten 2018 von der Ramstein Air Base in Rheinland-Pfalz. Mehrfach flog das DLR-Forschungs­flugzeug ATRA, ein Airbus A320, mit verschiedenen Kraftstoff­mischungen über Deutschland. Darunter befand sich reines Jet A-1 Kerosin als Referenz sowie 70-30- und 50-50-Mischungen von Kerosin und dem nach­haltigen Bio-Kraftstoff HEFA – Hydro­processed Esters and Fatty Acids. Das Nasa-Forschungsflugzeug DC-8 folgte dem A320 mit ein bis zwei Minuten Verzögerung, um Daten über dessen Emissionen und Kondens­streifen zu erfassen. „Wir betrachten in unserer Arbeit mehr als nur einzelne Techno­logien, sondern immer auch das Flugzeug und den Luftverkehr als Gesamtsystem“, sagt Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstands­vorsitzende des DLR. 

Nachhaltige Kraft­stoffe werden ohne Erdöl aus regenerativen Quellen gewonnen und weisen einen geringeren CO2-Fußabdruck als fossiles Kerosin auf. Hier sind Kraftstoffe auf Basis von Pflanzen oder Abfällen denkbar, aber auch in naher Zukunft E-Fuels, die mithilfe von regenerativen Energien und nachhaltig gewonnenem grünen Wasserstoff synthetisiert werden. „Alle diese nach­haltigen Kraftstoffe haben gemeinsam, dass sie ohne zyklische Kohlenwasser­stoffe produziert werden können“, erläutert Patrick Le Clercq, ECLIF-Projekt­leiter vom DLR-Institut für Verbrennungs­technik in Stuttgart. „Weniger Aromate im Kraftstoff bedeutet weniger Ruß in den Emissionen und damit weniger Eiskristalle in den Kondens­streifen. Damit verringern nachhaltige Kraftstoffe die beiden größten klima­wärmenden Effekte der Luftfahrt, Kondens­streifen und den CO2-Fußabdruck.“

Flugzeug­triebwerke stoßen Rußpartikel aus. Diese wirken als Kondensations­keime für kleine unterkühlte Wassertropfen, die sofort zu Eiskristallen gefrieren und als Kondens­streifen am Himmel sichtbar werden. Die Eiskristalle der Kondens­streifen können bei feucht-kalten Bedingungen in Höhen von etwa acht bis zwölf Kilometern mehrere Stunden bestehen und hohe Wolken, die Kondens­streifen-Zirren bilden. Diese Wolken können je nach Sonnenstand und Untergrund lokal eine wärmende oder kühlende Wirkung entfalten. Dabei zeigen Forschungs­arbeiten, dass global die wärmende Wirkung überwiegt. Das Auftreten dieser Wolken ist zeitlich und räumlich äußerst variabel, so dass einige wenige Kondens­streifen-Hotspots für einen großen Teil der wärmenden Wirkung verant­wortlich sind.

Kondensstreifen und die resul­tierenden Kondens­streifen-Zirren verbleiben nur einige Stunden am Himmel. Ist die Anzahl ihrer Eiskristalle verringert, reduziert sich ihre wärmende Wirkung zeitnah. Das macht den gezielten Einsatz von nach­haltigen Kraft­stoffen auf Flugrouten mit häufiger Kondens­streifen­bildung besonders attraktiv, um eine schnelle Wirkung für den Klimaschutz zu erzielen. Die Vermeidung von CO2-Emissionen durch fossile Brennstoffe bringt langfristig einen wichtigen Gewinn, denn CO2 verbleibt mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre und treibt die Erderwärmung an. „Mit den Sus­tainable Aviation Fuels SAF verfügen wir über eine Brückentechnologie auf dem Weg zu einer emissions­freien Luftfahrt“, sagt Markus Fischer, Bereichs­vorstand Luftfahrt des DLR. „In die gemeinsamen Flüge mit der Nasa und deren Auswertung haben wir die wissen­schaftlich-technischen Kompetenzen des DLR auf dem Gebiet der alter­nativen Kraftstoffe, Verbrennungs­technologie und Klima­wirkung des Luftverkehrs präsent eingebracht. Dies geschieht ebenso in enger Partner­schaft mit der Industrie.“

Nach den vielver­sprechenden Ergebnissen für 50-50-Mischungen aus Kerosin und nach­haltigem Kraftstoff schauen die Forschenden nun gespannt darauf, wie sich Flüge mit reinem SAF auf die Emissionen und Kondens­streifen auswirken. Dazu fanden kürzlich gemeinsame Flug­versuche von Airbus, Rolls-Royce, DLR und weiteren Partnern statt. Im Rahmen des Projekts ECLIF 3 flog ein Airbus A350-900 mit dem reinen nach­haltigen Flug­kraftstoff HEFA, verfolgt vom DLR-Messflugzeug Falcon 20-E. Die Daten der Flüge werden derzeit ausgewertet. Weitere Testflüge sind für den Herbst 2021 geplant.

DLR / JOL

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