16.05.2023

Kontaktlos bei Hitze und unter Vakuum messen

Neue Dünnschicht-Messverfahren für Hochvakuum- und Hochtemperaturprozesse.

Zusammen mit dem Unternehmen Suragus ist es dem Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronen­strahl- und Plasmatechnik FEP innerhalb des Projektes HotSense gelungen, kontaktlose in-situ Messungen unter Hochvakuum­bedingungen bei Temperaturen von bis zu 220 Grad Celsius zu realisieren. Somit können Messungen des Schichtwiderstandes, der Schicht­leitfähigkeit oder der Metallschicht­dicke direkt nach heißen Schichtabscheide- oder Schichtmodi­fizierungsprozessen prozessnah mittels berührungsloser Hochfrequenz­wirbelstrommessung durchgeführt werden. Auch wurden die Grundlagen für die Prozess­charakterisierung im Bereich von 450 bis 600 Grad Celsius gelegt.

Abb.: Neu entwickelter Messaufbau mit Sensor­messkopf zur in-situ...
Abb.: Neu entwickelter Messaufbau mit Sensor­messkopf zur in-situ Charakterisierung von Beschichtungs­prozessen bei hohen Prozess­temperaturen. (Bild: Fh.-FEP)

Dünne leitfähige Schichten mit passgenauen Eigenschaften kommen in einer großen Breite von Anwendungen vor. Dazu gehören etwa schaltbare oder energie­effiziente Fenstergläser, diverse Arten von Solarzellen, Batterien, Halbleiter-Chips und Touchscreens. Die sehr dünnen Schichten tragen mit ihren speziellen Eigenschaften maßgeblich zur Funktionalität, Lebensdauer und Leistung ihrer Anwendungen bei. Die Beschichtungs­prozesse zur Abscheidung solcher Dünnschichten finden meist im Hochvakuum und unter hohen Prozess­temperaturen statt. Auch Temperprozesse zur gezielten Einstellung von Schicht- und Substrat­eigenschaften benötigen mehrere Hundert Grad Celsius. Direkte Messungen des Schicht­widerstandes dienen dabei der Prozess­kontrolle und Stabilisierung. Bisherige Messverfahren für kontaktlose elektrische in-situ Charakterisierung solcher Vakuum­beschichtungen sind nur bis zu einer Temperatur von 65 Grad Celsius möglich, was einen effizienten Anlagen­betrieb durch prozessnahe Messung und Prozess­regelung verhindert.

Diese Grenze wurde nun deutlich erweitert, so dass die in-situ Schicht­charakterisierung nun direkt im Hochtemperatur­prozess prozessnah und berührungslos erfolgen kann. Die Projektpartner untersuchten hierfür Messverfahren für die berührungslose in-situ Charak­terisierung des elektrischen Widerstandes dünner Schichten unter Hochvakuum- und Hochtemperatur­anforderungen. Nach zwei Jahren gemeinsamer Entwicklung ist es den Forschern gelungen, das Messverfahren bei erhöhter Temperatur bis 220 Grad Celsius zu realisieren, womit eine Schicht­charakterisierung auch bei geheizten Prozessen möglich ist. Gemessen wird der Schicht­widerstand bei Beschichtungs­prozessen unter Vakuum­bedingungen, um eine Oxidation während des Temperns zu vermeiden. Zusätzlich wurde im Versuchsaufbau der Messkopf deutlich verkleinert, wodurch sich weitere Anwendungsfelder in Appli­kationen mit begrenzten Bauraum eröffnen.

„Wir haben gemeinsam einen Messaufbau unter anwendungsnahen Bedingungen geschaffen und bei unterschiedlichen Temperaturen untersucht. Das Fraunhofer FEP konnte hier auf das umfangreiche Wissen zum Widerstands-Temperatur­verhalten dünner Schichten bis 600 Grad zurückgreifen. Mit den Ergebnissen aus dem Zusammenhang zwischen Temperatur und Messsignal hat Suragus einen Algorithmus entwickelt. Wir haben den Versuchsaufbau außerdem mit unseren Kenntnissen zum Einfluss von Kristalli­sation und Phasen­änderungen von transparenten leitfähigen Oxiden während des Temperverfahrens unterstützt“, sagt Projektleiter Thomas Preußner.

Im Zuge der Entwicklungen wurde der Sensorkopf für die Charakterisierung neu und wesentlich kleiner gestaltet. Der gesamte Messaufbau wurde an einer In-line-Sputter-Anlage zur Beschichtung von Flachsubstraten unter Reinraum­bedingungen erprobt und entwickelt. Im Ergebnis konnte der neue Messaufbau im Pilot-Maßstab untersucht und charak­terisiert werden. Messtechnische Unter­suchungen erfolgten zu Drift, Signalstärke, externen Störquellen und dem Verhalten von Sensor, Probe und Temperatur zueinander. Konkret reicht der Widerstands­messbereich über drei Dekaden und weist eine hohe Reproduzierbarkeit auf. Die hier angestrebte Lösung wird im Ergebnis fünf Messdekaden von 0,001 bis 100 Ohm/sq abdecken, was einem Metall­dickenmessbereich von wenigen Nanometern bis einige Mikrometer einschließt.

Fh.-FEP / JOL

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