18.03.2021

Konzept des Quantenlernens für Roboter

Kombination von künstlicher Intelligenz und Quantencomputing.

Roboter, die Computerspiele lösen, menschliche Stimmen erkennen oder bei der Suche nach der optimalen medi­zinischen Behandlung helfen: Das sind nur einige Beispiele dafür, was das Feld der künstlichen Intelligenz in den letzten Jahren hervor­gebracht hat. Der ständige Wettlauf um bessere Maschinen hat zu der Frage geführt, wie und mit welchen Mitteln Optimierungen erzielt werden können. In jüngster Zeit haben parallel dazu enorme Fortschritte in Quanten­technologien die Bedeutung der Quantenphysik bestätigt, nicht nur für ihre oft seltsamen und rätsel­haften Theorien, sondern auch für Anwendungen im wirklichen Leben. Daher stammt die Idee, diese beiden Gebiete zusammenzuführen: einerseits die künstliche Intelligenz mit ihren autonomen Maschinen, andererseits die Quanten­physik mit ihren leistungs­fähigen Algorithmen. 

Abb.: Illustration des neuen Quantenlernkonzepts. (Bild: R. Barry, U. Wien)
Abb.: Illustration des neuen Quantenlernkonzepts. (Bild: R. Barry, U. Wien)

In den letzten Jahren haben viele Wissenschaftler zu untersuchen begonnen, wie man zwischen diesen beiden Welten eine Brücke schlagen kann und auf welche Weise sich Quanten­mechanik als nützlich für lernende Roboter erweisen kann oder vice versa. Einige faszinierende Ergebnisse haben beispiels­weise gezeigt, dass Roboter rascher über ihren nächsten Schritt oder das Design neuer Quanten­experimente entscheiden, indem sie spezielle Lerntechniken verwenden. Jedoch waren Roboter nach wie vor nicht in der Lage schneller zu lernen, ein wesentliches Merkmal in der Entwicklung immer komplexer werdender autonomer Maschinen. In einer inter­nationalen Zusammenarbeit unter der Leitung von Philip Walther gelang es einem Team experi­menteller Physiker der Universität Wien gemeinsam mit Theoretikern der Universität Innsbruck, der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften, der Universität Leiden und des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt eine Beschleunigung der tat­sächlichen Lernzeit des Roboters erstmalig experimentell unter Beweis zu stellen.

Das Team nutzte dazu einzelne Photonen, die in einem integrierten photonischen Quanten­prozessor eingekoppelt waren, der vom Massachusetts Institute of Technology entwickelt wurde. Dieser Prozessor wurde als Roboter und zur Umsetzung der Lernaufgaben verwendet. Hier konnte der Roboter lernen, die einzelnen Photonen in eine vordefinierte Richtung zu lenken. „Das Experiment konnte zeigen, dass die Lernzeit deutlich verringert wird verglichen mit dem Fall, in dem keine Quanten­physik angewendet wird“, erläutert Valeria Saggio. In Kürze kann man sich das Experiment als Roboter an einer Wegkreuzung vorstellen, der die Lernaufgabe erhält, immer links abzubiegen. Der Roboter lernt, indem er eine Belohnung erhält, sobald er die korrekte Richtung einschlägt. Wenn nun der Roboter in unsere übliche klassische Welt platziert wird, wird er entweder versuchen nach links oder rechts abzu­biegen und wird nur dann belohnt, wenn er den linken Weg wählt.

Wenn sich der Roboter hingegen Quanten­technologie zunutze macht, kommen die bizarren Aspekte der Quantenphysik ins Spiel. Der Roboter kann nun eine ihrer bekanntesten Eigenschaften nutzen, das Superpositions­prinzip. Dieses lässt sich intuitiv verstehen, indem man sich vorstellt, dass der Roboter gleichzeitig nach links und rechts abbiegt. „Diese Eigenschaft ermöglicht die Umsetzung eines Quanten­suchalgorithmus, der die Anzahl der Versuche verringert, den richtigen Weg zu lernen. Deshalb kann ein Roboter, der in einer Quanten­umgebung agiert, erheblich schneller lernen als sein klassisches Gegenstück“, sagt Hans Briegel, der die theoretischen Ideen zu lernfähigen Quanten­agenten mit seiner Gruppe an der Universität Innsbruck entwickelt hat. 

Dieser experimentelle Nachweis, dass maschinelles Lernen durch die Anwendung von Quanten­computing verstärkt werden kann, verspricht viele Vorteile, wenn man diese beiden Techno­logien kombiniert. „Wir stehen gerade am Anfang, die Möglich­keiten der Künstlichen Quanten­intelligenz zu verstehen“, so Philip Walther, „daher trägt jedes neue experimentelle Ergebnis zur Entwicklung dieses Feldes bei, welches derzeit als eines der fruchtbarsten Gebiete für Quanten­computing gesehen wird.“

U Wien / JOL

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