11.02.2021

Kraftmessungen am Limit

Physiker kehren Messprinzip von Rasterkraftmikroskopen um.

Die Entwicklung von Rastersonden­mikroskopen in den frühen 1980er Jahren brachte einen Durchbruch in der Bildgebung und öffnete ein Fenster in die Welt im Nanometer­bereich. Die Schlüsselidee besteht darin, eine extrem scharfe Nadel über ein Substrat zu scannen und an jeder Stelle die Stärke der Wechselwirkung zwischen Spitze und Oberfläche aufzuzeichnen. In der Rasterkraft­mikroskopie ist diese Wechselwirkung die Kraft zwischen Nadel und Strukturen auf der Oberfläche. Diese Kraft wird bestimmt, indem die Dynamik einer vibrierenden Nadel gemessen wird, wenn sie Objekte abtastet. Forscher um Alexander Eichler am Laboratorium für Fest­körperphysik stellten dieses Paradigma nun auf den Kopf. Sie entwickelten ein Rasterkraf­tmikroskop, bei dem die Nadel in Ruhe ist, während das Substrat mit den Proben darauf schwingt.

Abb.: Blick auf den Versuchs­aufbau zur Optimierung der...
Abb.: Blick auf den Versuchs­aufbau zur Optimierung der Rasterkraft­mikroskopie. (Bild: D. Hälg & S. Misra, ETHZ)

Die Komplexität dieses umge­kehrten Ansatzes geht jedoch mit einem entscheidenden Vorteil einher: Die Empfindlichkeit der Messung kann an die Grenze des physikalisch Möglichen reichen. Der Schlüssel dazu liegt in der Wahl des Substrats. So besteht der „Tisch“ aus einer per­forierten Membran aus Silizium­nitrid mit einer Dicke von nur 41 Nanometern. Diese leichten Siliziumnitrid­membranen dienen als herausragende nano­mechanische Resonatoren. So vibriert sie nach einem Antippen millionenfach bevor sie zur Ruhe kommt. Nun haben die Forscher gezeigt, dass das Konzept der membran­basierten Rasterkraft­mikroskopie in der Praxis funktioniert. So gestaltete sich weder das Beladen der Membran mit Proben noch die Präsenz der Nadel in einem Abstand von wenigen Nanometern als problematisch. Sobald sich die Nadel der Probe noch mehr näherte, änderte sich die Frequenz oder Amplitude der Membran. Um diese Änderungen messen zu können, wies die Membran mechanische gekoppelte Inseln auf, von denen ein Laserstrahl für inter­ferometrische Messungen reflektiert werden konnte.

Dieses Setup hat das Team nun genutzt, um Goldnano­partikel und Tabakmosaik­viren erfolgreich auflösen. Die Bilder zeigen, dass das neuartige Mikroskopie­konzept funktioniert, sie bringen jedoch noch keine grundlegend neuen Einsichten. Die Forschenden planen, ihren neuartigen Ansatz mit einer als Magnetresonanz­kraftmikroskopie (MRFM) bekannten Technik zu kombinieren, um Magnetresonanz­tomographie (MRT) mit einer Auflösung von einzelnen Atomen zu ermöglichen und so einzigartige Einblicke beispiels­weise in Viren zu erhalten. Diese atomare MRT wäre ein weiterer Durchbruch in der Bildgebung, da sie die hohe räumliche Auflösung mit hoch­spezifischen physikalischen und chemischen Infor­mationen über die abgebildeten Atome kombinieren würde. Das Team ist zuver­sichtlich, einen solchen Kraftsensor durch weitere Fortschritte sowohl in der Membran­technologie als auch in der Messmethode realisieren zu können. 

ETHZ / JOL

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