Krebsnebel-Pulsar strahlt mit unerklärbar hoher Energie
Beobachtete 100-GeV-Emission liegt jenseits der Vorhersagen bisheriger Modelle für rotierende Neutronensterne.
Zum ersten Mal haben Forscher von einem Pulsar ausgehende Gammastrahlen ungeahnt hoher Energien nachgewiesen. Die Veritas-Teleskope am Whipple-Observatorium im US-Bundesstaat Arizona fingen Emission bei mehr als 100 Milliarden Elektronenvolt auf. Dies widerspricht allen bisherigen Modellen von Pulsaren.
Abb.: Veritas am Fred Lawrence Whipple Observatory (FLWO) im Süden des US-Bundesstaats Arizona (Bild: Veritas Coll.)
Der Krebsnebel-Pulsar ist der Überrest der Supernova von 1054, er dreht sich 30 Mal pro Sekunde um die eigene Achse. Mit ihm rotiert ein starkes magnetisches Feld, das geladene Teilchen bis auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Dabei erzeugen sie Strahlung über ein breites Spektrum. Die Emission ähnelt dem Scheinwerfer eines Leuchtturms und erscheint von der Erde aus als schnell pulsierend. Die Beobachtungen mit Veritas, dem Very Energetic Radiation Imaging Telescope Array System, zeigen Gammastrahlen mit Energien von über 100 Milliarden Elektronvolt. Die bisherigen theoretischen Modelle sagen jedoch einen exponentiellen Abfall des Spektrums oberhalb von etwa 10 GeV vorher.
Die Beobachtungen ermöglichen es außerdem, Einsteins spezielle Relativitätstheorie zu testen. Denn bestimmte Ansätze für Quantengravitationstheorien sagen eine geringe Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Energie eines Gammastrahls vorher. Je höher die Energie eines Strahls ist, umso langsamer pflanzt er sich im Raum-Zeit-Kontinuum fort. Dies wäre eine Verletzung der Lorentz-Invarianz. Strahlt der Pulsar Gammastrahlen unterschiedlicher Energien zum gleichen Zeitpunkt ab und reisten diese mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, wäre die Differenz in der Ankunftszeit messbar.
Die Veritas-Kollaboration besteht aus etwa hundert Wissenschaftlern, unter Ihnen die Forscher zweier Arbeitsgruppen von Desy. Das Teleskop-Quartett aus optischen Reflektoren mit je 12 Meter Durchmesser fängt das Cherenkov-Licht von elektromagnetischen Teilchenschauern in der Atmosphäre auf, die hochenergetische Gammastrahlen verursachen.
Desy / OD