Kristalle aus Plasma
Plasmakristall-Experimente stufen komplexes Plasma als neuen Aggregatzustand der weichen Materie ein.
Die Plasmakristall-Experimente zählen zu den erfolgreichsten Forschungsarbeiten auf der Internationalen Raumstation ISS. Das Plasmakristall-
Abb.: In der ZyFlex-Kammer schwebt ein zweidimensionaler Plasmakristall als rote, ovale Wolke über der unteren Elektrode. (Bild: DLR (CC-BY 3.0))
Die ISS bietet ideale Voraussetzungen für die Untersuchung von Plasmakristallen beziehungsweise komplexen Plasmen. Plasma tritt auf der Erde nur selten auf, etwa bei einem Blitz. Im Gegensatz dazu befindet sich 99 Prozent der sichtbaren Materie im Weltraum im Plasmazustand. Wenn im ionisierten Gas zusätzlich Staubteilchen oder andere Mikropartikel enthalten sind, werden diese hoch aufgeladen und es entsteht ein „komplexes Plasma”: In der Schwerelosigkeit können sich die Teilchen frei im Raum ausbreiten und bilden geordnete dreidimensionale Kristallstrukturen. Die Teilchen verhalten sich dabei ähnlich wie Atome in einem Festkörper oder einer Flüssigkeit – mit dem Vorteil, dass man im Plasma jeden Mikropartikel einzeln und wie in Zeitlupe beobachten kann. Dies ermöglicht ganz neue Einblicke in die Physik.
Anhand der PK-4-Aufzeichnungen können die Forscher daher auf atomarer Ebene verfolgen, wie ein Festkörper schmilzt, wie sich Wellen in Flüssigkeiten ausbreiten oder Strömungen verändern. Komplexes Plasma ist ein neuer Aggregatszustand der weichen Materie, neben Kolloiden, Polymeren, Schäumen, Gelen, granularen Medien oder auch Flüssigkeitskristallen – eine Erkenntnis, die erst die Ergebnisse unter Schwerelosigkeit zu Tage gebracht haben.
Mittels Technologietransfer erschließt die Plasmaforschung auch völlig neue Anwendungsbereiche. Ausgangspunkt ist das Know-how aus der bemannten Raumfahrt – miniaturisierte, bedienungsfreundliche und zugleich hocheffiziente Labore zu entwickeln und zu bauen, unter Berücksichtigung der speziellem Sicherheitsaspekten für die Astronauten. Ein besonderer Transfer vom Weltraum zur Erde ist den Wissenschaftlern bereits mit der Herstellung einer Plasmaquelle für den medizinischen Einsatz gelungen. Dadurch ließ sich die weltweit erste klinische Studie zur Nutzung von Plasma zur Heilung chronischer Wunden durchführen – ein Meilenstein für die Plasmamedizin. Dieses junge, schnell wachsende Forschungsfeld verbindet Erkenntnisse aus der Plasmaphysik mit der Plasmachemie, Mikrobiologie und Medizin.
Abb.: Nahaufname des Plasma-Kristalls (Bild: DLR (CC-BY 3.0))
„Nach den Erfolgen mit der Plasmamedizin am MPE arbeitet die Forschungsgruppe am DLR jetzt an neuen Folgeprojekten. Die sogenannten kalten atmosphärischen Plasmen aus dem medizinischen Bereich können wir auch für die Raumfahrt nutzbar machen – speziell zur Sterilisierung von Oberflächen und Bauteilen, etwa von Marsrovern, die nach Leben suchen sollen. Der Einsatz von Plasma könnte in Zukunft auch die Hygiene an Bord der ISS wesentlich erleichtern", erklärt Hubertus Thomas, Leiter der DLR-
Das aktuelle Forschungsprojekt und Plasmalabor PK-4 auf der ISS ist eine europäisch-
In einem besonderen Gastvortrag berichtete auch Kosmonaut Alexandr Samokutyaev von seiner Arbeit auf der ISS. Zusammen mit Kollegin Elena Serova hatte der Russe das Plasmakristall-
Die Fachgemeinschaft nutzte des Symposium auch, um das langfristige Programm von PK-4 zu erörtern und auszubauen. Im nächsten Jahr sind drei neue Versuchsreihen mit dem Plasmakristall-
Parallel zu PK-4 entwickeln die Plasmaforscher bereits zwei neuartige Plasmakammern, die den wissenschaftlichen und technischen Anschluss an PK-4 und die vorangegangenen Projekte bilden. Der Experimentaufbau von EKoPlasma soll 2020 auf die ISS gebracht werden und besteht aus einer zylindrisch geformten „Zyflex-
DLR / DE