Künstliche Haut
Elastische Sensor-Arrays bilden die Druckempfindlichkeit der menschlichen Haut schon recht gut nach.
Physik Journal – Elastische Sensor-Arrays bilden die Druckempfindlichkeit der menschlichen Haut schon recht gut nach.
Die Entwicklung von äußerlich menschenähnlichen Robotern oder möglichst natürlich funktionierenden Prothesen ist bislang noch im Stadium der Grundlagenforschung. Trotzdem suchen Wissenschaftler bereits jetzt Wege, um eine künstliche Haut zu entwickeln. Das ist kein leichtes Unterfangen, da der Mensch über seine Haut nicht nur mechanischen Widerstand oder statische Kräfte erfasst, sondern auch lokale Stimuli mit hoher Auflösung unterscheiden kann. Zum Beispiel spürt ein Mensch bei einer Berührung, die einen Druck von 10 Kilopascal auf eine 1 cm2 große Fläche ausübt, noch Unebenheiten mit nur 50 µm Größe. Die leichteste, noch erfassbare Berührung entspricht ungefähr einer Empfindlichkeit von weniger als 0,1 g pro mm2 (etwa 1 kPa).
Zwei Teams haben nun unabhängig voneinander Labormuster einer künstlichen Haut entwickelt, die in beiden Fällen aus einer Matrix aktiver Wandler besteht, die sie auf ein elastisches Material aufgebracht haben. Die Labormuster haben jeweils Kantenlängen von mehreren Zentimetern und die Technologien lassen sich prinzipiell auf größere Flächen skalieren. Die Forscher um Ali Javey von der University of California, Berkeley, verwenden für ihre künstliche Haut ein Array aus Germanium-Silizium-Nanodraht-Feldeffekttransistoren (FETs), die sie auf ein elastisches Polyimid-Substrat mit einer druckempfindlichen Gummischicht laminiert haben. Sie verhält sich wie ein abstimmbarer elektrischer Widerstand, der in Reihe mit den Nanodraht-FETs geschaltet ist. Dagegen mikrostrukturierten die Wissenschaftler um Zhenan Bao von der Stanford University für ihre künstliche Haut Polydimethylsiloxan-Schichten (PDMS), um druckempfindliche Kondensator-Arrays zu erzeugen, die sie dann in die Gate-Dielektrika eines Arrays aus organischen FETs integrierten.
Bild: Diese 7 cm mal 7 cm große künstliche Haut besteht aus einem Array aus 19 mal 18 Pixeln und lässt sich krümmen. (Bildquelle: Takei et al./Nature Materials)
Beide Ansätze erreichen Ansprechzeiten von weniger als 100 ms und einen dynamischen Bereich zwischen 0,5 und 20 kPa. Javey und seine Kollegen wiesen in Versuchen nach, dass die Funktion ihrer künstlichen Haut durch wiederholtes Zusammenrollen auf Radien von 2,5 mm keinen Schaden nimmt. Bao und seine Mitstreiter haben die PDMS-Schicht auf ein unelastisches Siliziumsubstrat laminiert, konnten aber mit weiteren Experimenten zeigen, dass eine elastische kapazitive Drucksensormatrix herstellbar ist.
Das Prinzip der künstlichen Haut lässt sich auch auf andere Anwendungen außerhalb der Prothetik oder Robotik übertragen. Vorstellbar sind zum Beispiel minimalinvasive chirurgische Instrumente mit verbesserten taktilen Fähigkeiten oder aufrollbare Displays mit gesteigerten berührungsempfindlichen Eigenschaften.
Michael Vogel
Quelle: Physik Journal, Oktober 2010, S. 14
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AH