Künstliche Neuronen auf der Grundlage von Halbleitertechnologie
Neues EU-Projekt zu ultraschnellen neuronalen Netzen für effizientere Methoden der Informationsverarbeitung.
Künstliche neuronale Netze sind eine Schlüsseltechnologie im Bereich der künstlichen Intelligenz und des maschinelles Lernens. Viele Anwendungen erfordern die parallele und schnelle Verarbeitung riesiger Datenmengen – mit dem entsprechend großen Energiebedarf. Das neue EU-Projekt NEHO – kurz für „Neuromorphic Computing Enabled by Heavily Doped Semiconductor Optics“ –, zielt darauf ab, mithilfe einer maßgeschneiderten Kombination aus Materialwissenschaft und Photonik eine energiesparendere Alternative zu entwickeln.
„Die Bedeutung und zentrale Vision des Projekts liegt in der Realisierung von optischen Rechengeräten mit geringerer Größe, höherer Effizienz und größerer Bandbreite“, erklärt Andreas Tittl von der Uni München, der an dem Projekt maßgeblich beteiligt ist. „In Zukunft könnten diese Geräte sich als erfolgreiche Alternative zu kommerziellen Chips etablieren.“ Die Wissenschaftler wollen die Eigenschaften von Halbleitern nutzen, um ein künstliches Neuron zu schaffen, das zum Aufbau ultraschneller optischer neuronaler Netze verwendet werden kann. Von solchen photonenbasierten optischen Systemen versprechen sich die Forscher eine schnellere und effizientere Informationsverarbeitung als bei den derzeitigen elektronenbasierten Technologien. Zudem benötigen die neuen Netze wesentlich weniger Energie.
Wenn Photonen mit Materie in Wechselwirkung treten, erzeugen sie vergleichsweise wenig Wärme, allerdings ist die Wechselwirkung so schwach, dass es sehr schwierig ist, den Photonenfluss auf kleinen Skalen zu kontrollieren. Daher werden die NEHO-Forscher die Vorteile hybrider Elektron-Photon-Quasiteilchen nutzen, der Plasmonen. Da ein Plasmon sowohl ein Elektron als auch ein Photon trägt, kann man auf den elektronischen Teil einwirken, um eine Veränderung des photonischen Gegenstücks zu bewirken. Diese Art der Wechselwirkung erlaubt es im Prinzip, die Photonen auf kleinen Skalen zu kontrollieren.
Im Mittelpunkt des Projekts steht die Idee, Effekte zu nutzen, die an der Oberfläche der Halbleiter auftreten, da diese durch Veränderungen der Elektronendichte auf der Halbleiteroberfläche leicht moduliert werden können. Auf diese Weise wollen die Forscher eine Plattform für photonische integrierte Schaltkreise entwickeln. Sie nutzt die nichtlineare Photonen-Plasmonen-Halbleitertechnologie, um eine ultraschnelle und energieeffiziente Informationsverarbeitung im mittleren Infrarotbereich zu ermöglichen.
„Die Aufgabe unserer Arbeitsgruppe ist die optische Charakterisierung und das anschließende Testen der Wellenleiternetzwerke“, erläutert Tittl. Das sei entscheidend für die zukünftige Erweiterung und Entwicklung des Projekts, da die Netzwerke fein abgestimmt werden müssen, um zu kontrollieren, durch welche Teile des Chips die Informationen fließen.
LMU / RK
Weitere Infos
- Project NEHO – Neuromorphic Computing Enabled by Heavily Doped Semiconductor Optics
- Hybride Nanosysteme, Nanoinstitut, Fklt. für Physik, Ludwig-Maximilians-Universität München