12.12.2018

Künstliche Synapse aus Nanodrähten

Bauelement kann Informationen speichern und verarbeiten – sowie mehrere Signale parallel empfangen.

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben gemein­sam mit Kollegen aus Aachen und Turin ein Schalt­element aus Nano­drähten her­ge­stellt, das ganz ähn­lich wie eine bio­lo­gische Nerven­zelle funktio­niert. Ihr Bau­element kann sowohl Infor­ma­tionen speichern als auch ver­arbeiten – und mehrere Signale parallel empfangen. Die mem­ristive Zelle aus Oxid­kristall-Nano­drähten erweist sich damit als idealer Kandidat für den Bau eines bio­inspi­rierten neuro­morphen Pro­zessors, der die viel­fältigen Funk­tionen bio­lo­gischer Synapsen und Neuronen über­nehmen kann.

Abb.: Elektronenmikroskopische Auf­nahme eines Nano­draht-Mem­ristors. Blau:...
Abb.: Elektronenmikroskopische Auf­nahme eines Nano­draht-Mem­ristors. Blau: Silber­elek­trode, orange: Nano­draht, gelb: Platin­elek­trode. Die blauen Bläs­chen sind Silber­ionen und erhöhen die Leit­fähig­keit. (Bild: FZ Jülich)

Dank rasanter Fortschritte im Bereich der künstlichen Intel­li­genz können Computer heute Auto­fahren, Texte über­setzen, Schach­welt­meister besiegen und vieles mehr. Eine der größten Heraus­forde­rungen ist dabei der Ver­such, die Ver­arbei­tung der Signale des mensch­lichen Gehirns künst­lich zu repro­du­zieren. In neuro­nalen Netzen werden Daten hoch­gradig parallel gespei­chert und ver­arbeitet. Klassische Rechner arbeiten Auf­gaben dagegen sehr schnell hinter­ein­ander ab und trennen klar zwischen der Speiche­rung und Ver­arbei­tung von Infor­ma­tionen. Neuro­nale Netze lassen sich daher in der Regel nur sehr auf­wändig und ineffi­zient mit her­kömm­licher Hard­ware simu­lieren.

Systeme mit neuromorphen Chips, die die Arbeitsweise von Synapsen und Neuronen im mensch­lichen Gehirn imi­tieren, ver­sprechen hier deut­liche Vor­teile. Ein solcher bio­inspi­rierter Rechner arbeitet nach den Vor­stel­lungen von Experten dezen­tral und ver­fügt über eine Viel­zahl von Pro­zes­soren, die – wie Neuronen im Gehirn – netz­artig mit­ein­ander ver­bunden sind. Fällt ein Pro­zessor aus, kann ein anderer seine Funktion über­nehmen. Und ähn­lich wie im Gehirn, wo Training zu ver­besserter Signal­weiter­leitung führt, soll auch ein bio­inspi­rierter Pro­zessor lernen können.

„Mit der heutigen Halbleiter-Technologie lassen sich diese Funk­tionen teil­weise auch schon reali­sieren. Diese Systeme eignen sich aber nur für spezi­elle Anwen­dungs­zwecke und benötigen viel Platz und Energie“, erläutert Ilia Valov vom Forschungs­zentrum Jülich. „Unsere Bau­elemente mit Nano­drähten aus Zink­oxid-Kristall können Infor­ma­tionen dagegen von Haus aus ver­arbeiten und auch speichern, und sind äußerst klein und energie­effi­zient.“

Memristiven Zellen werden schon seit Jahren die besten Chancen zuge­schrieben, in einem bio­inspi­rierten Rechner die Funktion der Neuronen und Synapsen zu über­nehmen. Sie ändern ihren elek­trischen Wider­stand abhängig von der Stärke und Rich­tung des elek­trischen Stroms, der durch sie fließt. Anders als in einem her­kömm­lichen Tran­sistor bleibt der letzte Wider­stands­wert auch dann noch erhalten, wenn der Strom abge­schaltet wird. Wegen dieser Ein­stell­bar­keit des Wider­stands­werts sind Mem­ris­toren grund­legend lern­fähig.

Um diese Eigenschaften zu erzeugen, nutzten die Wissen­schaftler des Forschungs­zentrums Jülich und der RWTH Aachen einen ein­zelnen Zink­oxid-Nano­draht, der von Experten in Turin her­ge­stellt worden war. Mit etwa einem Zehn­tausend­stel Milli­meter ist ein solcher Nano­draht über tausend­mal dünner als ein mensch­liches Haar. Das resul­tie­rende mem­ris­tive Bau­teil ist nicht nur sehr klein, es schaltet auch schneller als ein Halb­leiter. Um eine funk­tions­fähige Zelle zu schaffen, müssen beide Enden des Nano­drahts mit geeig­neten Metallen ver­bunden werden, in diesem Fall Platin und Silber. Die Metalle fungieren als Elek­troden. Zudem setzen sie, aus­ge­löst durch einen geeig­neten Strom­fluss, Ionen frei. Die Metall­ionen können sich über die Ober­fläche des Drahtes aus­breiten und eine Brücke bilden, was die Leit­fähig­keit ver­ändert.

Für den praktischen Einsatz sind die Bauelemente aus einzelnen Nano­drähten aller­dings noch zu empfind­lich. Ein elek­trischer Strom kann sie leicht zer­stören. Als nächsten Schritt planen die Forscher daher die Her­stel­lung und Unter­suchung eines robus­teren mem­ris­tiven Elements, das aus einer relativ leicht her­stell­baren größeren Gruppe aus mehreren Hundert Drähten besteht.

FZ Jülich / RK

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