Kunst nutzt Physik
Eine Ausstellung in Kaiserslautern präsentiert physikalisch inspirierte Kunstwerke.
In Zeiten, in denen ein Physiker wie Anton Zeilinger seine Experimente auf der Documenta ausstellen kann, lässt sich wohl kaum noch von einer tiefen Kluft zwischen Kunst und Wissenschaft sprechen. Doch schon früh haben Künstler die Erkenntnisse der Physik genutzt, um ihrem Schaffen abseits eingetretener Pfade neue Möglichkeiten zu erschließen.
In diesem Zusammenhang sind Vertreter der abstrakten Kunst, Kubismus, Futurismus und Konstruktivismus zu nennen. So machte Marcel Duchamp mit einem ausgestellten Fahrrad-Rad (Bicyclette 1913) erstmals Bewegung in einer Plastik sichtbar. Viele weitere Künstlerinnen und Künstler machten später Bewegung zum Gestaltungsprinzip ihrer Werke.
Im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk) ist noch bis 7. April 2013 Bewegung im Spiel. Die Ausstellung „Good Vibrations – Kunst und Physik“ zeigt ausgewählte Stücke aus der umfangreichen Sammlung kinetischer und optischer Kunst des mpk. Begleitet wird die Ausstellung vom Pfalztheater Kaiserslautern, das in den Räumen des mpk das Theaterstück „Kopenhagen“ von Michael Frayn aufführt. Dieses befasst sich mit dem mittlerweile fast legendären Treffen von Werner Heisenberg und Niels Bohr im September 1941.
Die in Kaiserslautern ausgestellten Werke beruhen auf verschiedenen physikalischen Phänomenen. Meist steht allerdings Bewegung in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen im Fokus: Eine Werkgruppe lässt sich in Schwingung versetzen, die zweite fordert den Betrachter selbst zur Bewegung auf und die dritte verharrt in einem labilen Gleichgewicht. Dabei wird die enge Beziehung der auf den ersten Blick so unterschiedlichen Bereiche Kunst und Physik anschaulich.
Die Plastiken des studierten Physikers Martin Willing beispielsweise erwachen auf Berührung hin zum Leben und veranschaulichen so auf einfache Weise die hinter ihnen steckenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Dagegen fordert die „Kleine Minimal Music Klangwand“ von Peter Vogel den Betrachter zur Bewegung auf, denn nur so sind dem aus Draht, Kondensatoren, Dioden, Widerständen und Fotozellen aufgebauten Kunstwerk Töne zu entlocken.
Die Plastik "Doppelschwinger, Massen peripher" von Martin Willing (Foto: Andreas Kusch, Kaiserslautern © VG Bild-Kunst, Bonn 2013)
Ludwig Wilding, ein bedeutender deutscher Vertreter der optischen Kunst (Op Art), erzeugt in seinen Objekten mit minimalen Mitteln optische Phänomene, die unseren Wahrnehmungsapparat fordern. Wer sie betrachtet, wird förmlich in einen Scheinraum hineingezogen. Dagegen scheinen die optischen Wandobjekte von Leo Breuer und Jesus Raphael Soto zu vibrieren, wenn man an ihnen vorbeigeht.
Diese und zahlreiche weitere Werke in der Ausstellung beruhen also nicht zuletzt auf physikalischen Grundlagen und ermöglichen es so, Physik auf höchst ästhetische Weise zu erleben.
mpk / Alexander Pawlak