18.04.2023

Kurzlebige Bindung zwischen Wasserstoff und Edelgas-Molekülen

Molekulare Stöße ermöglichen Tomografie von Feshbach-Resonanzen.

Wie sich Wasserstoffmoleküle beim Zusammenstoß mit Edelgasatomen wie Helium oder Neon quantenmechanisch verhalten, hat ein Forschungsteam von der Freien Universität Berlin gezeigt. Die Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler konnten eine direkte Verbindung zwischen in Experimenten vorge­nommenen Messungen von Atomen und Molekülen und theo­retischen Modellen herzustellen. Dabei konnte das Team zeigen, dass der Zusammenstoß die Art und Weise ändert, mit der die Moleküle schwingen und sich nach den Gesetzen der Quantenmechanik im Raum drehen. 

Abb.: Mit diesem Experiment ließen sich Quanten­effekte beim Zusammenstoß...
Abb.: Mit diesem Experiment ließen sich Quanten­effekte beim Zusammenstoß von Wasserstoff­molekülen mit Edelgasatomen nachweisen. (Bild: B. Margulis, FU Berlin)

Bei dem nun beobachteten Quanten­effekt handelt es sich um eine Feshbach-Resonanz. „Hierbei entsteht für eine kurze Zeit eine chemische Bindung zwischen Wasserstoff­molekül und Edelgasatom, bevor sich die beiden Stoßpartner wieder trennen“, erklärt die Physikerin Christiane Koch. Trotz der extrem detaillierten Messungen und Rechnungen für ein vergleichsweise kleines und einfaches System sei man aber noch weit davon entfernt, alle Informationen zur Rekonstruktion der vollständigen quantenmechanischen Eigenschaften des Stoßes von einem Wasserstoffmolekül mit einem Edelgasatom zu erfassen zu können. „Das liegt an einem grund­sätzlichen Phänomen der Quanten­mechanik: Messungen stellen nämlich die Schnittstelle zur klassischen Physik dar. Unsere Arbeit illustriert also das Dilemma, dass wir Quantenmechanik zwar mathematisch abstrakt erfassen können, aber für ein vollständiges Verständnis auch klassische Begriffe benötigen“, sagt Christiane Koch.

Quanten­effekte zeigen sich dann, wenn Atome und Moleküle nicht mehr nur beschrieben werden können durch den Ort, an dem sie sich befinden und mit der Geschwindigkeit, mit der sie sich bewegen. „Sie zeigen dann auch Eigenschaften, die wir mit der Ausbreitung von Wellen assoziieren, etwa in Form von Interferenz, also der konstruktiven oder destruktiven Überlagerung von Wellen“, erklärt Christiane Koch. Darüber hinaus gebe es noch Phänomene wie die Verschränkung, bei der sich quanten­mechanische Objekte trotz räumlicher Entfernung augen­blicklich gegenseitig beeinflussen. Quanteneffekte treten typischerweise auf, wenn es sich um sehr kleine Objekte wie Atome und Moleküle handelt und der Einfluss der Umgebung auf diese Objekte sehr gering ist. Letzteres erreicht man bei extrem kurzen Zeiten oder durch extrem tiefe Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, also minus 273,15 Grad Celsius. „Dabei wird nur eine kleine Anzahl der Quantenzustände besetzt, das System verhält sich gewissermaßen geordnet“, sagt Christiane Koch.

Bei höheren Temperaturen würden immer mehr der quantenmechanisch erlaubten Zustände besetzt und quanten­mechanische Effekte verschwänden in der statistischen Mittelung über alle Zustände. Das System verhalte sich dann zufälliger, es lasse sich also anhand von Statistik beschreiben. Bisher wurde selbst bei den Stößen bei kältester Temperatur eben dieses statis­tische Verhalten beim Zusammenstoß von Atomen und Molekülen beobachtet. „Dann ist es schwierig bis unmöglich, von der Messung der Atome und Moleküle Rückschlüsse auf deren Wechselwirkung zu ziehen und damit eine direkte Verbindung zwischen experimenteller Messung und theo­retischem Modell zu etablieren“, erklärt Christiane Koch. 

FU Berlin / JOL

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