Labor mit Lichtschutzfaktor
Neubau für Bereich Solarthermie und Optik erweitert den „Solar-Campus Freiburg“ des Fraunhofer-ISE.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energieforschung weihte gestern in Anwesenheit der Baden-Württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und weiteren Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Forschung sein neues Laborgebäude in Freiburg ein. Auf einer Laborfläche von 2400 Quadratmetern arbeiten dort Wissenschaftler an Beschichtungen, Mikrostrukturen sowie optischen und photonischen Anwendungen für die Wärme- und Stromgewinnung aus Sonnenenergie – Solarthermie und Photovoltaik. Das Konzept für das energieeffiziente Gebäude wurde von einem Forscherteam des ISE entwickelt und gemeinsam mit Planern, Architekten und Industriepartnern umgesetzt – vom Wärme- und Kältekonzept bis hin zur bauwerksintegrierten Photovoltaik.
Abb.: Der Seminarraum verfügt an der Südostfassade einen bauwerksintegrierten photovoltaischen Lichtschutz. (Bild: Fh.-ISE)
„Der heute eingeweihte Laborneubau ist in mehrfacher Hinsicht ein Meilenstein für uns“, so Institutsleiter Eicke Weber. „Mit der Einrichtung der Forschungslabors stärken wir unsere Querschnittskompetenzen für die Solarthermie und Photovoltaik. Das Gebäudekonzept erfüllt höchste Ansprüche hinsichtlich der Energieeffizienz und integriert neueste Entwicklungen aus unseren Forschungsabteilungen.“ An der Realisierung des Neubaus waren über einen Zeitraum von rund zweieinhalb Jahren rund dreißig Projektpartner beteiligt. Die Kosten in Höhe von 10,2 Millionen Euro werden je zur Hälfte von Bund und Land – vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF und dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg – getragen. „Die Unterstützung für den Laborneubau ist ein klares Bekenntnis des Landes zu Investitionen in Forschung und Entwicklung für die Energiewende. Nur im Zusammenspiel aller Technologien können wir diese Aufgabe bewältigen. Eine Vernetzung von Forschungsdisziplinen, wie wir sie hier am Fraunhofer ISE finden, ist deshalb unerlässlich“, so Ministerin Bauer.
Als das Fraunhofer ISE 2001 sein Hauptgebäude in der Heidenhofstraße 2 bezog, waren das Forschungsspektrum und die Belegschaft auf Grund der positiven Institutsentwicklung stärker gewachsen als angenommen. Nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten vom Gründungsstandort in und nahe der Oltmannsstraße dorthin umziehen. Da einzelne Forschungsthemen spezielle Laboranforderungen hatten, war der Nachzug erst jetzt mit dem Neubau an der Berliner Allee möglich. „Mit dem Neubau konnten wir optimale Arbeitsbedingungen für die Bereiche Materialforschung, Beschichtung und Mikrostrukturierung schaffen“, so Werner Platzer, Bereichsleiter Solarthermie und Optik. „Es freut uns, dass sich für unsere Forschungsteams mit dem Umzug der notwendige enge Kontakt und Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fachbereiche deutlich vereinfacht hat.“
Platzer und seine rund fünfig Mitarbeiter entwickeln unter anderem neue Materialien und Verfahren zur Beschichtung von Absorberrohren für solarthermische Kraftwerke oder mikrostrukturierte Oberflächen zur Optimierung von Solarzellenoberflächen, Antireflex-Solarglas oder Displays. In den neuen Laborräumen sind Anlagen zur Funktionalisierung und Veredelung von Oberflächen sowie zur Analyse und Untersuchung von Oberflächeneigenschaften untergebracht. Dabei kommen Technologien wie das Physikalische Vakuumdepositionsverfahren (PVD) zur Beschichtung sowie Laserinterferenzlithographie zur Strukturerzeugung zum Einsatz. Als weiteres Forschungsthema ist die Charakterisierung und Entwicklung von Konzentratoroptiken sowohl reflektiv auf Basis von Spiegeln als auch refraktiv, z. B. mit Fresnel-Linsen, im Laborneubau untergebracht. Das Gebäudedach, wo sich gestern die Gäste beim Empfang tummelten, beherbergt künftig ein kleines Außenversuchsfeld für unterschiedliche Typen von Konzentratorkollektoren: Parabolrinne, Fresnel-Kollektoren und Heliostaten.
Abb.: Neuartige kristalline PV-Module für die Verkleidung der Außenwand. (Bild: Fh.-ISE)
Eine weitere Innovation im Sinne der angewandten Forschung bei Fraunhofer ist die Integration von Photovoltaikmodulen mit winkelselektiver Transmission in die Fassade des Seminarraums. Dabei handelt es sich um eine neue Generation von teiltransparenten PV-Modulen, die am Fraunhofer ISE entwickelt werden. Diese Module bestehen aus zwei Lagen mit streifenförmigen Solarzellenstrings, die zueinander in einem definierten Winkel zum einfallenden Sonnenlicht ausgerichtet und in die Verbundglas-Außenscheibe der Dreifachverglasung integriert sind. Sie ermöglichen den Blick nach außen und dienen zugleich als Sonnenschutz für den Innenraum, was den Kühlenergiebedarf senkt.
An der Südwestfassade des Laborneubaus kommen zudem neuartige kristalline PV-Module für die Verkleidung der Außenwand zum Einsatz. Sie basieren auf innovativer Solarzellentechnologie mit rückseitiger Kontaktierung – nach dem hausintern entwickelten und patentierten High Performance Metal Wrap Through (HIP-MWT) Konzept. Die Solarzellen hat das Photovoltaik Technologie Evaluations Center des ISE in einer Pilotfertigungslinie hergestellt. Die Verschaltung erfolgt mittels strukturierter Zellverbinder. Innovativ ist auch die Verkapselung der verschalteten Solarzellen zwischen zwei Gläsern, basierend auf der randversiegelten Modultechnologie (TPedge), ebenfalls ein Patent des ISE. Dabei werden die Solarzellen nicht wie sonst üblich einlaminiert, sondern punktuell fixiert. Die eingesetzte Rückkontakttechnologie bietet ein hohes Effizienzpotenzial, bei TPedge steht die Kostensenkung im Vordergrund.
Das Zusammenspiel dieser Maßnahmen soll die Energieeinsparverordnung EnEV 2009 um mindestens vierzig Prozent unterschreiten. Um dies zu überprüfen, führt das ISE ein betriebsbegleitendes Monitoring durch.
ISE / OD