24.09.2014

Ladung staut sich in Solarzelle

Erkenntnisse zum Ladungstransport geben Hinweise, wie sich Perowskit-Solarzellen verbessern lassen.

Die herkömmlichen Solarzellen aus Silizium könnten künftig preiswerte Konkurrenz bekommen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz haben gemeinsam mit Wissenschaftlern aus der Schweiz und aus Spanien die Wirkungsweise eines neuartigen Typs von Solarzellen untersucht, bei denen eine Perowskit-Verbindung Licht absorbiert. Sie beobachteten, dass sich in diesen fotovoltaischen Elementen an einer bestimmten Schicht Ladungsträger stauen. Gelingt es, diesen Stau aufzulösen, könnte das die ohnehin schon beachtliche Effizienz der Solarzellen weiter steigern. Perowskit-basierte Solarzellen könnten unter den erneuerbaren Energieträgern zukünftig eine große Rolle spielen. Denn anders als die etablierten Solarzellen aus Silizium, die in der Herstellung sehr energieaufwändig und teuer sind, bestehen diese Zellen aus kostengünstigen Materialien und sind einfach herzustellen.

Abb.: Mit einem Rasterkraftmikroskop untersuchten die Forscher den Ladungstransport in einer Perowskit-Solarzelle; die Solarzelle wird dabei von links angestrahlt. (Bild: MPIP)

Diese Solarzellen produzieren Strom mithilfe einer Schicht aus einer organisch-anorganischen Verbindung, die in einer Perowskit-Struktur kristallisiert. In dieser Struktur ordnen sich die Ionen kubisch, also in einem rechtwinkligen Gitter an. „Perowskit-Materialien absorbieren sehr gut Licht“, erklärt Rüdiger Berger, der die Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Polymerforschung leitet, die Funktionsweise der Solarzelle.

In der Solarzelle liegt die Perowskit-Struktur auf einer feinporigen Schicht aus Titandioxid, das die unter Beleuchtung erzeugten Elektronen einsammelt und zur unteren Elektrode leitet. Auf der Oberseite des Perowskits befindet sich eine Schicht aus dem organischen Lochleiter Spiro-OMeTAD, der die Löcher zur oberen Elektrode transportiert. „Die vielen unterschiedlichen Schichten in der Solarzelle sind extrem wichtig. Sie stellen die effiziente Trennung zwischen den beiden Ladungsträgern sicher“, sagt Bergers Kollege Stefan Weber. „Allerdings müssen die Ladungsträger jedes Mal, wenn sie von einem Material ins andere übergehen, eine kleine Barriere überwinden. Diese Barrieren wirken wie eine Baustelle auf einer stark befahrenen Autobahn, an der sich die Fahrzeuge zurückstauen. Dieser Ladungsstau in der Solarzelle führt zu Verlusten und damit zu einer niedrigeren Effizienz“.

Die Perowskit-Schicht (orange) befindet sich in der nach ihr benannten Solarzelle zwischen einer porösen Schicht (grau) aus Titandioxid, die Elektronen zu der unteren Elektrode (grau schraffiert) leitet, und einer organischen Schicht, die positiv geladene Löcher zur oberen Elektrode (gelb) transportiert. (Bild: MPIP)

In mehreren Messreihen stellten die Forscher fest, dass sich die lichtabsorbierende Perowskitschicht unter Beleuchtung stark positiv auflädt. Als Grund vermuten sie, dass der Elektronenleiter Titandioxid effektiver arbeitet als der Lochleiter. Die Löcher erreichen ihre Elektrode nicht so schnell wie die Elektronen, sie stauen sich auf dem Weg. Durch den Überschuss an positiven Ladungen in der Perowskit-Schicht baut sich ein Gegenfeld auf, das den Transport der Löcher zusätzlich bremst.

Um den Ladungsverkehr innerhalb der Solarzelle zu beobachten, hatten die Mainzer Wissenschaftler die Zelle in der Mitte durchgebrochen und die Bruchstelle mit einem fein fokussierten Ionenstrahl glatt poliert. Mithilfe der Kelvinsonden-Mikroskopie gelang es ihnen, das elektrische Potential in jeder Schicht der Solarzelle abzubilden. Aus der Potentialverteilung zogen die Forscher dann Rückschlüsse auf die Feldverteilung und damit den Ladungstransport durch die verschiedenen Schichten der Zelle.

„Wir konnten die Ladungsverteilung innerhalb der Zelle erstmals in genauen Zusammenhang mit den einzelnen Schichten bringen“, sagt Rüdiger Berger. „Der Ladungsstau der positiven Ladungen in der Perowskit-Schicht beim Einschalten des Lichts sagt uns, dass der Transport durch den Lochleiter derzeit den Flaschenhals für die Effizienz der Solarzelle darstellt.“ Gelänge es, einen effektiveren Lochleiter zu installieren, könnte das den Wirkungsgrad der Perowskit-Solarzellen auf über zwanzig Prozent zu erhöhen, sodass sie zu einer echten Konkurrenz für die etablierten Silizium-Solarzellen würden.

MPIP / MMG / PH

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