Ladungstransfer blitzschnell verfolgen
Pikosekunden-zeitaufgelöste Photoelektronenspektroskopie wird am Berlin Joint Lab for Electrochemical Interfaces möglich.
Im Rahmen der Projektförderung des Rahmenprogramms „Erforschung von Universum und Materie“ (ErUM) wurde Mitte August ein Projektantrag zum Thema „Untersuchungen des Ladungstransfers an Grenzflächen mittels Pikosekunden-zeitaufgelöster Photoelektronenspektroskopie bei Umgebungsdruck“ bewilligt.
Großgeräte der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung sind ein wesentlicher Teil der deutschen Forschungsinfrastruktur. Mit dem ErUM-Rahmenprogramm zielt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) daher auf eine kontinuierliche Steigerung der Leistungsfähigkeit und Verbreiterung des nutzungsgetriebenen Anwendungsspektrums der naturwissenschaftlichen Großgeräte. Die Projektförderung zur Vernetzung von Hochschulen und Forschungsinfrastruktur hat zum Ziel, die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten der Großgeräte zu erweitern, deren Leistungsfähigkeit zu steigern sowie die Grundlagen für Forschungsinfrastrukturen einer nächsten Generation zu entwickeln.
Friedrich Roth aus der Arbeitsgruppe „Strukturforschung mit XFELs und Synchrotronstrahlung“ von Serguei Molodtsov vom Institut für Experimentelle Physik der TU Bergakademie Freiberg konnte nun erfolgreich eine Förderung vom BMBF über die Untersuchung von Ladungstransferdynamiken auf Pikosekunden Zeitskalen an Grenzflächen einwerben. Gemeinsam mit Kollegen vom Fritz-Haber-Institut Berlin und dem Helmholtz-Zentrum Berlin sowie dem Institut für Elektronik und Sensormaterialien der TU Bergakademie Freiberg soll in den kommenden drei Jahren das an der Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II in Berlin bereits vorhandene Berlin Joint Lab for Electrochemical Interfaces (BElChem-PGM Strahlrohr) durch einen Pikosekunden-Laser erweitert werden.
Dieser Laser erlaubt es, Pikosekunden-zeitaufgelöste Photoelektonenspektroskopie bei Umgebungsdruck (tr-APXPS) als neue Technik zu etablieren, um ein vielfältiges Forschungsprogramm zum Ladungstransfer an Grenzflächen auch unter realen Bedingungen aufzubauen. Diese Methode eignet sich besonders gut für die Untersuchung elektronischer und chemischer Zustände von Oberflächen aufgrund ihrer Elementspezifität und chemischen Empfindlichkeit. Das Institut für Elektronik und Sensormaterialien und die NaPaGen GmbH (als Ausgründung der TU Bergakademie Freiberg) unterstützen dabei das Projekt insbesondere durch die Synthese von Nanopartikeln mit gezielt angepassten Material- und Oberflächeneigenschaften.
Die Erweiterung dieser bewährten Messmethodik hin zu zeitaufgelösten Studien unter Umgebungsdrücken hilft beim grundlegenden Verständnis von Grenzflächenchemie sowie photoinduzierten Prozessen in komplexen Systemen. Sie ist damit ein Herzstück zur Untersuchung zahlreicher neuer Konzepte für die photokatalytische Umwandlung von Sonnenlicht in Kraftstoff oder Elektrizität, die einen optimierten, konzertierten Fluss von Ladung und Energie auf molekularer Ebene erfordern. „Das Projekt leistet damit einen grundlegenden Beitrag zur Bewältigung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen wie das fortschreitende Energieproblem sowie des Klimawandels“ sagt Projektleiter Friedrich Roth.
TU Bergakad. Freiberg / DE