04.07.2018

Lange Leitung als Hilfsmittel der Seismologie

Glasfaserkabel eignen sich zur Aufzeich­nung von Erschüt­te­rungen des Unter­grunds.

Herkömmliche Datenleitungen können nicht nur Erdbeben erfassen, sondern auch lang­samere Bewegungen des Bodens und sogar Hammer­schläge, Wellen­bewe­gungen im Meer oder vorbei­fahrende Autos. Das zeigt die Unter­suchung eines inter­natio­nalen Forscher­teams unter Beteili­gung des Deutschen Geo­forschungs­zentrums. Die Wissen­schaftler schickten Laser­pulse durch einen 15 Kilo­meter langen Glas­faser­strang inner­halb eines ganzen Bündels von Leitungen und analy­sierten die ankom­menden Licht­wellen. Das Kabel ver­läuft seit 1994 auf der islän­dischen Reykjanes-Halb­insel als Teil des dortigen Tele­kommuni­kations­netzes. Es über­quert dabei eine bereits bekannte geo­lo­gische Bruch­zone an der Naht­stelle zwischen der amerika­nischen und der eura­sischen Konti­nental­platte. Zusätz­lich hatte das Team ein dichtes Netz von Seismo­graphen instal­liert, um die Daten mit­ein­ander abzu­gleichen.

Abb.: Glasfaserkabel, die bereits für die Tele­kommu­ni­ka­tion ver­wendet werden, lassen sich zu Seismo­metern umfunk­tio­nieren. Tests auf Island haben gezeigt, dass die Kabel sogar Hammer­schläge regis­trieren. (Bild: P. Jousset, GFZ)

„Unsere Messungen per Glasfaberkabel bildeten den Unter­grund weit­aus genauer als je zuvor ab und lieferten Signale von Punkten alle vier Meter“, berichtet Philippe Jousset vom GFZ, „so dicht ist kein Netz von Seismo­graphen“. Zwar ist die Ver­wen­dung von Glas­faser­kabeln für andere Anwen­dungen nicht neu, sie werden seit Jahren in Bohr­löchern zur Über­wachung der Ölexplora­tion ein­ge­setzt, aber das Team unter der Leitung des GFZ ist das erste welt­weit, das seismo­lo­gische Messungen ent­lang der Ober­fläche und über solch weite Ent­fer­nungen vor­nahm.

Die Wissenschaftler konnten nicht nur die bereits bekannte geo­lo­gische Störung im Unter­grund mit höherer Genauig­keit als bisher abbilden. Sie fanden darüber hinaus Hin­weise auf eine weitere, bisher unbe­kannte Bruch­zone im Unter­grund. Außer­dem deuten die Ergeb­nisse darauf hin, dass auch lang­same Boden­ver­for­mungen auf­ge­zeichnet werden, die mehrere Minuten andauern. Kleinere Erdbeben, wie sie auf Island häufig vor­kommen, sowie Erschüt­te­rungen des Meeres­bodens und Wellen, die von weit ent­fernten Beben stammten, zeichnete die „Mess­kette“ im Licht­leiter eben­falls auf.

Die Vorteile sind nach Ansicht des Teams enorm: Bereits jetzt ver­laufen kreuz und quer über den Globus unzäh­lige Glas­faser­leitungen für die Tele­kommu­ni­ka­tion und täg­lich kommen neue hinzu. Insbe­sondere unter großen Städten gibt es bereits viele Kabel, die man für Messungen nutzen könnte. „Ange­sichts der Erd­beben­gefahr, die es in zahl­reichen Ballungs­räumen wie San Francisco, Mexico City, Tokio oder Istanbul und vielen anderen gibt, stellt unsere Methode eine kosten­günstige und flächen­deckende Ergän­zung zu beste­henden Erd­beben­mess­geräten dar“, sagt Charlotte Krawczyk vom GFZ. Weitere Unter­suchungen sollen nun zeigen, ob man auch Tief­see­kabel für solche Messungen nutzen kann. Die Forscher sind zuver­sicht­lich, damit dann nicht nur See­beben und Bewegungen der Konti­nental­platten zu erfassen, sondern auch Daten zu Ände­rungen des Wasser­drucks zu gewinnen. Damit würde dann neben der Seismo­logie zusätz­lich die Ozeano­graphie von dem Ver­fahren profi­tieren.

GFZ / RK

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