13.12.2017

Lange Speicherung photonischer Quantenbits

Kohärenzzeiten machen weltweite Tele­porta­tion von Quanten­infor­ma­tion möglich.

Bei der Erforschung von Quantenspeichern zur Realisierung globaler Quanten­netze ist Forschern am MPI für Quanten­optik ein wesent­licher Durch­bruch gelungen: Auf einem ein­zelnen, in einem optischen Reso­nator gefan­genen Atom konnten sie ein photo­nisches Quanten­bit über ein Zeit­raum von mehr als hundert Milli­sekunden speichern. Speicher­zeiten dieser Größen­ordnung sind Voraus­setzung für den Aufbau eines Quanten­netzes, in dem die Quanten­informa­tion durch Tele­porta­tion auf die diversen Netz­knoten ver­teilt wird. „Die von uns erziel­ten Kohä­renz­zeiten bedeuten eine Ver­besse­rung um zwei Größen­ord­nungen bezogen auf den gegen­wärtigen Stand der Technik“, betont Team­leiter Gerhard Rempe.

Abb.: Künstlerische Darstellung der globalen Tele­porta­tion von Quanten­bits. (Bild: C. Hohmann, NIM)

Licht ist ein idealer Träger für Quanteninformationen, doch beim direkten Trans­port über große Distanzen gehen wert­volle Quanten­bits ver­loren. Einen mög­lichen Aus­weg bietet hier die Tele­porta­tion des Quanten­bits zwischen den End­knoten eines Quanten­netzes. Hier­für wird zunächst Ver­schrän­kung zwischen den Knoten erzeugt. Damit wird das Quanten­bit bei einer geeig­neten Messung auf dem Sender­knoten instantan zum Empfänger­knoten über­tragen. Dort kann es aller­dings ver­dreht an­kommen, so dass es erst ent­sprechend zurück­ge­dreht werden muss. Die dafür benötigte Informa­tion muss vom Sender­knoten zum Empfänger auf klassi­schem Weg geschickt werden. Es dauert also eine gewisse Zeit, bis sie den Empfänger erreicht hat, und solange muss das Quanten­bit dort gespeichert werden. Für zwei maximal weit aus­ein­ander­liegende Netz­knoten auf der Erde ent­spricht das einer Zeit­spanne von min­destens 66 Milli­sekunden.

Die Gruppe von Rempe hat bereits vor Jahren eine Technik entwickelt und erfolg­reich erprobt, die in einem Photon kodierte Quanten­informa­tion auf einem ein­zelnen Atom zu speichern. Dazu wird ein Rubidium­atom im Zentrum eines von zwei Spiegeln höchster Güte im Abstand von fünf­hundert Mikro­metern gebildeten optischen Reso­nators platziert und von zwei stehenden Licht­wellen – parallel und senk­recht zur Reso­nator­achse – fest­ge­halten. In diesen Reso­nator schickt man ein­zelne Licht­quanten, auf denen Quanten­informa­tion in Form einer kohä­renten Über­lage­rung von rechts- und links­drehendem Polari­sations­zustand kodiert ist. Durch die mehr­tausend­fache Reflexion eines Photons im Reso­nator erhöht sich dessen Licht­feld so stark, dass es mit dem Atom effektiv in Wechsel­wirkung treten kann.

Zeitgleich mit der Ankunft des Photons im Resonator wird ein Laser­kontroll­puls geschaltet, der die Über­tragung und Speiche­rung der photo­nischen Quanten­informa­tion in Gang setzt. Dabei werden die beiden Polari­sations­zustände des Photons auf zwei bestimmte Energie­niveaus im Atom abge­bildet. Die Frage ist nun, wie lange die kohä­rente Super­position der atomaren Zustände erhalten bleibt. Dies gelang in den früheren Experi­menten nur für die Dauer von einigen hundert Mikro­sekunden.

„Unser generelles Problem bei der Speicherung von Quanten­informa­tion ist die Dephasie­rung“, erklärt Team-Mit­glied Stefan Langen­feld. „Wesent­lich für Quanten­informa­tion ist die Phasen­bezie­hung der Wellen­funk­tionen der beiden Energie­zu­stände, die kohä­rent über­lagert sind. In der Praxis geht die Phasen­bezie­hung der atomaren Super­posi­tion im Laufe der Zeit ver­loren, vor allem auf­grund von Wechsel­wirkung mit magne­tischen Feld­fluk­tu­a­tionen.“

Deshalb ergreifen die Wissenschaftler in ihrem neuen Experi­ment eine zusätz­liche Maß­nahme: Kaum, dass die Über­tragung der Informa­tion von Licht­quant auf Atom statt­ge­funden hat, wird mit einem weiteren Laser­strahl im Atom ein Raman-Über­gang indu­ziert, der die Popula­tion eines der Energie­niveaus kohä­rent auf ein anderes über­trägt. Die resul­tie­rende Konfi­gura­tion ist etwa fünf­hundert Mal unempfind­licher gegen­über Magnet­feld­fluk­tu­a­tionen.

Zum Auslesen des Quantenbits wird der Raman-Übergang rückwärts durch­laufen und das photo­nische Quanten­bit wird in Bezug auf seine Eigen­schaften genau­estens unter­sucht. Die Messungen ergeben eine Über­ein­stimmung von etwa neunzig Prozent mit dem ursprüng­lichen Photon – und das für Speicher­zeiten von zehn Milli­sekunden. Allein durch die vorüber­gehende Ver­schie­bung der atomaren Popula­tion gelingt also eine mehr als zehn­fache Steige­rung der Kohärenz­zeit. Einen weiteren Faktor 10 schaffen die Wissen­schaftler mit der „Spin-Echo“-Technik. Dabei wird nach genau der Hälfte der Speicher­zeit die Popula­tion der beiden atomaren Energie­niveaus aus­ge­tauscht. „Wir können damit die Quanten­natur des gespei­cherten Bits über einen Zeit­spanne von mehr als hundert Milli­sekunden erhalten“, betont Team-Mit­glied Matthias Körber. „Ein welt­um­span­nendes Quanten­netz wird die abhör­sichere und verlust­freie Über­tragung von Quanten­informa­tionen ermög­lichen. Auch wenn bis zu ihrer tat­säch­lichen Reali­sie­rung noch viel Forschungs­arbeit geleistet werden muss, sind lang­lebige Quanten­speicher doch eine der Kern­techno­logien, und deren aktueller Fort­schritt bringt uns hoffent­lich dem Ziel ein signi­fi­kantes Stück näher.“

MPQ / RK

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