Laser beschleunigt Elektronen im Vakuum
Teilchen erreichen auch ohne Plasmawellen hohe Energien.
Mit intensiven ultrakurzen Laserpulsen kann man in Plasmen Wellen erzeugen, auf denen Elektronen „surfen“ und schon nach wenigen Zentimetern GeV-Energien erreichen. Die Laserbeschleunigung von Elektronen funktioniert jedoch auch im Vakuum, wie Forscher jetzt gezeigt haben. Ein Team um Fabien Quéré und Jérôme Faure von der Université Paris-Saclay hat Elektronen mit Hilfe eines 100-Terawatt-Lasers im Vakuum auf Energien von bis zu 10 MeV beschleunigt. Das ist zwar noch weit von den GeV-Energien entfernt, die man mit Laserplasmabeschleunigung erreicht. Doch es ist angesichts der vielen früheren erfolglosen Bemühungen im Bereich der Vakuumlaserbeschleunigung ein vielversprechender Anfang.
Abb.: (a) Ein Laserpuls wird am Plasmaspiegel reflektiert. Dabei werden in ihn Elektronen mit der richtigen Phase injiziert. (b) Die Elektronen bewegen sich mit dem Laserpuls etwa über die Rayleigh-Länge (Länge der Taille des fokussierten Strahls) mit und werden dabei stark beschleunigt. (M. Thévenet et al. / NPG)
Der Laser gab gepulstes Infrarotlicht von 800 nm Wellenlänge mit einer Pulsdauer von 25 fs ab. Gebündelt auf einen Brennpunkt von 5,5 Mikrometer Durchmesser erreichte die Laserstrahlung eine Intensität von 2×1019 W/cm2. Die starken elektrischen Felder in der Lichtwelle konnten die Elektronen mitreißen und auf sehr hohe Energien bringen. Doch dazu mussten die Elektronen mit perfektem Timing in die Lichtwelle gelangen. Anschließend mussten sie mit der Welle mitlaufen, sodass sie sich immer in derselben Halbwelle befanden und stetig Energie aufnehmen konnten – bis sie schließlich den Brennfleck verließen und sich unabhängig von der Lichtwelle weiter bewegten.
Bei früheren Experimenten stimmte meist weder das Timing, sodass die Elektronen von der Lichtwelle auch abgebremst werden konnten, noch hatten sie schon zu Beginn eine so hohe Geschwindigkeit, sodass sie der Lichtwelle folgen konnten. Sie waren deshalb in schneller Folge zahlreichen Wellenbergen und -tälern ausgesetzt, sodass sie nur eine viel schwächere ponderomotorische Kraft spürten, die sie kaum beschleunigte.
Beide Probleme – das perfekte Timing und eine relativistische Anfangsgeschwindigkeit der Elektronen – haben die französischen Forscher jetzt mit Hilfe eines Plasmaspiegels gelöst. Dabei handelte es sich um eine glatte Quarzoberfläche, die einige hundert Femtosekunden vor dem Auftreffen des starken Laserpulses von einem schwächeren Laserpuls mit einer Intensität von 1016 W/cm2 ionisiert worden war. Die dadurch freigesetzten Elektronen bewegten sich mit hoher Geschwindigkeit von der Oberfläche weg. Sie bildeten ein Elektronengas, an dem der starke, schräg einfallende Laserpuls wie an einer Metalloberfläche reflektiert wurde.
Stimmte der Zeitabstand zwischen den beiden Laserpulsen, so wurden viele der freigesetzten Elektronen mit dem richtigen Timing in den starken Laserpuls injiziert. Da sie eine hohe Anfangsenergie von 1,5 MeV hatten und sich schon fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegten, konnten sie über eine Strecke von etwa hundert Lichtwellenlängen auf der Lichtwelle surfen und dabei erheblich an Energie gewinnen. Die Energieverteilung der Elektronen sowie ihre räumliche Verteilung um den Laserstrahl herum ermittelten die Forscher, indem sie die Teilchen mit einem Magnetfeld variabler Stärke ablenkten und anschließend auf einen phosphoreszierenden Schirm prallen ließen, dessen Aufleuchten sie mit einer CCD-Kamera fotografierten. Dabei beobachteten sie ein charakteristisches Bild, das aus zwei Teilen bestand.
Bei abgeschaltetem Magnetfeld wurde der Laserstrahl von einem seitlich versetzten Elektronenstrahl begleitet, in dem die Teilchen eine mittlere Energie von 10 MeV hatten. Das waren die Elektronen mit gutem Timing, die auf der Lichtwelle gesurft waren. Außerdem war der Laserstrahl von einem diffusen Elektronenstrahl umgeben, der in seiner Mitte ein Loch hatte. Dieser Strahl enthielt Elektronen mit viel kleinerer Energie, die es nicht geschafft hatten, auf einer Welle zu surfen und die deshalb nur durch ponderomotorische Kräfte beschleunigt worden waren.
Numerische Berechnungen, die die Forscher durchgeführt hatten, ergaben Energie- und Dichteverteilungen, die hervorragend mit den experimentell gewonnen Verteilungen übereinstimmten. Anhand dieser Berechnungen ließ sich detailliert verfolgen, wie einzelne Elektronen sich in der Lichtwelle bewegt hatten und zu ihrer Energie gelangt waren. Daraus schließen Quéré und seine Kollegen, dass ihnen tatsächlich die langgesuchte Vakuumlaserbeschleunigung von Elektronen geglückt ist. Die Forscher sind zuversichtlich, dass man mit ihrem Verfahren Elektronen auch auf wesentlich höhere Energien bringen kann. Dazu müsste man Petawatt-Laser benutzen, die in ihrem Fokus Intensitäten von mehr als 1021 W/cm2 erreichen. Hier wären die Elektronen über einige zehn Mikrometer elektrischen Feldern von mehr als 100 TV/m ausgesetzt, die sie demnach auf einige GeV beschleunigen könnten.
Rainer Scharf
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