Laser, Lichtchips und Sensoren
Jahresrückblick Optik & Photonik 2020.
Auch 2020 zeigten optische und photonische Technologien ihre große Bedeutung für Forschung und Industrie. Dazu zählen neue Laser im Nanomaßstab, genauere Spektroskopiemethoden und viele Fortschritte auf dem Feld der Quantenphotonik. Das galt insbesondere für die Entwicklung von photonischen Prozessen für eine schnellere Datenverarbeitung. Doch auch als Werkzeug stachen optische Methoden im vergangenen Jahr heraus wie der renommierte Deutsche Zukunftspreis für die Entwicklung der EUV-Lithographie für extrem kleine Schaltkreisstrukturen belegte.
Auf dem Feld der Lichtmikroskopie erreichten Wissenschaftlern von der Universität Rostock und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching eine Auflösung von einigen zehn Pikometern. Erste Bilder zeigten, wie sich die Elektronenwolke im Kristallgitter von Festkörpern auf die Atome verteilte. Die Experimente ebnen den Weg zur Entwicklung einer neuen Klasse von laserbasierten Mikroskopen. Eine Methode, unzählige neuartige Laserstrahlen auf der Mikrometerskala zu formen, konzipierten Forscher von den Universitäten in Münster, Birmingham und Marseille. Die dadurch erzeugten nichtbeugenden Lichtfelder könnten für eine hochauflösende Mikroskopie und nanoskalige Materialbearbeitung genutzt werden. Berliner Physikern gelang der Bau eines Infrarot-Mikroskops mit Quantenlicht. Ihre Methode nutzt das gezielte Verschränken von Photonen, um bislang unsichtbare Bio-Merkmale bei Gewebeproben sichtbar zu machen.
Quantenkaskadenlaser wird mobil
Verschränkung von Photonen im Mikrowellenbereich legte auch die Grundlage für einen neuartigen Quantenradar. Ein internationales Forscherteam fertigte einen Prototyp, der Objekte in verrauschten thermischen Umgebungen erkennen konnte und damit klassische Radarsysteme überflügelte. Wissenschaftlern der Berliner Humboldt-Universität und der Technischen Universität Wien ist 2020 erstmals gelungen, Fotos von einzelnen Atomen zu schießen, die weniger als einen Tausendstel Millimeter über einer lichtleitenden Glasfaser schweben. Diese Methode erlaubt, im Labor Effekte wie die Absorption und Aussendung von Licht viel kontrollierter als bisher zu untersuchen. Weiter in die tägliche Praxis wies eine Spektroskopie-Methode mit einem mobilen Quantenkaskaden-Laser. Im Rahmen des EU-Projekts Projektes MEMO2 konnten damit über eine Drohne Methanemissionen über Gas- und Ölfelder genauer aufgespürt werden.
Im Terahertz-Bereich standen 2020 viele neue Konzepte für entsprechende Lichtquellen im Vordergrund. Einen besonders stabilen Quantenkaskadenlaser von Forschern der Nanyang Technological University in Singapur nutzte topologisch geschützte Randzustände zur Erzeugung von Terahertzstrahlen. Terahertz-Pulse mit vielen verschiedenen Frequenzen zugleich lieferte ein mit Gold gespicktes Germaniumbauteil eines Teams des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf HZDR, der TU Dresden und der Universität Konstanz. Mit ausgereiften lithografischen Methoden gefertigt verspricht diese Quelle einen breitgefächerten Einsatz in Forschung und Technik. Ein deutsch-spanisches Forschungsteam entdeckte auch ein neues Materialsystem, mit dem sich Terahertz-Pulse deutlich effektiver erzeugen lassen als bisher. Es basiert auf Graphen, das mit einer metallischen Lamellenstruktur beschichtet ist.
Nanolaser aus Gold und Silizium
Für andere Spektralbereiche wies der Trend 2020 zu immer kleineren Lasern. Mit Licht emittierenden Silizium-Germanium-Legierungen öffneten Physiker aus München, Jena, Linz und Eindhoven einen Weg zum Silizium-Laser. Dafür fertigten sie mit einem ausgeklügelten Verfahren winzige Nanodrähte, aufgebaut aus einem hexagonalen Kristallgitter, die in Zukunft in Photonik-Chips genutzt werden könnten. Das gleiche Ziel verfolgten Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich mit einem Halbleiterlaser aus Germanium und Zinn. Deren Effizienz zeigte sich bereits mit herkömmlichen Galliumarsenid-Halbleiterlasern vergleichbar. Einen neuartigen Nanolaser aus Gold und Zinkoxid entstand an der Universität Oldenburg. Schwammartige Teilchen aus Gold überzogen die Forscher dazu mit einer dünnen Schicht aus dem Halbleiter Zinkoxid. Bestrahlte man diese Strukturen mit dem Licht eines roten Lasers, geben sie kurzwelligeres, blaues Laserlicht ab.
Parallel zu diesen Ansätzen für zukünftige Photonik-Chips reiften 2020 auch quantenphotonische Konzepte für die Datenverarbeitung heran. Ein Forscherteam aus Großbritannien, Deutschland und Japan entwarf eine neue Methode zur Erzeugung und zum Nachweis verschränkter Photonen bei einer Wellenlänge von 2,1 Mikrometern. Diese quantenmechanisch gekoppelten Photonenpaare wären in der Praxis eher anwendbar, das sie deutlich weniger durch Sonnenstrahlung beeinflusst werden als Photonen im Nahinfrarot-Bereich von 700 bis 1550 Nanometern. Einen mit Licht schaltbaren Feldeffekt-Transistor auf Basis ultradünner Materialien entstand an der Universität Jena. Aufgebaut war der winzige Transistor aus einer Lage Graphen und einem mit Azobenzol funktionalisierten Nanoblatt. Schnelle, optische Schaltprozesse präsentierten auch Forscher der Uni Paderborn und der TU Dortmund. Dazu manipulierten sie Wirbelzustände in einer Quantenflüssigkeit mithilfe ultrakurzer Laserpulse.
Quantenspiegel aus Metamaterialien
Die komplexe Wechselwirkung von Licht und Materie offenbart sich meist auf der Nanoebene. So konnten Forscher am Max-Planck-Institut für Quantenoptik erstmals zeigen, dass selbst eine einfach strukturierte Schicht aus nur wenigen hundert Atomen einen optischen Spiegel bilden kann. Aufgebaut aus einem neuartigen Metamaterial handelte es wohl um den leichtesten Spiegel überhaupt. Ausgeklügelt erwies sich eine besondere Atom-Licht-Schnittstelle, um leuchtstarke, faserintegrierte Einzelphotonenquellen zu realisieren. Damit entstand eine Art Drehkreuz für Photonen, das nur ein Photon zur Zeit passieren ließ. Die Funktionsweise von Nanomaterialien bei Lichteinstrahlung konnten Physiker der Universitäten Konstanz, München und Regensburg direkt sichtbar machen. Sie zeigten experimentell, dass ultrakurze Elektronenpulse durch die Interaktion mit Lichtwellen in nanophotonischen Materialien eine quantenmechanische Phasenverschiebung erfahren.
Immer stärker setzen sich Leuchtdioden als Lichtquellen für den Alltag durch. Doch auch auf diesem scheinbar ausgereizten Forschungsfeld gibt es immer noch verblüffende Resultate. Eine neue Analysemethode Dortmunder Physiker könnte auf mögliche Störeffekte in Leuchtdioden hinweisen. Sie konzentrierten sich dabei nicht auf die lichtemittierenden hellen Exzitonen, sondern auf dunkle Exzitonen, die nicht in Licht zerfallen können. Als Leuchtmittel für große Flächen organischer Leuchtdioden taugt eine günstige, kupferhaltige Verbindung. Die neue Substanz für hohe Lichtausbeuten wurde am Paul Scherrer Institut entwickelt. Und Forscher der TU Graz entwickelten gemeinsam mit Kollegen aus Spanien und Italien umweltfreundliche und günstige Leuchtdioden auf der Basis fluoreszierender Proteinstrukturen. Ziel ist es, diese Proteine durch den Einsatz von Bakterien quasi zu züchten.
Sensoren für Wirbellicht
Für den Nachweis von Photonen entwickelten Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie druckbare Lichtsensoren, die Farben unterscheiden können. Diese Sensoren können in großen Stückzahlen in jedem Design auf flexiblen, leichten Materialien hergestellt werden und sind besonders für mobile Geräte geeignet. Für die Datenverarbeitung mit Photonen haben zwei internationale Teams unter Leitung von Wissenschaftlern der University of Pennsylvania sowohl einen OAM-Mikrolaser (orbital angular momentum) als auch einen OAM-Photodetektor vorgestellt, die neue Optionen für photonische Schaltkreise eröffnen. Größere Verbreitung könnten in Zukunft Quantensensoren finden, die mit Hilfe von Laserlicht hocheffiziente Messungen ermöglichen. Die Trumpf-Tochtergesellschaft Q.ANT und der Sensorik-Spezialist Sick entwickelten dazu einen ersten industriell gefertigten Quantensensor.
Weiter in die Zukunft weisen dagegen einige grundlegenden Resultate auf dem Feld der Photonik. So haben Physiker vom Max-Born-Institut in Berlin und der Universität Rostock einen bislang unbekannten Mechanismus für optische Nichtlinearität aufgedeckt. Der Mechanismus entsteht durch das lichtinduzierte Tunneln von Elektronen im Inneren von nichtleitenden Stoffen. Ultraschnelle Wechsel der Lichthelizität ist vor allem für Untersuchungen von Prozessen in magnetischen Materialien interessant. Die Grundlage dazu wurde am Speicherring Bessy II gelegt: Die Berliner Physiker schalteten die Helizität von zirkular polarisierter Synchrotronstrahlung bis zu eine Million Mal schneller als bisher. Und schließlich hat ein internationales Team um Forscher der Universität Regensburg eine Methode entwickelt, um die Dynamik von Licht auf atomaren Skalen mit einer zeitlichen Auflösung zu erfassen, die schneller als eine einzige Lichtschwingung ist. Den Schlüssel zu diesem Durchbruch bildete ein einziges Detektormolekül, das Veränderungen in den lokalen elektromagnetischen Feldern nachwies.
Jan Oliver Löfken
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