Laser schmelzen schwierige Materialien
Neue Prozesstechnik ermöglicht SLM-Verarbeitung von Magnesiumlegierungen und eröffnet weitere Anwendungsgebiete.
Selective Laser Melting – kurz SLM – mit normalen Werkstoffen wie Edelstahl, Aluminium oder Titanlegierungen ist in der Fertigung angekommen. Die Materialien und Prozesse sind weitgehend erforscht, passende Maschinen bei verschiedenen Anbietern verfügbar. Schwierig wird es erst, wenn man andere Materialien verarbeiten möchte wie beispielsweise Magnesium. Dieses ist nicht nur dreißig Prozent leichter als Aluminium, sondern erlaubt auch den Aufbau resorbierbarer Implantate. Dadurch ist das Material nicht nur für den Leichtbau, sondern auch für die Medizintechnik hochinteressant.
Abb.: Implantat (Scaffold) mit definierter Porenstruktur aus einer biodegradierbaren Magnesiumlegierung. (Bild: Fh.-ILT)
Experten am Fraunhofer ILT haben jetzt die passende Prozesstechnik entwickelt, um auch schwierige Materialien in SLM-Prozessen zu verarbeiten. Für Magnesiumlegierungen wurde in Kooperation mit dem ILT-Spin-off Aconity3D eine neue Prozesskammer mit einer optimierten Schutzgasführung entwickelt, um der starken Rauchentwicklung Herr zu werden. Daneben wurden Prozesse für die Verarbeitung von Kupferlegierungen optimiert, ebenso wie spezielle Systeme mit Hochtemperaturvorheizung für den Einsatz rissanfälliger und schwer schweißbarer Metalle.
Individuelle Gestaltung und komplexe Strukturen sind typische Merkmale bei Implantaten, die sich mit SLM ohne Zusatzkosten fertigen lassen. Der Werkstoff Magnesium bietet dabei den zusätzlichen Vorteil, dass er im Körper resorbierbar ist. Implantate auf Basis massiver Magnesiumwerkstoffe werden bereits eingesetzt, man verspricht sich aber weitere Vorteile von Implantaten mit Porenstruktur. Die Idee hierbei ist, dass neue Knochensubstanz in das Implantat einwächst und gleichzeitig die Metallstruktur vom Körper resorbiert wird. Für solche Implantate aus Magnesiumlegierungen wurde am Fraunhofer ILT ein SLM-Prozess entwickelt, bei dem nicht nur die Form des Implantats, sondern auch die Porengröße genau gewählt werden kann. Die Biokompatibilität entsprechender Prototypen wurde in vitro bereits nachgewiesen.
Während man am Fraunhofer ILT weiter neue Materialien und Prozesse erforscht, ist die Ausrüstung für das SLM von Magnesiumlegierungen bei Aconity3D bereits erhältlich. In der Luftfahrt und im Rennsport kennt man die Vorzüge von Magnesiumlegierungen schon lange: Sie sind dreißig Prozent leichter als Aluminium, allerdings auch viel schwerer zu verarbeiten. Mit der neuen SLM-Prozesstechnik lässt sich das Problem elegant lösen. Um dies im Detail zu untersuchen, hat man am Fraunhofer ILT eine Motorradgabelbrücke im Maßstab 1:4 als Demonstrator hergestellt. Dabei wurde am Computer die gesamte Topologie des Bauteils optimiert. Ziel ist dabei eine konsequente Struktur- und Gewichtsoptimierung für vergleichbare Leichtbauteile. Auf diese Weise werden erstmalig komplexe Bauteile aus Magnesiumlegierungen aufgebaut. Ihre Qualität entspricht derjenigen anderer SLM-Produkte, wobei ihre Festigkeit sogar höher als bei Gussteilen ist.
Fh.-ILT / RK