30.05.2022 • Photonik

Laser- und Röntgenstrahlen mischen

Wellenmischung kann zu Strahlen mit veränderten Farben und Richtungen führen.

Wellenmischungsprozesse zwischen verschiedenen Lichtstrahlen sind ein Eckpfeiler des Bereichs der nicht­linearen Optik, der seit der breiten Verfüg­barkeit von Lasern fest etabliert ist. In einem geeigneten Material, etwa bestimmten Kristallen, können sich zwei Laserstrahlen gegenseitig „spüren“. Dabei können Energie und Impuls ausgetauscht werden, so dass aus der Wechsel­wirkungs­zone zusätzliche Laserstrahlen in unter­schied­lichen Richtungen und mit unter­schied­lichen Frequenzen austreten, die im sichtbaren Spektral­bereich als unter­schied­liche Farben wahr­ge­nommen werden.

Abb.: Strahlen zweier Taschen­lampen werden nicht von­ein­ander...
Abb.: Strahlen zweier Taschen­lampen werden nicht von­ein­ander be­ein­flusst, wenn sie sich kreuzen. Anders verhält es sich bei sehr inten­siven Laser­pulsen, die sich in einem ge­eig­neten nicht­line­aren Material treffen. Hier können die Strahlen ab­ge­lenkt werden und neue Strahlen unter­schied­licher Farbe ent­stehen. (Bild: A. Riemann, FVB)

Diese Effekte werden häufig genutzt, um neue Laser­licht­quellen zu entwerfen und zu realisieren. Ebenso wichtig ist, dass die Analyse der austretenden Lichtstrahlen bei Wellen­mischungs­phänomenen Aufschluss über die Beschaffenheit des Materials gibt, in dem der Wellen­mischungs­prozess stattfindet. Eine solche auf Wellen­mischung basierende Spektroskopie ermöglicht es Forschern, Feinheiten der elektro­nischen Struktur einer Probe und die Art und Weise, wie Licht das Material anregen und mit ihm wechselwirken kann, zu verstehen. Bislang wurden diese Ansätze jedoch kaum außerhalb des sichtbaren oder infraroten Spektral­bereichs eingesetzt.

Ein Forscherteam des Max-Born-Instituts in Berlin und des DESY in Hamburg hat jetzt einen neuartigen Wellen­mischungs­prozess mit weicher Röntgen­strahlung beobachtet. Bei der Überlagerung ultrakurzer Pulse weicher Röntgen- und Infrarot­strahlung in einem Einkristall aus Lithium­fluorid konnte das Team beobachten, wie die Energie von zwei Infrarot­photonen auf ein Röntgenphoton übertragen wird und sich damit die Frequenz der Röntgenstrahlung in einem nicht­linearen Prozess dritter Ordnung ändert.

Nicht nur wurde dieser spezielle Prozess zum ersten Mal mit Röntgenstrahlen beobachtet, sondern es wurde auch die Effizienz des Mischens bei der Änderung der Farbe der einfallenden Röntgenstrahlen vermessen. Es zeigte sich, dass die Mischsignale nur dann nachweisbar sind, wenn ein Elektron der innersten Schale eines Lithiumatoms in einen Zustand angeregt wird, in dem es fest an die zurück­ge­lassene Leerstelle gebunden ist – ein Zustand, der als Exziton bekannt ist. Darüber hinaus zeigt der Vergleich mit der Theorie, dass ein ansonsten optisch verbotener Übergang eines Inner­schalen­elektrons zu dem Wellen­mischungs­prozess beiträgt.

Durch die Analyse dieses resonanten Vier-Wellen-Mischungs­prozesses erhalten die Forscher ein detail­liertes Bild davon, wohin sich das optisch angeregte Elektron während seiner sehr kurzen Lebensdauer bewegt. „Nur wenn sich das angeregte Elektron in unmittel­barer Nähe des Lochs befindet, das es zurück­ge­lassen hat, beobachten wir das Signal der Vier­wellen­mischung“, sagt Robin Engel vom DESY, „und da wir eine bestimmte Farbe der Röntgen­strahlung verwendet haben, wissen wir, dass sich dieses Loch sehr nahe am Atomkern des Lithiumatoms befindet“. Da man mit Röntgen­strahlen Elektronen der inneren Schalen selektiv an den verschiedenen atomaren Spezies in einem Material anregen kann, ermöglicht dieser Ansatz es Forschern, Elektronen zu verfolgen, die sich in Molekülen oder Festkörpern bewegen, nachdem sie durch einen ultraschnellen Laserpuls angeregt wurden.

Genau solche Prozesse – Elektronen, die sich nach der Anregung durch Licht zu verschiedenen Atomen bewegen – sind entscheidende Schritte bei photo­chemischen Reaktionen oder Anwendungen, wie Photovoltaik oder direkte solare Kraftstoff­erzeugung. „Da sich unser Ansatz der Wellen­misch­spektroskopie an Röntgenlasern auf viel höhere Photonen­energien skalieren lässt, können viele verschiedene Atomsorten im Perioden­system selektiv angeregt werden. Wir erwarten daher, dass es zukünftig möglich sein wird, die kurzzeitige Anwesenheit von Elektronen an den verschiedenen Atomen eines komplexeren Materials zu verfolgen, was neue Einblicke in diese wichtigen Prozesse ermöglicht“, erklärt Daniel Schick vom MBI.

MBI / RK

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