23.12.2025 • MagnetismusLasertechnik

Laser zeichnet magnetische Landschaften nach Maß

Forschenden vom Paul Scherrer Institut und dem National Institute of Standards and Technology ist erstmals gelungen, mit industrieller Lasertechnik die magnetischen Eigenschaften von Materialien in zwei Dimensionen kontinuierlich zu variieren.

Eigentlich war die Hightech-Laserapparatur im Reinraum des PSI für Fotolithografie angeschafft um winzige 2D-Strukturen zu produzieren. Normalerweise bestrahlt der Laser dabei einen Fotolack mit unterschiedlicher Lichtintensität und erzeugt so verschiedene Belichtungsstufen, auch Graustufen genannt. Die Graustufen-Lithografie bildet ein dreidimensionales Relief, welches nun auf das gewünschte Material übertragen werden kann. Ein wichtiges Anwendungsgebiet dieser Technik ist die moderne Mikrooptik, denn so lassen sich beispielsweise Linsen für Smartphones fabrizieren. Das PSI-Team wollte nun prüfen, ob sich damit punktgenau Änderungen in den magnetischen Eigenschaften eines Stoffes erzeugen lassen.

Will man die Eigenschaften eines magnetischen Materials verändern, kann man es beispielsweise in einem Ofen erhitzen. Damit verändert sich aber die gesamte Probe. Auf der Suche nach einer Methode für lokal begrenzte Veränderungen kamen die PSI-Forschenden auf die Idee, einen dünnen Film eines magnetischen Materials ohne Fotolack in das vorhandene Lithografie-Gerät zu stecken. „Das war eine verrückte Idee, deshalb war ich sehr überrascht, dass es auf Anhieb funktionierte“, erzählt Lauren Riddiford, Postdoc in der Gruppe Mesoskopische Systeme von Laura Heyderman: „Als wir uns den magnetischen Kontrast unter einem speziellen Mikroskop anschauten, konnten wir sofort die kontinuierlichen Veränderungen der magnetischen Eigenschaften sehen.“

Dabei fungiert der Laser im Prinzip wie ein Ofen, allerdings verändert seine Wirkung die magneti­schen Eigen­schaften punktgenau. Mit dem Laser rastert man die Ober­fläche der Material­probe ab und moduliert dabei die Licht­intensität nach Wunsch. So werden sehr kleine Bereiche, die nur 150 Nano­meter groß sind, erhitzt. Das Verfahren heißt Direct-Write Laser Annealing, kurz DWLA, über­setzt etwa: direkt­schreibendes Laserglühen. Durch das gezielte Erhitzen kann sich ein Material lokal verändern – es oxidiert, kristal­lisiert oder es lassen sich zwei Metalle mitein­ander legieren. Dadurch kann man die Stärke oder die Richtungs­abhängigkeit der Magneti­sierung ändern sowie die Wechsel­wirkung an der Grenz­schicht zwischen zwei Materialien beeinflussen.

Das lokale, graduelle Vorgehen kann auf einzigartige Weise Gradienten der magnetischen Eigen­schaften erzeugen, die je nach Wunsch beliebige Formen annehmen. Bisher konnte man nur seitliche, eindimen­sionale Gradienten solcher Material­eigen­schaften fabrizieren. Nun sind Kreise, Spiralen oder noch komplexere Gebilde möglich, wie Riddi­ford anhand eines Videos demons­triert, das die Entstehung einer magne­tischen Struktur in Form einer Schnee­flocke zeigt. „Wenn wir ein Feld an die bearbeitete Probe anlegen, wechselt zuerst die Magneti­sierung im Zentrum ihre Richtung von aufwärts nach abwärts. Wird das Feld stärker, breitet sich dieses Umschalten radial aus“, erklärt die Forscherin. In den Bereichen um die Schnee­flocke herum wurde das Material mit dem Laser genügend stark erhitzt, um sicherzu­stellen, dass es nicht mehr magnetisch ist.

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Ziel der Forschenden sind aber nicht bloß hübsche Bilder, sondern konkrete Anwen­dungen zum Bei­spiel in der Daten­speicher­techno­logie. Kleine Magnete werden schon lange benutzt, um Daten auf Computer­fest­platten zu sichern. „Mit unserer Tech­nik wollen wir heraus­finden, welche magne­tischen Materi­alien und Eigen­schaften sich am besten für die Her­stel­lung von Speichern eignen, die keine beweg­li­chen Teile mehr haben und nicht den Ein­satz von Magnet­feldern erfor­dern“, sagt Jeffrey Brock, eben­falls Post­doc in der Gruppe Meso­sko­pische Systeme.

Durch die kontinuier­lichen Änderungen der magne­tischen Eigen­schaften im Speicher­medium braucht es kein Magnet­feld, um die Magneti­sierung der Bits zu verändern. Man kann einen elek­trischen Strom verwenden, um die Infor­mation zu schrei­ben und zu lesen. Solche Speicher­elemente gibt es zwar bereits. „Wir glauben aber, dass unser Ansatz zur lokalen Verän­derung von Material­eigen­schaften viel ein­facher und schneller ist als die der­zeit verwen­deten Techno­logien zur Erzeugung solcher Muster“, sagt Brock. Daten­speicher, die mit Strom geschaltet werden, sind schneller und man kann mehr Daten auf kleinerem Raum unter­bringen. Die For­schenden wollen dies auch auf eine spezielle Material­klasse anwenden, die synthe­tischen Anti­ferro­magnete. Damit wäre die Speiche­rung der Daten dauer­hafter und sicherer, da dieses Material immun ist gegen ein äußeres Magnet­feld.

Eine weitere mögliche Anwendung ist das In-Memory-Computing – die Verar­bei­tung sowie auch die Speiche­rung der Daten findet dabei auf ein und dem­selben Chip statt. In heu­ti­gen elektro­nischen Geräten werden Daten ständig zwischen dem schnel­len Prozes­sor und der viel lang­sa­meren Speicher­einheit hin und her trans­por­tiert, was viel Zeit und Energie kostet. Die Verwen­dung eines einzigen Chips würde den Daten­zugriff extrem beschleu­nigen.

Bereits vor vier Jahren gelang es einer Forschungs­kollaboration vom PSI und der ETH Zürich erstmals, logische Operationen in einem magneti­schen Material durchzu­führen, in dem die Daten gleich­zeitig auch gespeichert werden können – eine Erfindung, die auch paten­tiert wurde. Doch das bisher verwendete Material eignet sich nicht für die heute gängigen Fabrikations­prozesse in der Chip-Industrie. „Wir hoffen, dass wir mit der Laser­technik ein magneti­sches Material herstellen können, das kompatibel ist mit diesen Standard­prozessen“, sagt Hrabec.

Ein anderes neues Forschungsfeld ist das neuro­morphe Rechnen – eine Art der Datenverarbeitung, bei der man sich vom Gehirn und dem Netzwerk der Nerven­zellen, also den Neuronen, inspirieren lässt. Dabei sollen bei­spiels­weise winzige Magnete in verschiedenen Konfigu­ra­tionen miteinander inter­agieren wie die Neuronen in ihrem Netzwerk. „Das Gehirn besteht ja auch nicht aus einem einfachen Material“, sagt Hrabec: „Deshalb kann man für diesen Zweck nicht etwa bloß eine dünne Schicht eines einzelnen, magne­tischen Materials wie etwa Kobalt einsetzen, sondern man braucht etwas Komple­xeres.“ Eine ideale Aufgabe für die neue Laser­technik, mit der sich beliebige magne­tische Land­schaften erzeugen lassen.

Hrabec ist überzeugt, dass die Arbeit des Forschungs­teams noch viele andere Anwen­dungen erschließen wird, zum Beispiel auf dem Gebiet der Sensorik oder der Photonik, bei der man Licht zur Über­tra­gung von Infor­mation nutzt. Denn durch die Laser­erhitzung und die Kristal­lisa­tion im Material kann man den Brechungs­index und damit die optischen Eigen­schaften eines Materials verändern. Der große Vorteil des Laser­glühens: Bei der verwen­deten Appa­ratur handelt es sich um ein kommer­zielles Gerät, das welt­weit in vielen Labors bereits vorhanden ist. Es braucht dafür weder ein Vakuum noch andere spezielle Beding­ungen. Damit kann man zudem in Sekunden­schnelle erreichen, wofür es in einem Ofen Stunden benötigt. „Die große Stärke dieser Technik ist, dass sie günstig, schnell und gut verfüg­bar ist“, fasst Hrabec zusammen. [PSI / dre]

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