Laser zeichnet magnetische Landschaften nach Maß
Forschenden vom Paul Scherrer Institut und dem National Institute of Standards and Technology ist erstmals gelungen, mit industrieller Lasertechnik die magnetischen Eigenschaften von Materialien in zwei Dimensionen kontinuierlich zu variieren.
Eigentlich war die Hightech-Laserapparatur im Reinraum des PSI für Fotolithografie angeschafft um winzige 2D-Strukturen zu produzieren. Normalerweise bestrahlt der Laser dabei einen Fotolack mit unterschiedlicher Lichtintensität und erzeugt so verschiedene Belichtungsstufen, auch Graustufen genannt. Die Graustufen-Lithografie bildet ein dreidimensionales Relief, welches nun auf das gewünschte Material übertragen werden kann. Ein wichtiges Anwendungsgebiet dieser Technik ist die moderne Mikrooptik, denn so lassen sich beispielsweise Linsen für Smartphones fabrizieren. Das PSI-Team wollte nun prüfen, ob sich damit punktgenau Änderungen in den magnetischen Eigenschaften eines Stoffes erzeugen lassen.


Will man die Eigenschaften eines magnetischen Materials verändern, kann man es beispielsweise in einem Ofen erhitzen. Damit verändert sich aber die gesamte Probe. Auf der Suche nach einer Methode für lokal begrenzte Veränderungen kamen die PSI-Forschenden auf die Idee, einen dünnen Film eines magnetischen Materials ohne Fotolack in das vorhandene Lithografie-Gerät zu stecken. „Das war eine verrückte Idee, deshalb war ich sehr überrascht, dass es auf Anhieb funktionierte“, erzählt Lauren Riddiford, Postdoc in der Gruppe Mesoskopische Systeme von Laura Heyderman: „Als wir uns den magnetischen Kontrast unter einem speziellen Mikroskop anschauten, konnten wir sofort die kontinuierlichen Veränderungen der magnetischen Eigenschaften sehen.“
Dabei fungiert der Laser im Prinzip wie ein Ofen, allerdings verändert seine Wirkung die magnetischen Eigenschaften punktgenau. Mit dem Laser rastert man die Oberfläche der Materialprobe ab und moduliert dabei die Lichtintensität nach Wunsch. So werden sehr kleine Bereiche, die nur 150 Nanometer groß sind, erhitzt. Das Verfahren heißt Direct-Write Laser Annealing, kurz DWLA, übersetzt etwa: direktschreibendes Laserglühen. Durch das gezielte Erhitzen kann sich ein Material lokal verändern – es oxidiert, kristallisiert oder es lassen sich zwei Metalle miteinander legieren. Dadurch kann man die Stärke oder die Richtungsabhängigkeit der Magnetisierung ändern sowie die Wechselwirkung an der Grenzschicht zwischen zwei Materialien beeinflussen.
Das lokale, graduelle Vorgehen kann auf einzigartige Weise Gradienten der magnetischen Eigenschaften erzeugen, die je nach Wunsch beliebige Formen annehmen. Bisher konnte man nur seitliche, eindimensionale Gradienten solcher Materialeigenschaften fabrizieren. Nun sind Kreise, Spiralen oder noch komplexere Gebilde möglich, wie Riddiford anhand eines Videos demonstriert, das die Entstehung einer magnetischen Struktur in Form einer Schneeflocke zeigt. „Wenn wir ein Feld an die bearbeitete Probe anlegen, wechselt zuerst die Magnetisierung im Zentrum ihre Richtung von aufwärts nach abwärts. Wird das Feld stärker, breitet sich dieses Umschalten radial aus“, erklärt die Forscherin. In den Bereichen um die Schneeflocke herum wurde das Material mit dem Laser genügend stark erhitzt, um sicherzustellen, dass es nicht mehr magnetisch ist.
Ziel der Forschenden sind aber nicht bloß hübsche Bilder, sondern konkrete Anwendungen zum Beispiel in der Datenspeichertechnologie. Kleine Magnete werden schon lange benutzt, um Daten auf Computerfestplatten zu sichern. „Mit unserer Technik wollen wir herausfinden, welche magnetischen Materialien und Eigenschaften sich am besten für die Herstellung von Speichern eignen, die keine beweglichen Teile mehr haben und nicht den Einsatz von Magnetfeldern erfordern“, sagt Jeffrey Brock, ebenfalls Postdoc in der Gruppe Mesoskopische Systeme.
Durch die kontinuierlichen Änderungen der magnetischen Eigenschaften im Speichermedium braucht es kein Magnetfeld, um die Magnetisierung der Bits zu verändern. Man kann einen elektrischen Strom verwenden, um die Information zu schreiben und zu lesen. Solche Speicherelemente gibt es zwar bereits. „Wir glauben aber, dass unser Ansatz zur lokalen Veränderung von Materialeigenschaften viel einfacher und schneller ist als die derzeit verwendeten Technologien zur Erzeugung solcher Muster“, sagt Brock. Datenspeicher, die mit Strom geschaltet werden, sind schneller und man kann mehr Daten auf kleinerem Raum unterbringen. Die Forschenden wollen dies auch auf eine spezielle Materialklasse anwenden, die synthetischen Antiferromagnete. Damit wäre die Speicherung der Daten dauerhafter und sicherer, da dieses Material immun ist gegen ein äußeres Magnetfeld.
Eine weitere mögliche Anwendung ist das In-Memory-Computing – die Verarbeitung sowie auch die Speicherung der Daten findet dabei auf ein und demselben Chip statt. In heutigen elektronischen Geräten werden Daten ständig zwischen dem schnellen Prozessor und der viel langsameren Speichereinheit hin und her transportiert, was viel Zeit und Energie kostet. Die Verwendung eines einzigen Chips würde den Datenzugriff extrem beschleunigen.
Bereits vor vier Jahren gelang es einer Forschungskollaboration vom PSI und der ETH Zürich erstmals, logische Operationen in einem magnetischen Material durchzuführen, in dem die Daten gleichzeitig auch gespeichert werden können – eine Erfindung, die auch patentiert wurde. Doch das bisher verwendete Material eignet sich nicht für die heute gängigen Fabrikationsprozesse in der Chip-Industrie. „Wir hoffen, dass wir mit der Lasertechnik ein magnetisches Material herstellen können, das kompatibel ist mit diesen Standardprozessen“, sagt Hrabec.
Ein anderes neues Forschungsfeld ist das neuromorphe Rechnen – eine Art der Datenverarbeitung, bei der man sich vom Gehirn und dem Netzwerk der Nervenzellen, also den Neuronen, inspirieren lässt. Dabei sollen beispielsweise winzige Magnete in verschiedenen Konfigurationen miteinander interagieren wie die Neuronen in ihrem Netzwerk. „Das Gehirn besteht ja auch nicht aus einem einfachen Material“, sagt Hrabec: „Deshalb kann man für diesen Zweck nicht etwa bloß eine dünne Schicht eines einzelnen, magnetischen Materials wie etwa Kobalt einsetzen, sondern man braucht etwas Komplexeres.“ Eine ideale Aufgabe für die neue Lasertechnik, mit der sich beliebige magnetische Landschaften erzeugen lassen.
Hrabec ist überzeugt, dass die Arbeit des Forschungsteams noch viele andere Anwendungen erschließen wird, zum Beispiel auf dem Gebiet der Sensorik oder der Photonik, bei der man Licht zur Übertragung von Information nutzt. Denn durch die Lasererhitzung und die Kristallisation im Material kann man den Brechungsindex und damit die optischen Eigenschaften eines Materials verändern. Der große Vorteil des Laserglühens: Bei der verwendeten Apparatur handelt es sich um ein kommerzielles Gerät, das weltweit in vielen Labors bereits vorhanden ist. Es braucht dafür weder ein Vakuum noch andere spezielle Bedingungen. Damit kann man zudem in Sekundenschnelle erreichen, wofür es in einem Ofen Stunden benötigt. „Die große Stärke dieser Technik ist, dass sie günstig, schnell und gut verfügbar ist“, fasst Hrabec zusammen. [PSI / dre]
Weitere Informationen
- Originalveröffentlichung
L. J. Riddiford, J. A. Brock, K. Murawska, et al., Two-dimensional gradients in magnetic properties created with direct-write laser annealing, Nat. Commun. 16, 10979, 9. Dezember 2025; 10.1038/s41467-025-65921-7 - Mesoscopic Systems (Laura Heyderman), Paul Scherrer Institut / Department Materialwissenschaft, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
Anbieter
Paul Scherrer Institut PSIForschungsstrasse 111
5232 Villigen PSI
Schweiz
Meist gelesen

Eine neue Sorte von Zeitkristallen entdeckt
Ein exotisches Quantenphänomen zeigt sich unter Bedingungen, unter denen man es eigentlich nicht erwartet hätte.

Mysteriöses dunkles Objekt im fernen Universum
Gravitationslinse weist auf unsichtbaren Masseklumpen hin wie von der Theorie der kalten Dunklen Materie vorhergesagt.

Planeten halten Sonne im Zaum
HZDR-Fluiddynamik-Team führt vergleichsweise geringe solare Aktivität auf eine Synchronisation durch die Gezeitenwirkung der Planeten zurück.

Schwarze Löcher in alternativen Gravitationstheorien
Gibt es unterschiedliche Arten von Schwarzen Löchern? Neue Methode zusammen mit hochaufgelösten Beobachtungen stellt Einsteins Relativitätstheorie auf den Prüfstand.

James-Webb-Weltraumteleskop entdeckt seinen ersten Exoplaneten
TWA 7 b ist der leichteste Planet, der direkt abgebildet werden konnte, und ist eine wichtige Etappe hin zur Abbildung erdähnlicher Planeten.









