06.04.2023 • PlasmaMagnetismus

Magnete im richtigen Lichte betrachten

Messmethode zur Untersuchung magnetischer Materialien im weichen Röntgenbereich in einem Laserlabor realisiert

Um magnetischen Materialien ihre Geheimnisse zu entlocken, bedarf es der passenden Beleuchtung. Durch den magnetischen Röntgen­zirkular­dichroismus ist es möglich, die magnetische Ordnung in Nano­strukturen zu entschlüsseln und dabei unter­schied­lichen Schichten oder einzelnen chemischen Elementen zuzuordnen. Forschern am Max-Born-Institut in Berlin ist es gelungen, diese einzig­artige Messmethode im weichen Röntgen­bereich in einem Laserlabor zu realisieren. Dadurch können erstmals viele techno­logisch relevante Frage­stellungen auch außerhalb von Groß­forschungs­anlagen untersucht werden.

Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung des XMCD-Experi­mente. Das...
Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung des XMCD-Experi­mente. Das Weich­röntgen­licht einer Plasma­quelle wird nach der Trans­mission durch einen mag­ne­tischen Film zuerst zirkular pola­ri­siert. An­schlie­ßend kann damit die Mag­ne­ti­sie­rung in der eigent­lichen Probe exakt be­stimmt werden. (Bild: C. Tzschaschel)

Magnetische Nanostrukturen sind Teil unseres Alltags, etwa in Form von schnellen und kompakten Daten­speichern oder hoch sensiblen Sensoren. Einen großen Beitrag zum Verständnis vieler der relevanten magnetischen Effekte und Funktio­na­litäten liefert dabei eine besondere Messmethode: der magnetische Röntgen­zirkular­dichroismus, englische X-ray Magnetic Circular Dichroism, kurz XMCD. Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein funda­mentaler Effekt der Wechsel­wirkung zwischen Licht und Materie: In einem ferro­magnetischem Material gibt es ein Ungleich­gewicht an Elektronen mit einem Spin. Scheint man zirkular polari­siertes Licht, welches ebenfalls einen definierten Spin hat, durch einen Ferromagneten, kann man einen deutlichen Unterschied in der Transmission für eine parallele oder antiparallele Ausrichtung der beiden Spins beobachten – einen Dichroismus.

Dieser Zirkular­dichroismus magnetischen Ursprungs ist im Bereich weicher Röntgen­strahlung für die element­spezifischen Absorptions­kanten von Übergangs­metallen, wie Eisen, Nickel oder Kobalt, sowie von Seltenen Erden, wie Dysprosium oder Gadolinium, besonders stark ausgeprägt. Gerade diese Elemente sind für die technische Nutzung magnetischer Effekte besonders wichtig. Der XMCD-Effekt erlaubt dabei das magnetische Moment der jeweiligen Elemente auch in verdeckten Lagen in einem Material sehr genau zu bestimmen, ohne das Probensystem zu beschädigen.

Werden zudem sehr kurze Röntgenpulse mit zirkularer Polarisation verwendet, können sogar ultra­schnelle Magnetisierungs­prozesse auf Femto- oder Piko­sekunden­skala verfolgt werden. Leider war der Zugang zu der dafür benötigten Röntgen­strahlung bis jetzt nur an wissen­schaft­lichen Großgeräten, wie Synchrotron­strahlungs­quellen oder Freien-Elektronen-Lasern, möglich und dadurch stark limitiert.

Dem Team um Daniel Schick ist es nun erstmals gelungen, XMCD-Experimente an den L-Absorptions­kanten von Eisen bei einer Photonen­energie von etwa 700 eV in einem Laserlabor zu realisieren. Als Röntgen­licht­quelle diente dabei eine laser­getriebene Plasmaquelle, bei der sehr kurze und intensive optische Laserpulse auf einen Zylinder aus Wolfram fokussiert werden. Das erzeugte Plasma strahlt dabei sehr viel Licht im relevanten Spektral­bereich kontinuierlich von 200 bis 2000 eV mit einer Pulsdauer von weniger als zehn Piko­sekunden ab. Aufgrund des stochas­tischen Erzeugungs­prozesses im Plasma ist jedoch eine sehr wichtige Voraus­setzung zur Beobachtung vom XMCD nicht gegeben – die Polarisation des Röntgenlichts ist nicht wie erforderlich zirkular, sondern völlig zufällig.

Daher nutzten die Forscher einen Trick: Das Röntgenlicht passiert zuerst einen magnetischen Polari­sations­filter in dem derselbe XMCD-Effekt, wie oben beschrieben, wirkt. Durch die polarisations­abhängige, dichroitische Transmission kann so nämlich auch ein Ungleich­gewicht an Photonen mit parallelen oder anti­parallelen Spin relativ zur Magneti­sierung des Filters erzeugt werden. Das nach Durchtritt durch den Polarisations­filter teilweise zirkular oder elliptisch polarisierte Röntgenlicht kann anschließend für das eigentliche XMCD-Experiment an einer magnetischen Probe genutzt werden.

Die Studie des Teams zeigt dabei, dass laser­basierte Röntgen­quellen immer weiter zu Strahlungs­quellen an wissen­schaft­lichen Großgeräten aufschließen. „Unser Konzept zur Erzeugung zirkular polari­sierter Weich­röntgen­strahlung ist nicht nur sehr flexibel einsetzbar, sondern aufgrund der Breit­bandig­keit unserer Lichtquelle auch herkömm­lichen Methoden in der XMCD-Spektroskopie teilweise überlegen“, sagt Martin Borchert vom MBI. Insbesondere eröffnet die bereits nachge­wiesene Pulsdauer der erzeugten Röntgenpulse von nur wenigen Pikosekunden viele Möglich­keiten, um auch sehr schnelle, etwa durch ultrakurze Lichtblitze ausgelöste, Magneti­sierungs­prozesse zu beobachten und letzt­endlich im Detail zu verstehen.

MBI / RK

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