Starke Laser magnetisieren Festkörper in Attosekunden
Simulationen zeigen bislang schnellste vorhergesagte magnetische Reaktion.
Intensives Laserlicht kann Magnetismus in Festkörpern in wenigen Attosekunden erzeugen – die bislang schnellste vorhergesagte magnetische Reaktion. Zu diesem Ergebnis kamen Theoretiker des MPI für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg, die den Magnetisierungsprozess in verschiedenen 2D- und 3D-Materialien mit Hilfe fortschrittlicher Simulationen untersuchten. Ihre Berechnungen zeigen, dass in Strukturen mit schweren Atomen die durch Laserpulse ausgelöste schnelle Elektronendynamik in Attosekunden-Magnetismus umgewandelt werden kann.
Das Team konzentrierte sich auf mehrere 2D- und 3D-Materialsysteme, die Ergebnisse gelten jedoch für alle Materialien, die schwere Atome enthalten. „Schwere Atome sind hier besonders wichtig, weil sie eine starke Spin-Orbit-Wechselwirkung hervorrufen“, erklärt Ofer Neufeld vom MPSD. „Diese Wechselwirkung ist der Schlüssel zur Umwandlung der lichtinduzierten Elektronenbewegung in Spinpolarisation – mit anderen Worten: In Magnetismus. Andernfalls würde das Licht einfach nicht mit dem Spin der Elektronen wechselwirken.“
Die Spinrichtung jedes Elektrons hängt von der chemischen Umgebung ab, also welche Atome es „sehen“ kann und wo sich andere Elektronen befinden. In nichtmagnetischen Materialien drehen sich die Elektronen gleichmäßig in alle Richtungen. Richten sich dagegen die Spins der einzelnen Elektronen so aus, dass sie in dieselbe Richtung zeigen, wird das Material magnetisch.
Die Theoretiker wollten untersuchen, welche magnetischen Phänomene auftreten können, wenn Festkörper mit intensiven, linear polarisierten Laserpulsen wechselwirken, die normalerweise Elektronen auf sehr kurzen Zeitskalen im Inneren der Materie beschleunigen. „Diese Bedingungen sind ein faszinierendes Forschungsgebiet, denn wenn die Laserpulse eine lineare Polarisation haben, geht man normalerweise davon aus, dass sie keinen Magnetismus hervorrufen“, sagt Neufeld.
Überraschenderweise zeigten die Simulationen jedoch, dass diese besonders leistungsstarken Laser tatsächlich Materialien magnetisieren, auch wenn der Magnetismus nur vorübergehend ist: Er existiert lediglich für die Dauer des Laserpulses. Die bemerkenswerteste Erkenntnis betrifft jedoch die Geschwindigkeit dieses Prozesses. Die Magnetisierung entwickelt sich in weniger als fünfhundert Attosekunden, was eine Vorhersage für die schnellste magnetische Reaktion überhaupt darstellt.
Mithilfe fortschrittlicher Computersimulationen zur Erklärung des zugrunde liegenden Mechanismus zeigte das Team, dass das intensive Licht die Spins der Elektronen hin- und herbewegt. Der Laser beschleunigt die Elektronen innerhalb weniger hundert Attosekunden auf kreisförmige Bahnen. Diese starken Spin-Bahn-Wechselwirkungen bestimmen wiederum die Spinrichtungen.
Die Ergebnisse bieten faszinierende neue Einblicke in die Grundlagen der Magnetisierung, sagt Neufeld: „Wir haben festgestellt, dass es sich um einen hochgradig nichtlinearen Effekt handelt, der durch die Eigenschaften des Lasers gesteuert werden kann. Die Ergebnisse deuten darauf hin, auch wenn sie es nicht eindeutig beweisen, dass die ultimative Geschwindigkeitsgrenze für Magnetismus bei einigen Dutzend Attosekunden liegt, denn das ist die natürliche Geschwindigkeitsgrenze elektronischer Bewegungen.“ Das Verständnis dieser fundamentalen lichtinduzierten Magnetisierungsprozesse in diversen Materialien ist ein entscheidender Schritt zur Entwicklung ultraschneller Speichergeräte und verändert das derzeitige Verständnis von Magnetismus.
MPSD / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
O. Neufeld et al.: Attosecond magnetization dynamics in non-magnetic materials driven by intense femtosecond lasers, npj Comput. Mater. 9, 39 (2023); DOI: 10.1038/s41524-023-00997-7 - Abt. Theorie, Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie, Hamburg