11.04.2023 • LaserMagnetismus

Starke Laser magnetisieren Festkörper in Attosekunden

Simulationen zeigen bislang schnellste vorhergesagte magnetische Reaktion.

Intensives Laserlicht kann Magnetismus in Festkörpern in wenigen Atto­sekunden erzeugen – die bislang schnellste vorher­gesagte magnetische Reaktion. Zu diesem Ergebnis kamen Theoretiker des MPI für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg, die den Magneti­sierungs­prozess in verschiedenen 2D- und 3D-Materialien mit Hilfe fort­schritt­licher Simulationen untersuchten. Ihre Berechnungen zeigen, dass in Strukturen mit schweren Atomen die durch Laserpulse ausgelöste schnelle Elektronen­dynamik in Atto­sekunden-Magnetismus umgewandelt werden kann.

Abb.: Das Material wird einem inten­siven Laser­puls aus­ge­setzt, der die...
Abb.: Das Material wird einem inten­siven Laser­puls aus­ge­setzt, der die Aus­rich­tung der Spins auf Zeit­skalen von etwa hundert Atto­sekunden aus­löst. (Bild: J. Harms, MPSD)

Das Team konzentrierte sich auf mehrere 2D- und 3D-Material­systeme, die Ergebnisse gelten jedoch für alle Materialien, die schwere Atome enthalten. „Schwere Atome sind hier besonders wichtig, weil sie eine starke Spin-Orbit-Wechsel­wirkung hervorrufen“, erklärt Ofer Neufeld vom MPSD. „Diese Wechsel­wirkung ist der Schlüssel zur Umwandlung der licht­induzierten Elektronen­bewegung in Spin­polari­sation – mit anderen Worten: In Magnetismus. Andernfalls würde das Licht einfach nicht mit dem Spin der Elektronen wechsel­wirken.“

Die Spinrichtung jedes Elektrons hängt von der chemischen Umgebung ab, also welche Atome es „sehen“ kann und wo sich andere Elektronen befinden. In nicht­magne­tischen Materialien drehen sich die Elektronen gleichmäßig in alle Richtungen. Richten sich dagegen die Spins der einzelnen Elektronen so aus, dass sie in dieselbe Richtung zeigen, wird das Material magnetisch.

Die Theoretiker wollten untersuchen, welche magnetischen Phänomene auftreten können, wenn Festkörper mit intensiven, linear polari­sierten Laser­pulsen wechsel­wirken, die normaler­weise Elektronen auf sehr kurzen Zeitskalen im Inneren der Materie beschleunigen. „Diese Bedingungen sind ein faszinie­rendes Forschungs­gebiet, denn wenn die Laserpulse eine lineare Polari­sation haben, geht man normaler­weise davon aus, dass sie keinen Magnetismus hervor­rufen“, sagt Neufeld.

Überraschenderweise zeigten die Simulationen jedoch, dass diese besonders leistungs­starken Laser tatsächlich Materialien magnetisieren, auch wenn der Magnetismus nur vorüber­gehend ist: Er existiert lediglich für die Dauer des Laserpulses. Die bemerkens­werteste Erkenntnis betrifft jedoch die Geschwindigkeit dieses Prozesses. Die Magneti­sierung entwickelt sich in weniger als fünfhundert Atto­sekunden, was eine Vorhersage für die schnellste magnetische Reaktion überhaupt darstellt.

Mithilfe fortschritt­licher Computer­simulationen zur Erklärung des zugrunde liegenden Mechanismus zeigte das Team, dass das intensive Licht die Spins der Elektronen hin- und herbewegt. Der Laser beschleunigt die Elektronen innerhalb weniger hundert Atto­sekunden auf kreis­förmige Bahnen. Diese starken Spin-Bahn-Wechsel­wirkungen bestimmen wiederum die Spin­richtungen.

Die Ergebnisse bieten faszinierende neue Einblicke in die Grundlagen der Magneti­sierung, sagt Neufeld: „Wir haben festgestellt, dass es sich um einen hochgradig nicht­linearen Effekt handelt, der durch die Eigen­schaften des Lasers gesteuert werden kann. Die Ergebnisse deuten darauf hin, auch wenn sie es nicht eindeutig beweisen, dass die ultimative Geschwindig­keits­grenze für Magnetismus bei einigen Dutzend Atto­sekunden liegt, denn das ist die natürliche Geschwindig­keits­grenze elektro­nischer Bewegungen.“ Das Verständnis dieser fundamentalen licht­indu­zierten Magneti­sierungs­prozesse in diversen Materialien ist ein entscheidender Schritt zur Entwicklung ultra­schneller Speicher­geräte und verändert das derzeitige Verständnis von Magnetismus.

MPSD / RK

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