Laserbeschleunigte Ionenstrahlen für Krebstherapie modelliert
Mittels hochintensiver frequenzmodulierter Laserpulse lassen sich theoretisch Protonenstrahlen hoher Qualität aus einem Gas erzeugen.
Kaum ein Gebiet in der Physik hat sich in den letzten Jahrzehnten so stürmisch entwickelt wie das der Hochleistungslaser. Und in der letzten Dekade war es hier vor allem die Möglichkeit der direkten Beschleunigung von geladenen Teilchen durch starke Laserfelder, die einen großen Schub bekommen hatte. Konventionelle Teilchenbeschleuniger-Anlagen könnten so zukünftig durch wesentlich kompaktere und kostengünstigere Einrichtungen ersetzt werden. Das ist besonders für die Tumortherapie mit Ionen interessant. Sie wird bereits erfolgreich eingesetzt – z. B. am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (Hit) – benötigt aber neben einem konventionellen Beschleuniger für eine optimale Bestrahlung aus allen Raumrichtungen im Rasterscanverfahren zur Strahlablenkung ein aufwändiges Magnetsystem von mehreren 100 Tonnen Masse.
Abb.: Schema zur direkten Beschleunigung von Protonen durch einen intensiven frequenzmodulierten („chirped“) Laserpuls. (Bild: MPIK)
In früheren Arbeiten hatten Forscher der Abteilung von Christoph Keitel am Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg in Modellrechnungen untersucht, auf welchem Wege mittels extrem starker Lichtfelder Ionenstrahlen mit den gewünschten Eigenschaften erzeugt werden können. Die Erforschung der Beschleunigungsmechanismen war aber nur der erste Schritt. Eine wesentliche Herausforderung liegt in der Entwicklung geeigneter Quellen zur Erzeugung der zu beschleunigenden Ionen in der erforderlichen Dichte. Herkömmliche Ionenquellen sind davon noch viele Größenordnungen entfernt.
Eine alternative Möglichkeit stellen Laser-Ionenquellen dar, in denen ein Laser zunächst ein Target ionisiert und die so gewonnenen Ionen beschleunigt. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der American University of Sharjah (Vereinigte Arabische Emirate) und der Universität Rostock konnte die Heidelberger Gruppe nun theoretisch zeigen, dass durch Beschuss eines Wasserstoff-Gastargets mit speziellen hochintensiven Laserpulsen Protonenstrahlen mit bisher unerreichter Energie und Qualität erzeugt werden können.
Hierbei wird das Gas zunächst zu Beginn des Laserpulses bei ansteigender Intensität rasch ionisiert und die Elektronen von den schwereren Protonen weg beschleunigt, wobei sie relativistische Energien erreichen. Bei genügend hoher Stärke des Laserfeldes werden schließlich auch die Protonen direkt durch das Feld beschleunigt. „Damit dies möglichst effizient geschieht, haben wir frequenzmodulierte Laserpulse betrachtet“, erklärt Benjamin Galow. Ein gewöhnlicher Laserpuls mit fester Frequenz erzeugt praktisch keine Beschleunigung der schweren Ionen, da sich die Wirkung des hin- und her oszillierenden Feldes letztlich ausmittelt. Diese Symmetrie wird bei einem frequenzmodulierten Laserpuls gebrochen.
Abb.: (a) Oszillierende Feldstärke eines gewöhnlichen Laserpulses fester Frequenz. (b) Spezieller frequenzmodulierter Laserpuls zur Beschleunigung von Protonen. (Bild: MPIK)
Anhand mathematischer Modellrechnungen, die durch Computersimulationen unter realistischen Plasmabedingungen bestätigt wurden, demonstrieren die Forscher, dass mit verfügbaren Laserintensitäten (ca. 10^21 Watt pro Quadratzentimeter) Protonen von 250 Megaelektronenvolt Energie mit nur einem Prozent Energiebreite in dichten Paketen von 10 Millionen Teilchen erzeugt werden können – dies entspricht auch den grundsätzlichen Anforderungen für eine mögliche Anwendung in der Tumortherapie.
Hierfür müssten die Strahlen nach der Beschleunigung allerdings noch ionenoptisch bearbeitet werden, um Schwankungen der Laserpulse zu kompensieren, was im Moment noch eine technische Herausforderung darstellt. Zukünftige Lasersyste könnten darüber hinaus die Möglichkeit eröffnen, energiescharfe Protonenstrahlen von mehreren Gigaelektronenvolt Energie zu erzeugen.
MPIK / PH