Laserpulse steuern chemische Prozesse
Extrem kurze Laserpulse beeinflussen die leichten Elektronen, die trägen Atomkerne spüren den Laser kaum.
Häufig laufen chemische Reaktionen ganz von selbst ab. Doch man kann chemische Reaktionen auch gezielt steuern. Forscher an der TU Wien verändert man mit Laserpulsen im Femtosekunden-Bereich die Verteilung der Elektronen im Molekül. Weil dieser Eingriff so extrem kurz ist, hat er zunächst kaum einen Einfluss auf die Atomkerne, die viel träger sind als die Elektronen. Trotzdem leitet die gezielte Störung der Elektronenverteilung chemische Vorgänge ein und trennt die Atomkerne letztlich voneinander. Die Eigenschaften des Laserpulses bestimmen, welche chemischen Endprodukte schließlich entstehen.
Abb.: Kurze Laserpulse interagieren mit Ethylen. (Bild: TU Wien)
In der Chemie kann man sich zwar aussuchen, welche Moleküle man miteinander in Kontakt bringt – doch zu welcher Reaktion es dann tatsächlich kommt, hängt von den beteiligten Molekülen und eventuell von der Umgebungstemperatur ab. Den Ablauf der Reaktion selbst kann man normalerweise nicht direkt beeinflussen. Ein Forschungsteam vom Institut für Photonik der TU Wien konnte nun aber die Aufspaltung von Kohlenwasserstoffen wie Ethylen (C2H4) oder Acetylen (C2H2) in kleinere Bruchstücke mit Laserpulsen gezielt herbeiführen.
„Wir verwenden dazu zwei verschiedene Laserpulse“, erklärt Markus Kitzler. „Der erste Laserpuls dauert etwa 50 Femtosekunden und versetzt die Moleküle in unterschiedlich schnelle Rotation.“ Nach kurzer Zeit haben sich dann die Moleküle alle in ungefähr derselben Richtung ausgerichtet – dann folgt der zweite Laserpuls, der mit weniger als fünf Femtosekunden bei seiner Frequenz nicht einmal zwei Lichtschwingungen dauert. Dieser Puls ändert den Zustand der Elektronen, er kann sogar Elektronen aus dem Molekül herausreißen.
Elektronen sind viel leichter als Atomkerne. Daher lassen sich zwar die Elektronen im Molekül durch einen ultrakurzen Laserpuls ganz dramatisch beeinflussen, die schweren Atomkerne hingegen sind viel zu träge, um sich in dieser kurzen Zeit merklich zu bewegen. Werden allerdings genau die richtigen Elektronen aus dem Molekül entfernt, lässt sich erreichen, dass das Molekül an einer gewünschten Stelle auseinanderbricht, so dass etwa aus Acetylen (C2H2), CH2+, CH+, oder Kohlenstoff-Ionen (C+) entstehen. „Verschiedene Reaktionspfade sind möglich, wir können diese Pfade nun erstmals voneinander unterscheiden und gezielt steuern, welcher Pfad eingeschlagen werden soll“, erklärt Markus Kitzler.
Der extrem kurze Lichtblitz löst einen chemischen Prozess aus, dessen Ablauf eigentlich viel länger dauert, ähnlich wie eine sehr kurze Explosion an genau den richtigen Stellen ein großes Gebäude zuerst zum Wanken und nach einer gewissen Zeit schließlich zum Einstürzen bringen kann. Die Zusammensetzung der chemischen Endprodukte lässt sich durch eine ganze Reihe von Parametern steuern: Die Ausrichtung der Moleküle durch den ersten Laserpuls, die Dauer und Intensität des zweiten Pulses, der die Moleküle ionisiert.
TU Wien / PH