Lautlos im Weltraum
Ende Februar 2004 startet die Raumsonde Rosetta zum Kometen 67/P Churyumov-Gerasimenko.
Ende Februar 2004 startet die Raumsonde Rosetta zum Kometen 67/P Churyumov-Gerasimenko.
Der Countdown für das Rendezvous läuft bereits seit dem ersten März 1997. Ende Februar 2004 wird „Rosetta“, eine Raumsonde der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA, auf den Weg zum Kometen Churyumov-Gerasimenko gebracht. Zum ersehnten Tête-a-tête wird es jedoch erst Mitte 2014 kommen. Rosetta soll wenige Monate nach ihrer Ankunft eine Landesonde absetzen und wird den Kometen fast zwei Jahre lang aus nächster Nähe erforschen.
„Wir betreten mit dieser Mission Neuland, denn es gab noch nie eine Begegnung mit einem Kometen, bei der ein Satellit länger bei seinem Untersuchungsobjekt verweilte“, erklärt Gerhard Schwehm, leitender Wissenschaftler des Rosetta-Projekts. Der Weg bis zum vereinbarten Treffpunkt ist weit, liegt er doch ungefähr 675 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt. Zehn Jahre wird Rosetta für diese Exkursion benötigen und auf ihrem Weg insgesamt mehr als 5 Milliarden Kilometer zurücklegen.
So soll es im Jahr 2014 einmal aussehen: Die Raumsonde Rosetta zieht am Lander vorbei, der gerade auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko aufgesetzt hat. (Quelle: Astrium/Erik Viktor)
Start im Februar 2004
Eine Ariane-5-Rakete schickt Rosetta vom Weltraumbahnhof in Kourou/Französisch-Guayana am 26. Februar 2004 auf die Reise. Kurz nach dem Start werden die Sonnenpaneele ausgeklappt und auf die Sonne ausgerichtet, um Energie zu tanken. Fließt der Solarstrom, werden nach und nach alle Systeme und Experimente in Betrieb genommen und geprüft –schon nach drei Monaten ist die erste aktive Phase vorbei, gefolgt von einer abschließenden Überprüfung der Experimente im Oktober 2004. Die folgenden Jahre vergehen auf einer einsamen Reise in Richtung Komet über die Zwischenstationen Erde, Mars, Erde und nochmals Erde.
Dieser „Umweg“ ist nötig, denn selbst eine der stärksten Raketen, die zur Zeit zur Verfügung stehen, die Ariane-5, hat nicht genug Kraft, die Sonde direkt zum Kometen zu bringen. Um genügend Schwung zu bekommen, braucht sie die Gravitationsenergie von Mars (2007) und dreimal von der Erde (2005, 2007 und 2008). So genannte „Swing-by-Manöver“ geben ihr jeweils neuen Schub.
Asteroiden pflastern ihren Weg
Die Route wird durch mindestens eine Begegnung mit einem Asteroiden ein wenig unterhaltsamer gestaltet: Ende 2008 nähert sich Rosetta einem Asteroiden. Diese Weltraumkörper sind berg- bis gebirgsgroße Brocken, die wie Planeten in einer Umlaufbahn um die Sonne kreisen.
„Wir nutzen diese Begegnungen für wissenschaftliche Studien und können dabei zugleich Rosettas Forschungsinstrumente testen“, meint Gerhard Schwehm. Die Erforschung der Asteroiden dient auch einem ganz praktischen Zweck: „Je mehr wir über sie wissen, desto eher können wir vielleicht eines Tages einem möglichen Einschlag vorbeugen.“ Nach einer Ruhephase wird im Mai 2011 der Kurs ein letztes Mal korrigiert. Ab Juli 2011 herrscht erneut für zweieinhalb Jahre Funkstille – Rosetta fliegt dann ganz auf sich gestellt in die Nähe der Jupiterumlaufbahn.
Rendezvous 2014
Im Januar 2014 schließlich wird die Raumsonde wieder aktiviert und nähert sich Churyumov-Gerasimenko bis Oktober 2014 auf wenige Kilometer Abstand. Dann wird der Traum der Wissenschaftler Wirklichkeit. Nachdem sie ihre kostbare Fracht den „Lander“ abgesetzt hat, bleibt Rosetta in einer Umlaufbahn um Churyumov-Gerasimenko. Gemeinsam fliegen sie weiter während der nächsten 17 Monate der Sonne entgegen.
Rosetta wurde von einem internationalen Konsortium unter der Federführung Astriums gebaut. Die Landesonde hingegen wurde unter der Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln entwickelt. Weitere Mitglieder sind die ESA und Institute aus Österreich, Finnland, Frankreich, Ungarn, Irland, Italien und Großbritannien.
An Bord des kleinen Kometenerkunders befinden sich zehn wissenschaftliche Instrumente. Sie sollen dem Kometen vor Ort die Geheimnisse seiner chemischen und physikalischen Zusammensetzung entlocken – auch magnetische und elektrische Eigenschaften werden erfasst. Mit einer speziellen Kamera nimmt die Landesonde Bilder im Makro- und Mikrobereich auf und sendet alle gewonnen Daten – mit einem kleinen Umweg über Rosetta – direkt zur Erde.
„Wir haben das erste Mal die Möglichkeit, beim Erwachen eines Kometen vor Ort dabei zu sein“, erklärt der Wissenschaftler. Wenn sich Churyumov-Gerasimenko der Sonne auf ungefähr 500 Millionen Kilometer genähert hat, werden die gefrorenen Gase verdampfen und dabei Staub über hunderttausende von Kilometern mit sich reißen. Von der Sonne beschienen, zeigt sich dann auch auf der Erde der typische Kometenschweif. Die Prozesse auf einem Kometenkern wurden noch nie zuvor so genau beobachtet und gemessen, denn alle anderen Sonden flogen bislang nur an Kometen vorbei. „Da wir Churyumov-Gerasimenko zwei Jahre lang begleiten, bis er den sonnennächsten Punkt erreicht hat, haben wir endlich die Chance, neue Erkenntnisse über Kometen zu gewinnen. Wir sind sicher, dass wir jetzt den Antworten nach der Entstehung und Entwicklung unseres Sonnensystems und des Lebens auf der Erde ein Stück näher kommen.“
Quelle: ESA
Weitere Infos:
- Rosetta-Seite der ESA:
http://www.esa.int/rosetta - Überblick ESA-Projekte:
http://www.esa.int/science