Stadtklima: Leben im urbanen Backofen
Der Sommer steht vor der Tür – und auch das Thema Hitzewellen. Wie Städte trotzdem lebenswert bleiben können, steht in der neuen „Physik in unserer Zeit“.
2007 lebten weltweit zum ersten Mal mehr Menschen in Städten als im ländlichen Raum. Das 21. Jahrhundert wird daher oft als das Jahrhundert der Städte bezeichnet: Urbane Räume werden zur zentralen Organisationsform nahezu aller menschlichen Gesellschaften. Der globale Megatrend des urbanen Wachstums betrifft vor allem die Kontinente Asien und Afrika. In Deutschland findet – nach einer langen Phase der Suburbanisierung von Bevölkerung in ländliche Regionen – seit Beginn dieses Jahrtausends eine Phase der Reurbanisierung statt.

Warum interessiert die Stadt neben den Sozialwissenschaften auch die Klimawissenschaft? Städte bilden ein eigenes Lokalklima, das sich zum Teil wesentlich vom Klima des ländlichen Umfelds unterscheidet. Dies betrifft nahezu alle meteorologischen Parameter wie Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchte und abgeleitete Größen wie die Wärmebelastung der Stadtbewohner. Die erste umfangreiche wissenschaftliche Abhandlung zum Stadtklima erschien bereits 1833, also vor etwa 200 Jahren, in dem Buch „The Climate of London“ des britischen Pioniers der modernen Meteorologie, Luke Howard (1772-1864).
Mit dem Beginn der industriellen Revolution und dem schnell ansteigenden Ausstoß von Treibhausgasen durch Verbrennungsprozesse setzte eine sich in den letzten Jahren verstärkende globale Erderwärmung ein. Der Weltklimarat (IPCC) mahnt, dass mit jeder zusätzlichen Tonne CO2 und dem damit verbundenen Temperaturanstieg Wetterextreme zunehmen werden, wie Starkregenereignisse, Hitzewellen oder langanhaltende Trockenphasen. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte und Vulnerabilität der Bewohner zählen Städte und Gemeinden zu den am stärksten betroffenen Gebieten: Sie sind somit einerseits in Form von Hitzebelastung und Überflutungen durch den Klimawandel betroffen, während sie ihn andererseits durch die städtisch verursachten Treibhausgasemissionen mit verursachen.
Die meteorologische Weltorganisation (WMO) definiert das Stadtklima als ein Lokalklima, das sich vom Klima der Umgebung durch die Effekte der Bebauung und der Emissionen unterscheidet. Die tagsüber in den Gebäudeoberflächen und versiegelten Flächen wie Straßen und Plätzen gespeicherte Energie, im Sommer vor allem aus der solaren Einstrahlung, wird in den Abendstunden langsam abgegeben und verhindert eine rasche Abkühlung der bodennahen Luftschichten in der Stadt. Dies führt dazu, dass die Innenstadt in Metropolen wie Köln am Ende heißer Sommertage mehr als 10 °C wärmer sein kann als das Umland. Für die Stadtbevölkerung, insbesondere ältere oder aus anderen Gründen vulnerable Menschen, kann eine solche Hitze gefährlich werden. Doch Städte können auch wirksame Gegenmaßnahmen treffen, Flächen entsiegeln und begrünen, für bessere Beschattung und Durchlüftung aus dem Umland sorgen.
Wichtig für eine klimaangepasste Stadtplanung sind Daten und Fakten aus der Stadtklimatologie. Wie diese Disziplin der Klimatologie mit Messungen in und Klimasimulationen für urbane Zentren arbeitet und mit welchen Konzepten Städte besser auf die Folgen des Klimawandels reagieren können, das beschreibt Guido Halbig in seinem umfassenden Artikel in der aktuellen „Physik in unserer Zeit“. Halbig hat viele Jahre in der Stadtklimatologie des Deutschen Wetterdiensts als Wissenschaftler und Berater gearbeitet. Sein Artikel ist online frei lesbar.
Behalten Sie auch an den heißen Sommertagen einen kühlen Kopf!
Ihre Redaktion