Lebendig unter dem Mikroskop
Neuartige Methode ermöglicht es, Zellstrukturen und -bewegung bei lebenden Tieren aufzulösen
Mikroskope liefern wertvolle Einsichten in Struktur und Dynamik von Zellen. Insbesondere, wenn diese in Ihrer natürlichen Umgebung verbleiben können. Gerade bei höheren Organismen ist dies jedoch sehr schwierig. Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz (MPI-P) und dem National Institutes of Health der USA (NIH) stellen nun eine neue Methode vor, mit der sie Zellstrukturen von einem achtel Mikrometer Größe in lebenden Fischlarven sichtbar machen.
Abb.: Unter grünem Fluoreszenzlicht lassen sich die Zellstrukturen, hier die Mikrotubuli, an lebenden Fischembryonen beobachten. (Bild: NIH, KIT)
„Der Zebrabärbling eignet sich sehr gut für genetische Studien an Zellen, denn seine Larven sind komplett durchsichtig“, erklärt Marina Mione vom KIT. Um bestimmte Strukturen sichtbar zu machen, werden diese fluoreszierend eingefärbt, meist über gentechnische Methoden. In der aktuellen Studie interessierten Mione Teile des zellularen Skeletts der Fische, die sogenannten Mikrotubuli. Die fadenförmigen Strukturen haben eine länge von rund hundert Mikrometern und einen Durchmesser von zirka zwanzig Nanometern, also dem Hunderttausendstel eines Haares. „Mikrotubuli kommen überall in der Zelle vor und sind für ihre Teilung und Bewegung notwendig“, erläutert Mione.
Für das neue Mikroskopverfahren wird das Objekt nicht komplett ausgeleuchtet, sondern nur punktformig mit speziellem Licht. Das minimiert Streulicht und bildet das eine angeleuchtete Detail scharf ab. Eine Serie von Bildern mit unterschiedlicher Beleuchtung lässt sich schließlich von einem Computer zu einem Gesamtbild zusammenstellen. Durch geschicktes Ausleuchten wird es sogar möglich, die Tiefenschärfe zu justieren, Bilder von verschiedenen Tiefenebenen zu machen und am Computer zu einem dreidimensionalen Bild zu verbinden. „Mittlerweile lassen sich so Auflösungen von 145 Nanometer in der Ebene und 400 Nanometern dazwischen verwirklichen“, sagt Mione. „Vielmehr kann man über eine Serie von Aufnahmen auch Videos von der Bewegung der Mikrotubuli machen. Im Experiment wurde über einen Zeitraum von einer Stunde beobachtet, wie sich etwa 45 Mikrometer unter der Haut des Fisches das Frühstadium des Seitenlinienorgans bildet, mit dem Fische im Wasser Bewegungsreize wahrnehmen können. Solche Aufnahmen am lebenden Organismus liefern wertvolle Erkenntnis über Entwicklung von Wirbeltieren auf zellularer Ebene.
Der tropische Süßwasserfisch vereint eine Reihe von Vorteilen als genetischer Modellorganismus. Er ist klein genug, um ihn problemlos zu züchten und groß genug, um einzelne Organe leicht zu unterscheiden, er hat einen kurzen Generationszyklus und produziert viele Nachkommen. Als Wirbeltier teilt er zahlreiche mikrobiologische Eigenschaften mit dem Menschen.
KIT / OD