Lebensfreundliche Exomonde um einsame Planeten
Lebensfördernde Eigenschaften von Monden um freifliegende Planeten analysiert.
Flüssiges Wasser gehört zu den wichtigsten Bedingungen für die Entstehung von Leben, wie wir es auf der Erde kennen. Forscher des Origins-Clusters aus den Bereichen Astrophysik, Astrochemie und Biochemie haben nun erstmals in einer neuartigen, interdisziplinären Zusammenarbeit die notwendigen Eigenschaften von Monden um freifliegende Planeten ermittelt, um flüssiges Wasser ausreichend lange zu speichern und somit Leben zu ermöglichen.
Für die Entstehung von Leben auf der Erde ist flüssiges Wasser eine entscheidende Komponente. Obwohl bisher erst ein Planet bekannt ist, auf dem Leben entstand, nimmt die Wissenschaftswelt an, dass auch anderswo das Vorkommen von flüssigem Wasser eine zentrale Rolle in der chemischen Entwicklung spielt, die zur Entwicklung von Leben führen kann. In und außerhalb unseres Sonnensystems definiert die habitable Zone einen ringförmigen Bereich um das Zentralgestirn, in dem es auf Planeten weder zu heiß noch zu kalt für flüssiges Wasser ist. Auch Monde können habitabel sein – sogar, wenn sie zu Planeten jenseits der habitablen Zone gehören. Dazu müssen sie anstelle der Sternwärme allerdings eine andere Heizquelle aufweisen, beispielsweise wechselnde Gezeitenkräfte. So verbirgt sich dank Gezeitenheizung unter der Eiskruste des Saturnmondes Enceladus ein Ozean aus flüssigem Wasser.Barbara Ercolano
Die Entdeckung dutzender freifliegender Planeten in unserer Galaxis hat das Verständnis der frühen Evolution von Planetensystemen und die Theorien zur Planetenentstehung verändert. Diese einsamen Wanderer wurden vermutlich durch dynamische Instabilitäten aus ihren Planetensystemen ausgestoßen und haben somit keinen Mutterstern mehr. Sie können jedoch, wenn sie Monde auf engen Umlaufbahnen haben, diese durch ihre Schwerkraft an sich binden. Am besten funktioniert das bei jupiterähnlichen Planeten mit erdgroßen Monden. So entstehen neue, unerwartete Orte, wo sich Leben bilden könnte.
In einer früheren Studie zu flüssigem Wasser auf Monden sternloser Planeten demonstrierten Forscher des Origins-Clusters, dass erdgroße Monde um jupiterähnliche Planeten tatsächlich flüssiges Wasser aufweisen könnten. Die Ergebnisse legten nahe, dass die auf Mondoberflächen möglichen Wassermengen nur einen Bruchteil des Gesamtvolumens aller irdischen Ozeane beträgt, was aber immer noch ein Hundertfaches des Wassergehalts der Erdatmosphäre ist. Diese Menge reicht bereits, um chemische Prozesse anzukurbeln, die zu Leben führen können. Lokale Nass-Trocken-Kreisläufe (verdunsten und kondensieren) bieten, wie kürzlich Origins-Wissenschaftler in einer Studie zu den ersten Schritten der Evolution gezeigt haben, die notwendige chemische Komplexität, die eine Ansammlung von Molekülen und die Polymerisation von RNA fördern könnten.
Die Umlaufbahn von Exomonden um freifliegende Planeten wird mit der Zeit weniger exzentrisch und mehr kreisförmig. Dadurch verringern sich die Gezeitenkräfte und folglich auch die Heizeffizienz. In einer einzigartigen Zusammenarbeit baute nun die Doktorandin Giulia Roccetti (ESO) unter Anleitung von Barbara Ercolano (LMU, Astrophysik), Karan Molaverdikhani (LMU), Tommaso Grassi (MPE, Astrochemie) und Dieter Braun (LMU, Biochemie) ein neues, realistisches Modell, das die Entwicklung von Mondbahnen über lange Zeiten berechnen kann. Dabei handelt es sich um Zeitskalen von einigen Milliarden Jahren, wie sie für die Entwicklung des Lebens notwendig sind.
„Auf diese Weise fanden wir heraus, dass Exomonde mit kleinen Bahnradien nicht nur die größten Chancen haben, den Rauswurf ihres Planeten aus seinem Planetensystem zu überleben, sondern auch über den längsten Zeitraum exzentrisch bleiben“, erklärt Giulia Roccetti. Zudem begünstigen dichte Atmosphären die Chance, flüssiges Wasser zu erhalten. Somit sind insbesondere erdgroße Monde mit venusähnlichen Atmosphären, die kleine Abstände zu ihrem Planeten haben, Kandidaten für habitable Welten.
Exzellenzcluster Origins / DE