17.01.2013

Leerer Raum als Vergrößerungslinse

Relativistische Effekte können bei großräumigen, leeren Strukturen im All dahinter liegende Objekte erhellen.

Kosmische Voids sind gigantische leere Räume, die sich über etliche Dutzend bis Hundert Millionen Lichtjahre erstrecken können. Sie enthalten sehr wenig Materie und machen über die Hälfte des Universums aus. Bislang dachte man, diese Regionen wirkten wie eine Verkleinerungslinse auf hindurch fliegende Photonen. Dies entspräche den üblichen Gesetzen der geometrischen Optik, denen zufolge der Brechungsindex eines Mediums die Ausbreitung von Lichtwellen bestimmt. Die extrem geringe Dichte der Voids sollte also hinter ihnen liegende Objekte etwas kleiner und dunkler erscheinen lassen.

Abb.: Auch in der Millennium-Simulation entsteht immer wieder leerer Raum (Void) zwischen Materiefilamenten. (Bild: V. Springel, MPA)

Eine Gruppe von Astronomen der Universitäten in Sydney, Kapstadt und Portsmouth hat diesen Effekt nun genauer untersucht und ist dabei auf eine überraschende Einsicht gestoßen: Relativistische Korrekturen führen dazu, dass genau das Gegenteil des erwarteten Falls eintritt. Nicht nur massive Strukturen im All können als Gravitationslinsen entfernte Objekte heller erscheinen lassen, sondern interessanterweise auch ihr materiearmes Gegenstück, die kosmischen Voids.

Der Effekt bedingt sich dadurch, dass die gigantischen Leerräume sich im Durchschnitt schneller ausdehnen als der Rest des Kosmos. Über die riesigen Distanzen führt dies zu einer Reihe von relativistischen Korrekturen, die sich auf die Lichtausbreitung auswirken. In erster Korrektur führt bereits ein relativistischer Doppler-Term dazu, dass die aufgrund der geringen Dichte der Voids leicht verkleinernde Eigenschaft mehr als aufgehoben wird. Dieser Doppler-Term wird üblicherweise vernachlässigt, spielt bei den enormen Ausdehnungen aber dennoch eine relevante Rolle. Er lässt Objekte hinter den Voids weiter entfernt erscheinen, als sie es wirklich sind. Deshalb sind sie heller als erwartet.

Zusätzlich zu den linearen Korrekturen treten noch signifikante nichtlineare Korrekturen auf, die den Effekt weiter verstärken. Die genaue Größe der Korrekturen hängt insbesondere von der lokalen Dynamik der Materie im Void und in seiner Nähe ab. Diese Resultate sind vor allem für die Interpretation von weitläufig angelegten Surveys von Belang, bei denen die Strukturen im All auf größter Skala untersucht werden.

Wie die Autoren erwähnen, könnte dieser Effekt einerseits die Rekonstruktion der Dichteverteilung im Universum beeinflussen. Andererseits eignet er sich möglicherweise zur Erklärung von Anomalien bei der Verteilung von Supernovae, die sich am Rand von Voids ereignet haben, im Gegensatz zu solchen in Galaxienhaufen. Mit Hilfe dieses Effekt könnte man aber auch die Erstreckung von Voids genauer bestimmen, indem die unterschiedliche Helligkeit von Objekten vor und hinter dem Void gemessen wird. Die Methode ließe sich vielleicht sogar nutzen, um die Verteilung von Dunkler Materie innerhalb der Voids zu ermitteln.

Dirk Eidemüller

OD

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