09.12.2021 • Leibniz-Preis

Leibniz-Preis: Attosekunden-Dynamik und kollidierende Neutronensterne

Die beiden Physiker Peter Hommelhoff und Gabriel Martínez-Pinedo erhalten einen der DFG-Leibniz-Preise 2022.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zeichnet je fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2022 aus. Darunter sind der experimentelle Laserphysiker Peter Hommelhoff von der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und der theoretische nukleare Astrophysiker Gabriel Martínez-Pinedo von der Technischen Universität (TU) Darmstadt. Der Preis ist mit jeweils 2,5 Millionen Euro dotiert, welche die Ausgezeichneten bis zu sieben Jahre lang nach eigenen Vorstellungen und ohne bürokratischen Aufwand für ihre Forschungsarbeit verwenden können.

Peter Hommelhoff forscht seit 2012 als Professor für Experimentalphysik an der...
Peter Hommelhoff forscht seit 2012 als Professor für Experimentalphysik an der Universität Erlangen-Nürnberg.

Peter Hommelhoff wird für seine fundamentalen Beiträge zur von starken Lichtfeldern getriebenen Elektronendynamik und der Nutzung von optischen Wellenformen von Laserpulsen, um Elektronen im Vakuum und in Festkörpern und an Festkörperoberflächen zu untersuchen, der Leibniz-Preis zuerkannt. Die Elektronendynamik in Atomen und Molekülen findet typischerweise in mehreren 100 Attosekunden statt – ein Zeitbereich, der erst seit etwa 15 Jahren experimentell zugänglich ist. Hommelhoff entwickelte Methoden, die zur Kontrolle der Elektronendynamik mit Lichtfeldern auf der Attosekunden-Zeitskala beigetragen haben, und lieferte grundlegende Beiträge zum Verständnis der Elektronendynamik in starken Feldern. Mit der Laserbeschleunigung von Elektronen an photonischen Strukturen begründete er ein neues Forschungsfeld; seine Untersuchungen dehnte er zuletzt auf die Ladungsträgerdynamik in Festkörpern aus.

Hommelhoff wurde 2002 an der Ludwig-Maximilians-Universität München in Physik promoviert, kurz darauf wechselte er als Postdoc nach Stanford. 2007 kehrte er nach Deutschland zurück und leitete zunächst eine Max-Planck-Forschungsgruppe in Garching. Direkt nach der Habilitation 2012 wurde er an die FAU Erlangen-Nürnberg berufen. Der Fellow am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts warb einen ERC Advanced Grant ein und leitet zusammen mit einem Kollegen aus Stanford das mit fast 20 Millionen US-Dollar geförderte Projekt ACHIP (Accelerator on a Chip International Project).

Gabriel Martínez-Pinedo hat seit 2011 eine Professur am Institut für...
Gabriel Martínez-Pinedo hat seit 2011 eine Professur am Institut für Theoretische Kernphysik an der TU Darmstadt inne.

Gabriel Martínez-Pinedo erhält den Leibniz-Preis 2022 für seine herausragenden Arbeiten in der theoretischen Astrophysik über die Synthese der schweren Elemente. Schwere Elemente mit Ordnungszahlen jenseits von Eisen entstehen bei extremen Neutronendichten. Wie die entsprechenden astrophysikalischen Prozesse ablaufen, hat er im Rahmen seiner Forschung untersucht: Nicht der Kollaps schwerer Sterne in Supernova-Explosionen ist – wie ursprünglich angenommen – der entscheidende Prozess, sondern das Verschmelzen von Neutronensternen. Darauf aufbauend sagte Martínez-Pinedo vorher, dass diese Ereignisse tausendmal heller als die in der Milchstraße bekannten Nova-Explosionen sein sollten. Eine solche „Kilo-Nova“ wurde 2017 erstmals mithilfe von Multimessenger-Beobachtungen verifiziert.

Nach seiner 1995 in Madrid abgelegten Promotion folgten für Gabriel Martínez-Pinedo Forschungsaufenthalte in Kalifornien, Aarhus, Basel und Barcelona. Seit 2005 arbeitet er an der TU Darmstadt und am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, dessen Theorieabteilung er heute leitet. Für seine Arbeiten zeichneten ihn unter anderem die Deutsche Physikalische Gesellschaft 2008 mit dem Gustav-Hertz-Preis aus und der European Research Council mit einem Advanced Grant.

Die offiziell als „Förderpreis im Gottfried Wilhelm Leibniz-Programm“ der DFG für das Jahr 2022 bezeichnete Auszeichnung erhalten außerdem Almut Arneth (Ökosystemforschung, Karlsruher Institut für Technologie), Marietta Auer (Rechtswissenschaften, MPI für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, Frankfurt/Main; Justus-Liebig-Universität Gießen), Iain Couzin (Verhaltensbiologie, MPI für Verhaltensbiologie, Konstanz; Universität Konstanz), Stefanie Dehnen (Anorganische Molekülchemie, Philipps-Universität Marburg), Eileen Furlong (Funktionelle Genombiologie, EMBL, Heidelberg), Mischa Meier (Alte Geschichte, Eberhard Karls Universität Tübingen), Karen Radner (Altorientalistik, Ludwig-Maximilians-Universität München), Moritz Schularick (Wirtschaftswissenschaften, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn).

Wann und in welchem Rahmen die Leibniz-Preise 2022 verliehen werden, steht wegen der Corona-Pandemie derzeit noch nicht fest.

Kerstin Sonnabend / DFG

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