Leichten Teilchen der dunkle Materie auf der Spur
Neue Technik der kernmagnetischen Resonanz um fünf Größenordnungen empfindlicher.
Ein internationales Forscherteam hat eine Labor-Methode zur Suche nach extrem leichten Teilchen der dunklen Materie – Axion-like Particles genannt – erfolgreich weiterentwickelt. Prinzipiell nutzen die Forscher in ihren Experimenten Techniken der kernmagnetischen Resonanz. Durch einen neuen Aufbau konnten sie die Empfindlichkeit um fünf Größenordnungen gegenüber früheren Experimenten steigern.
Woraus besteht die dunkle Materie? Als vielversprechende Kandidaten gelten extrem leichte bosonische Teilchen, etwa Axionen, Axion-like Particles und dunkle Photonen. Diese können als klassisches Feld angesehen werden, das mit einer bestimmten Frequenz oszilliert. Wie groß diese Frequenz – und demzufolge die Masse der Teilchen – ist, ist bisher nicht bekannt. Deshalb durchsuchen die Forscher mit ihren Experimenten systematisch unterschiedliche Frequenzbereiche nach Hinweisen auf dunkle Materie.
„Dabei gibt es noch viel zu tun, denn einen großen Massebereich, der für ALPs in Frage kommt, haben wir noch nicht überprüft“, sagt Dmitry Budker vom Exzellenzcluster PRISMA+ an der Uni Mainz. „Dabei setzen wir weiter auf das Prinzip der Kernspinresonanz, also die Tatsache, dass Kernspins auf Magnetfelder reagieren, die mit einer bestimmten Resonanzfrequenz schwingen. Die Stärke dieses Resonanzsignals bestimmen wir mit einem empfindlichen Magnetometer.“
Die Grundannahme der Experimente: Auch ein Dunkle-Materie-Feld beeinflusst die Kernspins eines Sensors in dieser Weise. Während sich die Erde durch dieses Feld bewegt, verhalten sich die Kernspins im Sensor genau wie in einem oszillierenden magnetischen Feld. Das Ergebnis ist ein durch dunkle Materie hervorgerufenes Kernspin-Signal.
Als Sensor nutzen die Wissenschaftler das Isotop Xenon-129. Das Magnetometer, das potenzielle Signale misst, basiert auf Rubidium. „Wir bauen das Experiment so auf, dass die Xenon-Atome ein oszillierendes Feld zunächst verstärken. So würde der Effekt, den ein potenzielles ALP-Feld auslöst, um einen Faktor 100 größer sein“, erläutert Antoine Garcon vom Helmholtz-Institut Mainz. „Zudem befindet sich unser Magnetometer – also die Ausleseeinheit – in der gleichen Zelle wie das Sensorgas Xenon. Der stärkere Kontakt zwischen beiden erhöht neben dem stärkeren Signal zusätzlich die Empfindlichkeit der Messung.“
„Das ist mehr oder weniger das gleiche Prinzip, das unserem ‚Cosmic Axion Spin Precession Experiment‘ – kurz CASPEr – zugrunde liegt. Die Details der technischen Umsetzung sind jedoch recht unterschiedlich“, so Budker.
Das Team zeigte zunächst, dass die zugrundeliegende Idee grundsätzlich funktioniert. Die Forscher legten dazu ein schwaches oszillierendes Magnetfeld an, um so ein ALP-Feld zu simulieren und konnten damit die vorhergesagten Signale exakt nachweisen. In einem nächsten Schritt bestimmten sie die Empfindlichkeit ihres Versuchsaufbaus: Im Ergebnis ist diese um fünf Größenordnungen besser als bei früheren Experimenten.
Nach diesem erfolgreichem Proof-of-Principle starteten die Wissenschaftler erste Messreihen, um nach dunkler Materie zu suchen. Dabei konnten sie den Massebereich von wenigen Femtoelektronenvolt bis beinahe 800 feV absuchen. Zwar konnten sie in diesem Bereich bisher kein ALP-Signal finden, aber durch die viel höhere Empfindlichkeit ist es gelungen, neue und strenge Grenzen im Hinblick auf die Stärke der ALP-Wechselwirkung mit normaler Materie zu formulieren.
Zudem konnten sie den Suchbereich im Vergleich zu den CASPEr-Experimenten um eine Größenordnung hin zu höheren Massen erweitern – und so nach dem Ausschlussverfahren den Suchbereich für ALPs noch weiter einschränken. Auch für die Suche nach dunklen Photonen konnte der Aufbau genutzt werden. Und auch hier ist es dem Forscherteam gelungen, entsprechende Grenzen festzusetzen. Durch längere Messzeiten könnte die Empfindlichkeit ihrer Methode noch weiter verbessert werden.
JGU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
M. Jiang et al.: Search for axion-like dark matter with spin-based amplifiers, Nat. Phys. 17, 1402 (2021); DOI: 10.1038/s41567-021-01392-z - Exzellenzcluster PRISMA+ – Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
- Section Matter-Antimatter, Fundamental Physics with Atoms, Molecules, and Light, Helmholtz-Institut Mainz