19.11.2024

Leichter laufen mit der Roboter-Hose

Prototyp hält gebrechliche und ältere Personen länger mobil.

Forschende der Technischen Universität München haben eine robotische Hose entwickelt, mit der Menschen leichter laufen können und messbar weniger Energie verbrauchen. Besonders gebrechliche und ältere Personen sollen so länger mobil und gesund bleiben. „Damit kann man langsam gehen, aber auch joggen“, sagt Lorenzio Masia. „Wir haben ein System entwickelt für Menschen, mit dem man sich gerne mehr bewegt. Das ist das gleiche Konzept wie das Elektrorad, nur für das Laufen.“

Abb.: Robotische Hose unterstützt Menschen beim Gehen
Abb.: Robotische Hose unterstützt Menschen beim Gehen
Quelle: TUM

Nach Analysen der Forschenden spart ein junger Mensch, der auf einem 500 Meter langen Weg einen Berg hochgeht, unterstützt durch die robotische Hose, durch­schnittlich knapp achtzehn Prozent der Energie ein, die er normalerweise benötigt hätte. Auch ein älterer Mensch, der auf der Ebene 400 Meter weit unterwegs ist, reduziert seine nötige Energie mit Technik­einsatz um mehr als zehn Prozent. Das entspricht einem etwa zehn bzw. sechs Kilogramm geringeren Körpergewicht. Die Konstruktion, die das möglich macht, nennen die Forschenden WalkON, was so viel wie „Lauf einfach weiter“ heißt. 

Wenn Doktorandin Enrica Tricomi vom Stehen ins Gehen übergeht, ziehen zwei dünne Drähte, die vom Oberschenkel bis zum Hüftgurt reichen, gleichzeitig nach oben und nehmen der Muskulatur im Oberschenkel­beuger einen Teil der Arbeit ab. Ein am Oberschenkel­gurt angebrachtes Messgerät ermittelt die Winkel­stellung und -geschwindigkeit der Beine. Genau beim Übergang in die Schwungphase gibt das Gerät ein Signal an die Motoren. Dabei ist es egal, ob ein älterer Mensch die robotische Hose trägt oder aber ein sportlicher Jugendlicher: „Das System erkennt, wie schnell oder langsam sich die Person bewegt, passt sich an das jeweilige Gewicht der Beine an und unterstützt entsprechend indi­viduell“, erläutert die Forscherin. Ihre Smart Robotic Shorts erfordern keinerlei Vorein­stellungen, sind innerhalb von wenigen Minuten angezogen und einsatzbereit.

Wer das System nutzt, fühlt sich sicher, wie eine Umfrage unter den Teilnehmenden der Studie ergab. Auf einer Skala von null (keine Kontrolle möglich) bis sieben (sehr gute Kontrolle möglich) landen die Bewertungen durch­schnittlich bei über sechs. „Gerade bei älteren Menschen ist es wichtig, dass sie sich sicher fühlen“, sagt Masia, der sein System ins­besondere bei Menschen für sinnvoll hält, die zwar etwas gebrechlich sind, aber noch keinen Rollator benötigen. Masia sieht neben älteren Menschen auch Personen, die durch eine Krankheit geschwächt sind, etwa ein schwaches Herz haben oder an Lungen­erkrankungen leiden, als Zielgruppe der Entwicklung. „Laufen hilft ihnen, den Stoffwechsel zu verbessern, was sich wiederum positiv auf ihre Erkrankung auswirken kann“, sagt Masia. Dadurch, dass Nutzerinnen und Nutzer länger unterwegs sein können, sind sie insgesamt mobiler und unabhängiger. Dies hat kann eine positive Auswirkung auf die Lebens­qualität bewirken. 

Im Gegensatz zu Systemen, die als Exoskelette in Outdoor­geschäften bereits angeboten werden, handelt es sich nicht um ein hartes Gestell, sondern um weiche Kleidung. „WalkOn sieht mehr nach Keidung aus und ist insgesamt nicht größer als ein kleiner Rucksack“, sagt Tricomi, die das System in den letzten vier Jahren Stück für Stück zu dem gemacht hat, was es jetzt ist. In der Zukunft wird ein modulares System entstehen, das sich der Nutzer selbst zusammen­stellen kann, ist Masia überzeugt: „In ein paar Jahren kauft man sich eine kurze Hose, befestigt daran einen Motor, steckt zwei Kabel an und fertig ist das System, mit dem man in die Berge gehen kann.“

TUM / JOL

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