28.02.2020

Leiser Fliegen

Forscher messen den Lärm, der durch den Triebwerksstrahl an Landeklappen entsteht.

Triebwerke und Landeklappen sind wesent­liche Lärm­quellen eines Flug­zeugs. Mit einem außer­gewöhn­lichen Versuchs­aufbau haben Wissen­schaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raum­fahrt jetzt den Lärm, der speziell durch den Trieb­werks­strahl an der Flügel­klappe entsteht, akustisch messbar gemacht. Einen Trieb­werks­strahl zu simu­lieren, das geht nur mit einem besonderen Modell, einem Trieb­werks­simulator. Etwa vierzig Kilogramm schwer, mit einem Durch­messer von dreißig Zenti­metern und einer Leistung von etwa 160 Kilowatt haben die Wissen­schaftler solch einen Simulator aufwändig verkabelt und verdrahtet, mit Ölpumpe, Computer­anschluss und Heizung versorgt und in der Mess­strecke des Nieder­geschwin­dig­keits­wind­kanals Braun­schweig getestet.

Abb.: Lärmkarte über dem Versuchsaufbau. (Bild: NWB, DLR)
Abb.: Lärmkarte über dem Versuchsaufbau. (Bild: NWB, DLR)

Mit 10.500 Umdrehungen pro Minute, einer Strahl­geschwin­dig­keit von 460 Kilo­metern pro Stunde und einem sicht­baren Kondens­streifen befand sich dieser während der Tests im simu­lierten Lande­anflug. In der Mess­strecke wurde direkt hinter dem Trieb­werk ein Flug­zeug­flügel auf­ge­baut. Eine bunte Signatur auf den Quell­karten zeigte deutlich: Nicht nur das Trieb­werk ist laut, auch an der Lande­klappe des DLR-Wind­kanal­modells entsteht Lärm.

Während der Simulator sich mit 21 Bar kalter kompri­mierter Luft in Bewegung versetzte, verteilte sich das Trieb­werks­geräusch mit etwa sechzig Dezibel im ansonsten geräusch­losen Wind­kanal und wurde von zahl­reichen Mikro­fonen aufge­zeichnet. Mit für den Lande­anflug realis­tischer Geschwin­dig­keit traf der Trieb­werks­strahl auf die ausge­fahrene Flügel­klappe, die direkt hinter dem Treib­werk zentral in der Mess­strecke auf­ragte. Sofort stieg die Anzeige um einige Dezibel an – zwar im ein­stel­ligen Bereich, doch für das bloße Ohr ist diese Lärm­steigerung deutlich hörbar. Schon bei einem Anstieg auf 63 Dezibel scheint es im Wind­kanal doppelt so laut zu sein.

„Es ist uns gelungen, die Interaktion von Triebwerk und Flügel akustisch zu vermessen“, erklärt Fabian Lange vom DLR-Institut für Aero­dynamik und Strömungs­technik erfreut. Dass ein solch signi­fi­kanter Unter­schied fest­ge­stellt werden konnte, ist für die Wissen­schaftler ein besonderes Ergebnis, das in die weitere Erforschung der Strahl­klappen­inter­aktion fließen wird. „Jetzt können wir aus dem Gesamt­lärm von Triebwerk und Flügel­hinter­kante die Schall­quellen filtern und getrennt von­ein­ander unter­suchen“, so Lange.

Möglich wurde das Messergebnis durch die besondere Versuchs­anord­nung: Mit seinem großen Durch­messer und Neben­strom­verhältnis ist das Trieb­werk weg­weisend für die heutigen immer größeren und immer leistungs­stärkeren Trieb­werke moderner Passagier­maschinen. Solch ein echtes laufendes Trieb­werk im Wind­kanal zu haben – noch dazu in Kombi­nation mit dem Modell eines gepfeilten Flugzeug­flügels – eröffnet den Wissen­schaftlern nun erst­malig nach Auswertung der Ergebnisse die Möglich­keit, vorher­zu­sagen, wie sich immer größere Trieb­werke aero­dynamisch und akustisch auswirken, wie also die großen Antriebs­maschinen und Trag­flächen künftig effek­tiver und leiser konfigu­riert werden können.

Parallel dazu fließen die Mess­ergeb­nisse, die End- und Höhe­punkt einer langen Reihe von Unter­suchungen im Rahmen des inter­diszipli­nären DLR-Projekts „Konfigu­ra­tionen und Techno­logien für das emissions- und lärm­arme Kurz­strecken­flugzeug“ sind, in die Entwicklung neuer akustischer Trieb­werks­simula­toren. So ist geplant, im Folge­projekt einen akustischen Simulator zu entwickeln, der nicht mehr mit Druckluft, sondern elektrisch betrieben wird. Damit soll dann im Wind­kanal ein komplettes Halb­modell eines Airbus A320 untersucht werden. Ziel und Vision der Forscher ist es, nicht mehr bloß einzelne Kompo­nenten, sondern das Flug­zeug als Ganzes im Wind­kanal akustisch und aero­dynamisch vermessen zu können.

DLR / RK

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