Leiser Landen per Assistenzsystem
Optimierung von Anflugverfahren zur Lärmminderung und Treibstoffreduktion.
Anflug und Landung gehören zu den arbeitsintensivsten Phasen eines Fluges. Um die Piloten bei den komplexen Handlungsabläufen für einen möglichst lärmarmen Anflug zu unterstützen, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt das Pilotenassistenzsystem „Low Noise Augmentation System“, kurz LNAS, entwickelt. Das System zeigt dem Piloten über ein Display im Cockpit an, wann exakt welche Handlung für einen lärmarmen Anflug durchzuführen ist. Derzeit erprobt das DLR in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben mit der Swiss SkyLab Foundation und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa das System an Bord des DLR-Forschungsflugzeugs A320 ATRA im Anflug auf den Flughafen Zürich. Für die Flugversuche wurde das Assistenzsystem um ein weiteres Anflugverfahren für optimierte kontinuierliche Sinkflüge erweitert und mit einem neuen hochpräzisen Algorithmus ausgestattet, um so einen möglichst energieoptimierten und lärmarmen Anflug zu ermöglichen.
Das optimierte Anflugverfahren wird anhand von etwa siebzig getestet. „Wir benötigen diese Anzahl ähnlicher Anflüge, um eine breite Datenbasis zur Funktion von LNAS zu erhalten“, sagt Fethi Abdelmoula vom DLR-Institut für Flugsystemtechnik. Die Flüge werden flugmechanisch und aus Sicht von 25 teilnehmenden Airline-
Mit sieben Lärmmessstationen entlang der Anflugachse zeichnen die Forscher der Empa-Abteilung Akustik und Lärmminderung die Überflüge auf. Während jedes Anflugs wird jeweils die Konfiguration des Testflugzeugs aufgezeichnet, also die Leistung der Triebwerke, Stellung der Landeklappen, der Bremsklappen und des Fahrwerks. All diese Daten fließen in das an der Empa entwickelte Lärmsimulationsprogramm sonAIR. Mit Hilfe des Programms kann die Lärmbelastung, die der Flug verursacht, am Computer nachmodelliert und für einzelne Standorte am Boden dargestellt werden. Aus den Simulationsdaten entstehen dann detaillierte Lärmkarten, die die Wirkung des Assistenzsystems LNAS in der Region um den Flughafen dokumentieren und Unterschiede zu herkömmlichen Anflügen genau aufzeigen.
„Die sich stetig ändernden Bedingungen wie Wind und Fluggewicht machen das präzise Fliegen vertikaler Profile eines lärmarmen Anflugverfahrens hochkomplex“, sagt DLR-Testpilot Jens Heider, der bei den Flugversuchen im Cockpit sitzt. Um möglichst lärmarm landen zu können, ist ein optimaler Energiehaushalt während des Anflugs essentiell. Das Assistenzsystem LNAS zeigt dem Piloten dafür auf einem Display, dem Electronic Flight Bag, intuitiv und auf einen Blick die optimalen Zeitpunkte für das Setzen der Landeklappen und das möglichst späte Ausfahren des Fahrwerks. „Handelt der Pilot nach diesen Vorgaben, kann der Anflug von der Reiseflughöhe bis hinunter auf die Stabilisierungshöhe von 1000 Fuß über Grund mit minimaler Geräuschentwicklung und möglichst geringem Treibstoffverbrauch durchgeführt werden“, fasst Abdelmoula die Vorteile zusammen.
„Optimal wäre ein Sinkflug im Leerlauf, wie bei einem Segelflugzeug“, erklärt Martin Gerber, Projektleiter und Initiator der Weiterentwicklung von LNAS. „Mithilfe des Assistenzsystems wollen wir die Anzahl der energetisch suboptimalen Anflüge reduzieren und Piloten die dafür nötigen Informationen auf intuitiv fassbare Weise vermitteln.“ Physikalische Grundprinzipien könne man nicht ändern, die Zahl der akustisch ungünstigen Anflüge lasse sich jedoch mit Sicherheit reduzieren. Die Ergebnisse der ausgewerteten Flugversuche in Zürich werden für das Frühjahr 2020 erwartet. LNAS soll mittelfristig als industrialisierte Lösung in das Flugmanagementsystem von regulären Linienflugzeugen implementiert werden.
DLR / RK
Weitere Infos
- Institut für Flugsystemtechnik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Braunschweig
- Projekt Low Noise Augmentation System, Swiss SkyLab Foundation, Zürich, Schweiz