24.03.2015

Leuchtende Fasern

Eine neue Generation von elektrochemischen Fasern ist erstmals robust genug zur Herstellung von gewebten, leuchtenden Stoffen.

Leuchtmittel auf Basis organischer Moleküle befinden sich auf dem Vormarsch. Ihre dünnen und dennoch leuchtstarken aktiven Schichten empfehlen sie für eine ganze Reihe technischer Anwendungen von einfacher Beleuchtung bis hin zu flexiblen Displays. Für die Herstellung praxistauglicher, leuchtender Fasern, die etwa in Kleidungsstücke integriert werden könnten, fehlten bislang jedoch die geeigneten Elektroden. Einem Forschungsteam der Fudan Universität in Shanghai ist es nun gelungen, dieses Problem zu lösen. Die von ihnen erzeugten Fasern leuchten nicht nur in verschiedenen Farben, sie sind auch robust genug, um sie zu einem Stoff zu verweben.

Abb.: Die leuchtenden Fasern sind aus vier konzentrischen Schichten aufgebaut (links). Sie sind robust genug, um sie zu einem flexiblen Stoff zu verweben. (rechts; Bild: Zhang et al.)

Organische Leuchtdioden (OLEDs) haben seit ihrer Erfindung Ende der Achtzigerjahre eine rasante Entwicklung durchlaufen. So leisten sie bereits das Gleiche wie Leuchtstoffröhren, während sie eine Reihe von Vorteilen gegenüber ihren anorganischen Gegenstücken aufweisen: Sie sind leicht und dünn und können großflächig auf flexible Substrate aufgebracht werden. Für die Herstellung der leuchtenden Fasern haben die chinesischen Forscher jedoch auf eine weitere Entwicklung zurückgegriffen, die erst einige Jahre nach den OLEDs aufkam.

Leuchtende elektrochemische Zellen (LECs) sind im Prinzip OLEDs, deren optisch aktive Schicht mit einer hohen Konzentration von mobilen Ionen versetzt ist. Es handelt sich dabei um vergleichsweise einfache Aufbauten, bestehend aus einer einzigen elektrolumineszenten Schicht, eingebettet zwischen zwei Elektroden. Der entscheidende Vorteil von LECs ist dabei der niedrigere Anspruch an die Elektroden. Während OLEDs Elektroden mit niedriger Austrittsarbeit erfordern, um eine effiziente Einbringung der Ladungsträger zu gewährleisten, erlauben LECs die Verwendung von Elektroden, die für andere Zwecke optimiert sind.

Das machten sich die Forscher rund um Zhitao Zhang zunutze, um LECs in Form von robusten Fasern herzustellen. Den Kern bildet dabei ein dünner, mit Zinkoxid beschichteter Stahldraht, der einerseits als Kathode dient und andererseits der Faser ihre stabile Struktur verleiht. In einem einfachen Tauchbeschichtungsverfahren erhielt der Draht einen Mantel aus einem elektrolumineszenten Polymer, der optisch aktiven Schicht.

Das eigentlich Entscheidende bei der Herstellung der Fasern ist jedoch die äußerste Schicht – die Anode. Sie muss sowohl elektrisch leitfähig als auch transparent sein und sollte darüber hinaus möglichst hohen mechanischen Belastungen standhalten. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, benutzten die Forscher ein etwa einen Millimeter breites Band aus Kohlenstoffnanoröhrchen, das sie gezielt um die Faser wickelten. Dazu erzeugten sie zunächst mittels chemischer Gasphasenabscheidung eine Anordnung paralleler Röhrchen, aus der sie das hauchdünne Band zogen. Die halb fertige Faser dagegen spannten sie zwischen zwei Motoren, versetzten sie in langsame Drehung und wickelten das Band spiralförmig auf. So ergab sich eine geschlossene Schicht aus Kohlenstoffnanoröhrchen.

Für die Haftung zwischen dem Band und dem elektrolumineszenten Polymer sind van-der-Waals-Kräfte verantwortlich. Da die Dicke des Bandes lediglich 18 Nanometer beträgt, lässt es über achtzig Prozent des im Inneren der Faser erzeugten Lichts passieren. Dennoch sorgt die parallele Ausrichtung der Röhrchen für eine hohe elektrische Leitfähigkeit von etwa einhundert bis tausend Siemens pro Zentimeter. Nach dem Anlegen der Spannung dauert es allerdings mehrere Minuten, bis die maximale Leuchtkraft erreicht wird. Diese Anlaufzeit ist bedingt durch die langsame Bewegung der Ionen in der aktiven Schicht.

Im Gegensatz zu bisherigen, durch Elektrospinnen hergestellten Leuchtfäden, sind die neuen Fasern mechanisch äußerst stabil. Selbst nach hundertmaligem Biegen mit einem Krümmungsradius von 6 Millimetern behielten sie noch neunzig Prozent ihrer Leuchtkraft. Darüber hinaus ist es den Forschern gelungen, Fasern mit zwei verschiedenen Farben zu erzeugen. Indem sie diese miteinander verdrillten und die Leuchtkraft der einzelnen Fasern über die angelegten Spannungen unabhängig voneinander regelten, konnten sie die optischen Eindrücke sämtlicher dazwischen liegender Farbstufen generieren. „Unsere LEC-Fasern sind stabil genug, um sie zu Stoffen zu verweben“, sagt Zhang. „So könnten in Zukunft Textilien erzeugt werden, die nach präzisen Designs in unterschiedlichen Farben leuchten.“

Bevor mit einer praktischen Anwendung der neuen Leuchtfasern zu rechnen ist, muss ihre Lebensdauer allerdings noch deutlich erhöht werden. Derzeit verlieren sie innerhalb der ersten vier Stunden rund die Hälfte ihrer Leuchtkraft. Dieses Verhalten ist zwar nicht untypisch für LECs auf Polymerbasis; jüngste Studien berichten allerdings von deutlichen Fortschritten und Lebensdauern von mehreren Tausend Stunden. Zhang und seinen Kollegen zufolge könnten diese Methoden in Zukunft auch für faserförmige LECs adaptiert werden.

Thomas Brandstetter

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