Licht aus dem leeren Raum
Forschern der Universität Göteborg ist es gelungen, Photonen aus dem „Nichts“ zu erzeugen. Sie glauben damit einen experimentellen Hinweis auf den dynamischen Casimir-Effekt entdeckt zu haben. Andere Experten haben Zweifel.
Nach den Gesetzen der Quantenmechanik ist das Vakuum nicht leer, sondern stellt den Zustand geringster Energie dar, in dem es von virtuellen Teilchen nur so wimmelt, die ständig entstehen, sich ein Stück fortbewegen und wieder verschwinden.
Abb.: Umwandlung von virtuellen in reale Photonen: Virtuelle Photonen können an dem symbolischen „Spiegel“ abprallen und in einen realen Zustand übergehen, den dann ein Quanteninterferometer detektiert. (Bild: P. Krantz / Chalmers Universität)
Diese Quantenfluktuationen treten beim stationären Casimir-Effekt in die reale Welt. Der bereits 1958 experimentell nachgewiesene Effekt bewirkt, dass auf zwei parallele, leitende Platten im Vakuum eine Kraft wirkt, die beide zusammendrückt. Außerhalb der Platten können die virtuellen Teilchen einen beliebigen Impuls annehmen, während dazwischen einige Zustände verboten sind. Der Druck ist somit außen größer als innen und bewirkt eine Kraft zwischen den Platten.
Eine weitere Auswirkung, die Forscher den Vakuumfluktuationen zuschreiben, ist der dynamische Casimir-Effekt. In einem Gedankenexperiment bewegt sich ein Metallspiegel nahe der Lichtgeschwindigkeit durch einen See virtueller Teilchen. Virtuelle Photonen können sich der Spiegelbewegung dann nicht mehr anpassen und absorbieren die kinetische Energie des Spiegels. In der Folge entstehen Paare von realen Photonen. Für ein echtes Experiment ist diese Methode allerdings untauglich, weil es nicht möglich ist, einen Spiegel so stark zu beschleunigen.
Einem Forscherteam um den Physiker Chris Wilson von der Chalmers Universität in Göteborg ist es nun mit einem anderen Ansatz gelungen, reale Photonen aus dem Vakuum zu erzeugen und damit experimentelle Hinweise auf den dynamischen Casimir-Effekt zu liefern.
Die Forscher benutzten ein supraleitendes Quanteninterferometer (Squid), um die elektromagnetischen Eigenschaften eines Wellenleiters zu modulieren. Damit waren sie in der Lage, die Wegstrecke, die ein Elektron in dem Leiter zurücklegt, sehr schnell zu verändern. Das entsprach einer schnellen Veränderung der Randbedingungen des Feldes, wie sie für den dynamischen Casimir-Effekt notwendig ist. Der Versuchsaufbau wirkte auf virtuelle Photonen ähnlich wie die Bewegung des Spiegels im Gedankenexperiment. Sie konnten daran abprallen und dabei kinetische Energie absorbieren. Die realen Photonen wurden in Form von Mikrowellenstrahlung emittiert. Die Frequenz, die die Forscher beobachteten, entsprach genau den Vorhersagen aus der Quantentheorie.
Ähnliche Experimente wurden bereits 2009 von Vijay, Devoret und Siddiqi an der Yale University durchgeführt. Allerdings zogen sie zur Erklärung des Effekts eine parametrische Verstärkung von Quantenfluktuationen heran, was für sich genommen kein neues Phänomen ist. Aus Expertenkreisen verlautet daher Zweifel an der Deutung des aktuellen Experiments aus Schweden. Es fehle der Beweis, dass es sich dabei wirklich um eine Messung des dynamischen Casimir-Effekts handelt.
Studien zum dynamischen Casimir- Effekt erregen wegen ihrer tiefgreifenden Konsequenzen viel aufsehen: Sie zeigen Möglichkeiten für neue Nanotechnologien auf und dienen dem allgemeinen Verständnis von Vakuumfluktuationen. Das könnte helfen den Ursprung der dunklen Energie zu ergründen. Die gängigsten Modelle zur Erklärung der hypothetischen Energieform führen diese auf Vakuumfluktuationen zurück.
Matthias Lich / PH