20.03.2017

Licht und Moleküle verschränkt

Gekoppelte Zustände von Photonen und Molekülen führen zu ungewohntem quantenchemischem Verhalten.

Üblicherweise spielt die Quantennatur des Lichts eine untergeordnete Rolle, wenn es um die chemischen Eigenschaften von Atomen oder Molekülen geht. In einer nun veröffentlichten Arbeit zeigen Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) am Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg jedoch, dass Photonen in gewissen Situationen starken Einfluss auf das chemische Verhalten haben können. Diese Ergebnisse lassen hoffen, in Zukunft chemische Reaktionen mittels Photonen kontrolliert zu können.

Abb.: Photonen in einer optischen Kavität verändern die Eigensschaften von Molekülen, etwa deren Bindungslänge. (Bild: J. M. Harms, MPSD)

Die chemischen Eigenschaften von Atomen und Molekülen sind durch die elektro­magnetische Wechsel­wirkung der negativ geladenen Elektronen und der positiv geladenen Kerne bestimmt. In den meisten Fällen spielt dabei die Quanten­natur der Wechsel­wirkung keine große Rolle. Platziert man ein Molekül jedoch zwischen zwei stark reflektierende Spiegel in einer optischen Kavität, dann kann die Quantennatur des elektro­magnetischen Feldes wichtig werden. In solchen Situationen kann es dazu kommen, dass das Molekül mit einzelnen Photonen außer­gewöhnlich stark wechselwirkt und man nicht länger eindeutig zwischen Molekül und Photonen unterscheiden kann. Solche neuartigen Zustände können beispielsweise eine höhere Leit­fähigkeit besitzen als das freie Molekül.

In Experimenten ließen sich solche Situationen bereits beobachten, aber die theoretische Vorhersage und Untersuchung der chemischen Eigenschaften solcher Zustände war bisher nur eingeschränkt möglich. Dies lag daran, dass die üblichen theoretischen Methoden der Quantenchemie den Einfluss der Photonen vernachlässigt haben. Die Theorie-Abteilung des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie am CFEL hat einige dieser Methoden erweitert, um die Wechsel­wirkung mit Photonen explizit zu berücksichtigen. Unter anderem konnten die Wissenschaftler unter der Führung von Angel Rubio zeigen, wie starke Kopplung an Photonen in einer optischen Kavität chemische Eigenschaften eines Moleküls, wie dessen Bindungslänge oder Absorption, ändern kann.

„Besonders interessant ist auch“, meint Johannes Flick, Hauptautor der Arbeit, „die Änderung der Born-Oppenheimer-Flächen, die benutzt werden, um chemische Reaktionen zu charakterisieren. Dabei konnten wir feststellen, dass die starke Materie-Photon-Wechsel­wirkung neue Reaktions­wege eröffnet.“ Gleichzeitig untersuchten die Forscher, ob die Kopplung an die Photonen übliche Reaktionen effizienter ablaufen lassen könnte. Dazu betrachteten sie ein vereinfachtes Modell für den Transfer von Ladung zwischen zwei Quanten­systemen. Solche Ladungstransfer-Reaktionen werden üblicherweise mittels eines Lasers gesteuert. Nun konnten die Wissenschaftler feststellen, dass man mittels einzelner Photonen in einer optischen Kavität die notwendige Intensität des Lasers reduzieren kann. „Unsere theoretischen Ergebnisse helfen nicht nur, das Verhalten von Atomen und Molekülen im Fall starker Photon-Materie-Wechselwirkung in einer optischen Kavität besser zu verstehen“, so Johannes Flick weiter, “sondern unterstreichen auch die Möglichkeit, chemische Eigenschaften mittels Photonen gezielt zu beeinflussen.“

Die Forscher wollen als nächsten Schritt komplexere Moleküle mit ihren entwickelten theoretischen Methoden untersuchen. Ihr Ziel ist dabei zu demonstrieren, wie sich ihre Ergebnisse verallgemeinern lassen und man die Chemie von verschiedensten Stoffen durch den Einsatz starker Photon-Materie-Wechselwirkung verändern kann.

MPSD / DE

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