Licht verwirbelt Magnetisierung
Wie Laserpulse Skyrmionen in Magneten schneller erzeugen.
Eine Forschergruppe, geleitet vom Max-Born-Institut (MBI) in Berlin und dem Massachusetts Institute of Technology, untersuchte, wie Skyrmionen in einem Ferromagneten schneller erzeugt werden können als bisher. Die Forscher erkannten, wie sich die Topologie des magnetischen Systems dabei ändert. Die Ergebnisse bieten fundamentale Einblicke in topologische Phasenübergänge und beflügeln neue Ideen, wie magnetische Skyrmionen für die Informationstechnologie genutzt werden können.
Magnetische Skyrmionen bezeichnen kleine Wirbel in der Magnetisierung von dünnen magnetischen Schichten, wo die Magnetisierung in verschiedene Richtungen zeigt. Es stellt sich heraus, dass ein bestimmtes Magnetisierungsmuster durch seine Topologie charakterisiert werden kann. Wichtig ist, dass sich die Topologie eines Skyrmions von der eines Zustands unterscheidet, in dem die Magnetisierung überall in die gleiche Richtung ausgerichtet ist. Wenn sich also das Magnetisierungsmuster ändert, muss sich auch die Topologie des Systems ändern. Dieser Umstand trägt zur Stabilität der Skymionenwirbel bei und macht es schwer, sie schnell zu erzeugen. Für seine Analysen nutzte das Team zuerst Röntgen- und Elektronenmikroskopie, um die nanometer-großen Skyrmionen sichtbar zu machen. Dabei zeigte sich, dass ein einzelner Lichtpuls eines Lasers mit hoher Intensität ausreicht, um Skyrmionen mit einer festgelegten Topologie zu erzeugen.
In einem zweiten Schritt gingen die Forscher der Frage nach, wie der Laserpuls die Topologie verändert und wie genau eine gleichmäßigen Magnetisierung in Skyrmionen übergeht. Dazu führten sie Streuexperimente mit Röntgenstrahlen am XFEL-Röntgenlaser in Hamburg durch, bei denen die Ablenkung der Röntgenstrahlen durch die Skymionen gemessen wird. Indem die Physiker die magnetische Schicht zuerst mit einem optischen Laser und dann mit dem Röntgenlaser beschossen haben, konnten sie zeigen, wie sich die Größe und der Abstand der Skyrmionen mit der Zeit verändern. Überraschenderweise war die Änderung der Topologie schon nach 300 Pikosekunden beendet.
Damit lief die Erzeugung der Skyrmionen schneller ab als bisher für andere ferromagnetische Systeme beobachtet. Durch den Vergleich der experimentellen Daten mit Simulationen konnte das Team außerdem erklären, wie die topologische Umwandlung zustande kommt: Der Laser heizt die magnetische Schicht bis zu einem Zustand, in dem die Magnetisierung in kleine, unabhängig von einander fluktuierende Bereiche aufbricht, in denen sich die Magnetisierungsrichtung rasant ändert. In diesem Zustand topologischer Fluktuationen ist die zu überwindende Energiebarriere für die Erzeugung von Skyrmionen stark abgesenkt und es entstehen und verschwinden ständig Skyrmionen. Wenn sich das System nach der Erhitzung durch den Laser wieder abkühlt, erstarren einige dieser Skyrmionenkeime und wachsen in der Folge zu der Größe, die in den mikroskopischen Aufnahmen beobachtet wurde.
Da Skyrmionen eine Größe von nur zehn Nanometern haben können und trotzdem noch stabil bei Raumtemperatur sind, eröffnen sich Perspektiven für zukünftige Konzepte der magnetisch basierten Datenverarbeitung. Schon heute ist die Größe der Bits auf einer Festplatte dadurch beschränkt, ob ein Magnet in der Lage ist, diese sehr kleinen, aber auch sehr dauerhaften Bits neu zu beschreiben, also umzumagnetisieren. Die Technologie, die Bits örtlich mit einem Laser aufzuheizen und damit magnetisch weich zu machen, ist bereits in der Entwicklung, um noch höhere Speicherdichten zu erreichen. Die Erzeugung von Skyrmionen mit Lasern könnte diesem Konzept einen neuen Dreh verleihen.
MBI / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
F. Büttner et al.: Observation of fluctuation-mediated picosecond nucleation of a topological phase, Nat. Mat., online 5. Oktober 2020; DOI: 10.1038/s41563-020-00807-1 - Transiente elektronische Struktur und Nanophysik, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie MBI, Berlin