15.02.2012

Lichtechos der „Großen Eruption“ von Eta Carinae

Die Analyse von Streulicht deutet auf deutlich niedrigere Temperaturen hin als bislang angenommen und erlaubt Rückschlüsse auf den Eruptionsmechanismus.

Während der berühmten „Großen Eruption“ zwischen 1838 und 1858 war Eta Carinae der zweithellste Stern am Nachthimmel. Eta Carinae gehört zu den leuchtkräftigen blauen Veränderlichen (Luminous Blue Variables – LBV) und ist ein sehr massereicher Hyperriese von gut 100 Sonnenmassen. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um ein Doppelsternsystem in ungefähr 8000 Lichtjahren Entfernung von der Erde. Durch Spektralanalyse von Licht dieser Eruption, das seitlich neben Eta Carinae liegende Staub- und Gaswolken reflektierten, konnten Forscher des Space Telescope Science Institute in Baltimore nun eine Eruptionstemperatur von 5000 Kelvin ermitteln, was deutlich unter den bislang angenommenen 7000 Kelvin liegt. Dieser ältere Wert stammte aus Abschätzungen der Helligkeit. Dank dieser neuen Daten können die Forscher bestimmte Eruptionsmechanismen ausschließen.

Abb.: Links der Carina-Nebel, ein Sternentstehungsgebiet mit Eta Carinae und dem Homunkulusnebel im oberen Bereich, unten der Ausschnitt, aus dem die Lichtechos stammen. Rechts die Lichtechos von 2003 bis 2011. (Bild: CTIO – Nasa, NOAO)

Die Eruption, deren stärkste Phasen in den 1840er Jahren lagen und die anschließend langsam abklang, ist ein bemerkenswert starker Ausbruch gewesen, durch den der Homunkulusnebel entstand, ein etwa ein halbes Lichtjahr messender Gasnebel in Form eines Doppelkegels. Bei der Eruption wurden über zehn Sonnenmassen an Material ausgestoßen und eine Energiemenge freigesetzt, die ungefähr zehn Prozent einer Kernkollaps-Supernova entspricht. Aufgrund ihrer Heftigkeit nennen die Astronomen solch starke Eruptionen leuchtstarker blauer Veränderlicher auch supernova impostors (auf Deutsch etwa: Supernova-Vortäuscher). Sie sind recht selten; in der Milchstraße sind erst zwei von ihnen bekannt. Neben dem Eta-Carinae-Ausbruch gehört auch der von P Cygni im 17. Jahrhundert hierzu. Der Stern, bzw. das Doppelsternsystem, überlebt dabei die Eruption.

Zum Nachweis von Lichtechos dieses Ausbruch konzentrierte sich die Arbeitsgruppe auf seitlich neben Eta Carinae liegenden Staub- und Gaswolken. Diese Formationen liegen in etwa 100 Lichtjahren Entfernung, sodass die Lichtechos von dort seit einigen Jahren nachweisbar sind. Die Messungen erstrecken sich mittlerweile über acht Jahre und zeigen einen Anstieg an Leuchtkraft über zwei Magnituden. Daher schließen die Forscher aus, dass es sich um Lichtechos der „Kleineren Eruption“ von Eta Carinae zwischen 1887 und 1896 handelt, bei der sich die Leuchtkraft des Sternsystems nur um eine Größenklasse erhöhte.

Die nachgewiesenen Lichtechos besitzen keine Emissions-, sondern nur Absorptionslinien, was auf eine vergleichsweise kühle Photosphäre hindeutet. Die Spektralanalyse zeigt Charakteristiken, die vergleichbar sind mit Überriesensternen mit Oberflächentemperaturen von 5000 Kelvin. Aufgrund der Leuchtkraft der „Großen Eruption“ war man von Temperaturen um die 7000 Kelvin ausgegangen. Die gemessenen Dopplerverschiebungen der Spektrallinien weisen auf durchschnittliche Ausstoßgeschwindigkeiten von 210 (± 30) km/s hin. Da der doppelkegelförmige Homunkulusnebel stark asymmetrisch ist und Ausstoßgeschwindigkeiten zwischen 650 km/s an den Polen und 70 km/s am Äquator angenommen werden, schließen die Forscher, die Quelle ihres Lichtechos müsse bei rund 20 Breitengraden vom Äquator liegen. Die Charakteristiken des Lichtechos legen auch nahe, dass es von einer besonders starken Phase der Eruption um 1843 stammt. Mit künftigen Messungen hoffen die Astronomen, Lichtechos aus anderen Bereichen und somit ein räumlich und zeitlich differenzierteres Bild zu erhalten.

Durch die Neubestimmung der Temperaturen zum Zeitpunkt der Eruption kann man bestimmte Modelle zum Eruptionsvorgang ausschließen, wie etwa undurchsichtige Sternwinde, die nur bei höheren Temperaturen ablaufen können. Hierbei gibt der Stern die äußeren Schichten als dichten Sternenwind ab. Durch den entstehenden Zuwachs an Oberfläche steigt die Helligkeit des Objekts. Stattdessen vermuten die Wissenschaftler nun, eine energiereiche Druckwelle – also eine Art Mini-Supernova – könne der Auslöser sein. Auch könnten sich alternative Modelle bestätigen, die von einer Massenakkretion bei der Annäherung der beiden Partner eines Doppelsternsystems ausgehen.

Die Ursachen für das damalige Ereignis sind noch nicht verstanden, ebenso wie die Tatsache, warum ein solch starker Massenverlust und eine solche Energiefreisetzung den Stern nicht zerstörte. Die Hoffnungen der Wissenschaftler auf neue Einsichten in solche Prozesse liegen insbesondere auf künftigen Simulationen zum Strahlentransfer in Sternatmosphären.

Dirk Eidemüller

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