28.02.2018

Lösung des Hyperfein-Rätsels rückt näher

Neue Messungen der magnetischen Eigen­schaften von Wismut-Atom­kernen.

Bei der Messung der Hyperfeinstruktur in schweren hoch­ge­ladenen Ionen mit nur wenigen ver­blei­benden Elek­tronen hatten Forscher der TU Darm­stadt im vergan­genen Jahr eine Abwei­chung der experi­men­tell bestimmten Auf­spal­tungen zu theo­re­tischen Vor­her­sagen gefunden. Dieses „Hyper­fein-Rätsel“ warf die Frage auf, ob die Wechsel­wirkung zwischen den wenigen an den Atom­kern gebun­denen Elek­tronen und dem Kern unter dem Ein­fluss der dort herr­schenden starken Magnet­felder voll­ständig ver­standen ist. Als nächster ent­schei­dender Schritt zur Lösung des Rätsels stand die Neu­be­stim­mung der Stärke des magne­tischen Felds des Atom­kerns an.

Abb.: Das Prinzip der Messung: Um­klappen des Kern­spins. (Bild: AG Nörters­häuser, TU Darm­stadt)

Um das magnetische Moment des Atomkerns neu zu messen, verwen­deten die Forscher der TU Darm­stadt die Kern­resonanz­spektro­skopie. Sie beruht darauf, dass Atom­kerne ein Magnet­feld auf­weisen, wenn sie wie das unter­suchte Wismut­isotop einen Kern­spin besitzen. Unter dem Ein­fluss eines externen Magnet­felds richten sich der Kern­spin entlang der äußeren Magnet­feld­achse aus. Strahlt man Radio­wellen geeig­neter Frequenz auf die unter­suchten Atome, kann die Orien­tie­rung der Kern­magnete umge­klappt werden. Die Frequenz der Radio­wellen, bei der die Spins umklappen, hängt vom kern­magne­tischen Moment ab. Kennt man die Frequenz, kann man schluss­folgern, wie groß das magne­tische Moment ist. Dazu brachten die Forscher eine mit Wismut­ionen ange­reicherte Flüssig­keit in einen supra­leitenden Magneten ein und strahlten über eine kleine Spule Radio­frequenzen ein, bis sie bei den Wismut­ionen eine Pol­umkehr beob­achteten.

Die Schwierigkeit dabei: Die chemische Umgebung der Ionen, also die Flüssig­keit, in der sie sich befinden, ver­ändert das externe Magnet­feld in der Nähe des Atom­kerns. Dadurch wird die genaue Bestim­mung des magne­tischen Moments beein­flusst. Dieser störende Effekt muss heraus­ge­rechnet werden. Dafür wurden an der Uni­ver­sität St. Peters­burg und am Helm­holtz-Institut Jena hoch­spezia­li­sierte quanten­theore­tische Berech­nungen durch­ge­führt. Es stellte sich heraus, dass bei der Ver­wendung von Wismut­nitrat­lösungen der Effekt viel stärker ist als bisher ange­nommen. Messungen mit Hilfe von Wismut­nitrat­lösungen erwiesen sich somit als unge­nügend.

Einen Durchbruch erzielten die Forscher schließlich durch die Ver­wendung einer komplexen metall­orga­nischen Ver­bindung, die in orga­nischer Lösung Hexa­fluo­rido­bismutat(V)-Ionen bereit­stellt. Die Forscher der TU Darm­stadt fanden Unter­stützung bei einer auf Fluor­chemie speziali­sierten Arbeits­gruppe der Uni Marburg, die eine Probe der benötigten Substanz her­stellte. Damit konnten sehr viel schmalere Resonanz­kurven als mit Wismut­nitrat gemessen und präzi­sere Aus­sagen über die magne­tischen Kräfte am Kern getroffen werden. Auch quanten­theo­re­tisch ließ sich dieses System sehr viel genauer berechnen als das bis­lang ver­wendete Wismut­nitrat.

Die Wissenschaftler nutzten den neu bestimmten Wert für das magne­tische Moment des stabilen Wismut­isotops und trafen eine theo­re­tische Vorher­sage der Hyper­fein­struktur­auf­spal­tungen in den hoch­ge­ladenen Ionen. Der Abgleich mit experi­men­tell gewonnen Werten zeigte: Diese Vorher­sage stimmt weit­gehend mit den Ergeb­nissen von laser­spektro­sko­pischen Messungen überein. „Die Aussage, dass dies bereits die voll­ständige Lösung des Hyper­fein-Rätsels ist, wäre zu diesem Zeit­punkt noch ver­früht. Dennoch handelt es sich sicher­lich um einen beträcht­lichen Teil der Lösung“, erläutert Wilfried Nörters­häuser von der TU Darm­stadt. „Um voll­stän­dige Klar­heit über das Wechsel­spiel von Atom­kern und Hülle zu erlangen und somit den grund­legenden Vorher­sagen der Quanten­natur in starken Feldern näher zu kommen, sind noch weitere Experi­mente not­wendig.“ Die Forscher der TU Darm­stadt möchten nun magne­tische Momente an Atom­kernen mit nur einem ein­zelnen gebun­denen Elektron oder an nackten Atom­kernen ohne Elek­tronen­hülle unter­suchen, um die komplexen Ein­flüsse der Hülle auf die Messungen zu unter­binden. Solche Experi­mente seien am Helm­holtz­zentrum für Schwer­ionen­forschung für die kommenden Jahre mit der Unter­stützung von mehreren Arbeits­gruppen der TU Darm­stadt geplant, so Nörters­häuser.

TU Darmstadt / RK

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen