M87 ganz tief unter die Motorhaube geschaut
Der relativistische Jet dieser aktiven Galaxie hat seinen Ursprung nur wenige Schwarzschild-Radien vom supermassereichen Schwarzen Loch entfernt.
Japanische Astronomen haben mit dem amerikanischen Very Long Baseline Array (VLBA), einem Verbund aus zehn 25-Meter-Radioteleskopen, die vergleichsweise nahe gelegene aktive Galaxie Messier 87 beobachtet. Sie verwendeten dabei mehrere Frequenzen von 2 bis 43 Gigahertz und konnten somit unterschiedlich weit den gerichteten Materiestrom bis nahe an den zentralen Motor zurückverfolgen. Zu ihrer Überraschung muss die Basis des relativistischen Jets bei M87 in einer Entfernung von weniger als 25 Schwarzschildradien liegen, viel näher als Abschätzungen bei anderen aktiven galaktischen Kernen es erwarten ließen.
Abb.: Zu immer höheren Frequenzen (ν1 bis ν5) hin wird der Jet bei immer kleineren Abständen vom Schwarzen Loch (links) optisch dünn, somit verschiebt sich der beobachtete Radio-Kern von rc(ν1) bis rc(ν5). (Bild: Hada et al. / Nature)
Die VLBA-Antennen sind über das gesamte Staatsgebiet der USA verteilt und erlauben eine Ortsauflösung von 0,1 Millibogensekunden – 400-mal besser als das Weltraumteleskop Hubble im Optischen. Damit konnte das japanische Team den Jet der rund 50 Millionen Lichtjahre entfernten elliptischen Galaxie bis auf Bruchteile eines Lichtjahrs genau vermessen. Bei einer geschätzten Masse des im Zentrum von M87 hausenden Schwarzen Lochs vom etwa sechs Milliarden-fachen der Sonne entspricht das nur wenigen Schwarzschild-Radien.
So nahe reicht der Radio-Kern des Jets bei M87 tatsächlich auch an den Kern der Galaxie heran, bei den leuchtkräftigeren Quasaren dagegen liegt diese Struktur dagegen 10.000-mal weiter draußen. Als mögliche Ursache für diese Diskrepanz kommen mehrere Faktoren infrage. Zum Einen ist M87 vergleichsweise wenig aktiv und akkretiert weniger Material, von dem ein Teil schließlich in den Jet beschleunigt wird. Zum Anderen ist die Achse des Materiestroms stärker gegen die Sichtlinie verkippt, sodass – unter der Annahme eines mehrschichtigeren Aufbaus des Jets – vielleicht andere Bereiche die Emission dominieren. Bei den Quasaren hingegen überwiegt wegen des kleinen Sichtwinkels der relativistische Doppler-Effekt. Deshalb ist hier wohl der schnellere, innerste Bereich des fast lichtschnellen Ausflusses am hellsten.
Noch immer fehlen Möglichkeiten, das Entstehen und Beschleunigen der Jets in aktiven Galaxien beobachten zu können, oder die innere Struktur dieser Ausflüsse nahe des Schwarzen Lochs aufzulösen. Die Forscher hoffen, ihre Beobachtungen zu höheren Frequenzen und damit besseren Auflösungen hin irgendwann auszudehnen und mit gleichzeitigen Beobachtungen im Hochenergiebereich dem Mechanismus der Teilchenbeschleunigung auf den Grund gehen zu können.
Oliver Dreissigacker