Magnesium-Ionen verlangsamen Wasserdynamik auf kurzen Längenskalen
Ultrakurzzeit-Spektroskopie zeigt: Individuellen Wasserumgebung spezifischer Paare von Ionen ist prägend für die Dynamik wässriger Lösungen.
Flüssiges Wasser besteht aus einem komplexen Netzwerk polarer Moleküle, die durch Wasserstoffbrücken verbunden sind. Wasser reagiert auf das Vorhandensein eines gelösten Stoffs, indem es seine lokale Struktur verändert. Der Einfluss von negativ und positiv geladenen Ionen auf flüssiges Wasser wird üblicherweise anhand der Hofmeister-Reihe klassifiziert. Diese ordnet die Ionen anhand ihrer Eigenschaft, das sie umgebende Wasser zu strukturieren oder die Wasserstruktur aufzubrechen. Die mikroskopischen Ursachen und molekularen Mechanismen der Hoffmeister-Serie sind trotz langjähriger Forschung umstritten. Sie besitzt jedoch große Relevanz, da sie die Stärke des Einflusses von Ionen auf in Wasser gelöste Biomoleküle charakterisiert.
Spektroskopische Experimente mit eingehenden theoretischen Analysen der molekularen Wechselwirkungen und der molekularen Dynamik haben jetzt einen bedeutend komplexeren Einfluss von Ionen auf die sie umgebenden Wassermoleküle enthüllt. Hierbei benutzen die Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin, der FU Berlin und der Uni in München die asymmetrischen Steckschwingungen von Sulfat-Ionen als lokal sensitive Sonden, um die dynamischen Eigenschaften der Umgebung abzubilden.
Hydratisierte Sulfat-Ionen stellen ein prototypisches Modellsystem dar, da diese häufig in Mineralien vorkommen und in der Physiologie und Biochemie von großer Bedeutung sind. Die Forscher verwendeten die experimentelle Technik der zweidimensionalen Infrarotspektroskopie im Femtosekunden-Zeitbereich, um das Verhalten der Sulfat-Ionen in Gegenwart von Natrium- und Magnesium-Ionen bei geringen Ionenkonzentrationen zu vergleichen und so Informationen über die Eigenschaften der lokalen Umgebung zu erhalten. Es zeigt sich, dass die Gegenwart von Mg-Ionen schnelle Fluktuationen der Wasserhülle um ein Sulfat-Ion reduziert und so zu einer spezifischen Verlangsamung der Solvatationsdynamik des hydratisierten MgSO₄ im Vergleich zu wässrigen Na₂SO₄ Lösungen führt.
Umfangreiche Simulationen liefern eine mikroskopische Sicht auf die beobachtete Dynamik und zeigen ein molekulares Bild, bei dem die Verlangsamung der Wasserdynamik aus strukturellen Besonderheiten von SO₄²⁻- Mg²⁺-Ionenpaaren resultiert, die sich Wassermoleküle in ihrer Hydrathülle teilen. Diese Effekte sind, im Gegensatz zur weitverbreiteten Darstellung in der bisherigen Literatur, von kurzer Reichweite und beschränkt auf die ersten ein bis zwei Wasserlagen um das Sulfat-Ion. Im Gegensatz zur Hoffmeister-Reihe, welche die Wirkung von Ionentypen auf die Wasserstruktur klassifiziert, zeigen die Ergebnisse die besondere Bedeutung individueller Solvatationsgeometrien spezifischer Ionenpaare, welche prägend sind für die Dynamik verdünnter wässriger Systeme.
MBI / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
A. Kundu et al.: Short-Range Cooperative Slow-down of Water Solvation Dynamics Around SO42––Mg2+ Ion Pairs, ACS Phys. Chem Au, online 8. Oktober 2022; DOI: 10.1021/acsphyschemau.2c00034 - Nonlinear Processes in Condensed Matter, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie im Forschungsverbund Berlin e.V.