14.10.2022

Magnesium-Ionen verlangsamen Wasserdynamik auf kurzen Längenskalen

Ultrakurzzeit-Spektroskopie zeigt: Individuellen Wasserumgebung spezifischer Paare von Ionen ist prägend für die Dynamik wässriger Lösungen.

Flüssiges Wasser besteht aus einem komplexen Netzwerk polarer Moleküle, die durch Wasser­stoff­brücken verbunden sind. Wasser reagiert auf das Vorhanden­sein eines gelösten Stoffs, indem es seine lokale Struktur verändert. Der Einfluss von negativ und positiv geladenen Ionen auf flüssiges Wasser wird üblicher­weise anhand der Hofmeister-Reihe klassifiziert. Diese ordnet die Ionen anhand ihrer Eigenschaft, das sie umgebende Wasser zu strukturieren oder die Wasser­struktur aufzubrechen. Die mikro­skopischen Ursachen und molekularen Mechanismen der Hoffmeister-Serie sind trotz lang­jähriger Forschung umstritten. Sie besitzt jedoch große Relevanz, da sie die Stärke des Einflusses von Ionen auf in Wasser gelöste Biomoleküle charak­te­risiert.

Abb.: Struktu­relle Dar­stel­lung von Ionen­paaren in wäss­riger Lösung....
Abb.: Struktu­relle Dar­stel­lung von Ionen­paaren in wäss­riger Lösung. (Bild: B. P. Finger­hut, MBI)

Spektroskopische Experimente mit eingehenden theoretischen Analysen der molekularen Wechsel­wirkungen und der molekularen Dynamik haben jetzt einen bedeutend komplexeren Einfluss von Ionen auf die sie umgebenden Wasser­moleküle enthüllt. Hierbei benutzen die Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin, der FU Berlin und der Uni in München die asymmetrischen Steck­schwingungen von Sulfat-Ionen als lokal sensitive Sonden, um die dynamischen Eigen­schaften der Umgebung abzubilden.

Hydratisierte Sulfat-Ionen stellen ein proto­typisches Modellsystem dar, da diese häufig in Mineralien vorkommen und in der Physiologie und Biochemie von großer Bedeutung sind. Die Forscher verwendeten die experi­mentelle Technik der zwei­dimen­sionalen Infra­rot­spektro­skopie im Femtosekunden-Zeitbereich, um das Verhalten der Sulfat-Ionen in Gegenwart von Natrium- und Magnesium-Ionen bei geringen Ionen­konzen­tra­tionen zu vergleichen und so Informationen über die Eigenschaften der lokalen Umgebung zu erhalten. Es zeigt sich, dass die Gegenwart von Mg-Ionen schnelle Fluktua­tionen der Wasser­hülle um ein Sulfat-Ion reduziert und so zu einer spezifischen Verlang­samung der Solvata­tions­dynamik des hydra­ti­sierten MgSO₄ im Vergleich zu wässrigen Na₂SO₄ Lösungen führt.

Umfangreiche Simulationen liefern eine mikro­skopische Sicht auf die beobachtete Dynamik und zeigen ein molekulares Bild, bei dem die Verlang­samung der Wasser­dynamik aus struk­tu­rellen Besonder­heiten von SO₄²⁻- Mg²⁺-Ionen­paaren resultiert, die sich Wasser­moleküle in ihrer Hydrat­hülle teilen. Diese Effekte sind, im Gegensatz zur weit­ver­breiteten Darstellung in der bisherigen Literatur, von kurzer Reichweite und beschränkt auf die ersten ein bis zwei Wasser­lagen um das Sulfat-Ion. Im Gegensatz zur Hoffmeister-Reihe, welche die Wirkung von Ionentypen auf die Wasser­struktur klassi­fiziert, zeigen die Ergebnisse die besondere Bedeutung indivi­dueller Solvata­tions­geometrien spezifischer Ionenpaare, welche prägend sind für die Dynamik verdünnter wässriger Systeme.

MBI / RK

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