Magnesiumchlorid setzt die üblichen Regeln für Metalle außer Kraft
Ein internationales Forschungsteam hat ein Metall entdeckt, das elektrische Leitfähigkeit mit innerer Polarität kombiniert.
Materialien, die gleichzeitig Strom leiten und Licht beeinflussen können, sind für viele moderne Technologien von großem Interesse. Beispielsweise können sie helfen, schnellere und energieeffizientere Computerchips, präzisere Sensoren für medizinische Geräte oder neue Bauteile für die Kommunikation mit Licht statt Strom zu entwickeln. Die Erforschung solcher Stoffe zeigt, wie sich selbst einfache Elemente wie Magnesium und Chlor unter extremen Bedingungen zu völlig neuen Materialien verbinden lassen – mit Eigenschaften, die bisher als unmöglich galten, künftig jedoch in der fortgeschrittenen Photonik, in Quantenbauelementen oder in Energietechnologien eingesetzt werden könnten.


Gewöhnliche Metalle leiten Elektrizität durch eine Wolke aus freien Elektronen, die die Metallatome umgeben; hingegen erfolgt die Leitfähigkeit bei Magnesiumchlorid (Mg3Cl7) über Elektronen, die von den Chloridionen bereitgestellt werden. Die besondere Leitfähigkeit schwächt die elektrische Abschirmung im Metall und ermöglicht es der Verbindung, eine permanente interne Ladungstrennung aufrechtzuerhalten. Bemerkenswert ist, dass dieses polare Metall nicht nur leitet: Trifft Licht auf Magnesiumchlorid, sendet es das Licht mit doppelter Frequenz wieder aus. Eine solche Kombination aus elektrischer Leitfähigkeit, Polarität und optischer Frequenzverdopplung ist nicht nur selten, sondern für Elektronik, Sensorik und Energietechnik sehr wertvoll.
„Es ist sehr aufregend, dass wir ein Metall entdeckt haben, das nicht nur Strom leitet, sondern auch Licht auf unerwartete Weise emittiert“, sagt Yuqing Yin, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Gruppe Materialphysik und Technologie bei extremen Bedingungen der Universität Bayreuth. „Eine solche Kombination ist in der Natur extrem selten und eröffnet völlig neue Perspektiven für die Entwicklung multifunktionaler Materialien.“
Die Entdeckung wurde unter hohem Druck in einer laserbeheizten Diamantstempelzelle gemacht. Mithilfe intensiver Synchrotron-Röntgenstrahlen konnte das Team die Kristallstruktur von Magnesiumchlorid direkt bestimmen, da das Material nur unter extremen Bedingungen existiert. Obwohl sich das Material derzeit noch nicht in industriellen Mengen herstellen lässt, öffnet die Entdeckung die Tür zu einer neuen Klasse von Materialien, die metallische Leitfähigkeit mit wertvollen optischen Eigenschaften vereint.
„Wir stehen erst am Anfang“, betont Leonid Dubrovinsky vom Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth. „Die Prinzipien, die wir entdeckt haben, zeigen neue Denkansätze für Chemie und Materialdesign. Unsere Arbeit zeigt, dass selbst sehr einfache Elemente wie Magnesium und Chlor unter den richtigen Bedingungen völlig unerwartete Strukturen mit einzigartigen Eigenschaften bilden können.“ [U Bayreuth / dre]
Weitere Informationen
- Originalpublikation
Y. Yin, L. Dubrovinsky, et al., High-Pressure Mg3Cl7 Synthesized in a Diamond Anvil Cell as a Polar Metal with Second-Harmonic Generation, J. Am. Chem. Soc. 147(36), 32591–32599, 2. September 2025; DOI: 10.1021/jacs.5c07812 - Materialphysik und Technologie bei extremen Bedingungen, Labor für Kristallographie (Natalia Dubrovinskaia & Leonid Dubrovinsky), Bayerisches Geoinstitut (BGI), Universität Bayreuth
Anbieter
Universität BayreuthUniversitätsstraße 30
95447 Bayreuth
Deutschland
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