21.10.2014

Magnetisch aktive weiße Zwerge machen sich jünger

Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und atmosphärischer Konvektion von Sternrentnern gefunden.

Ein internationales Team von Astronomen mit Betei­ligung der Universität Göttingen hat heraus­gefunden, warum Magnet­felder in kalten weißen Zwergen häufiger vorkommen als in heißeren, jüngeren. Demnach sind starke Magnetfelder in der Lage, die Konvektion über die gesamte Ober­fläche eines kalten, magnetisch aktiven weißen Zwergs zu unterdrücken. Sie kühlen sich deshalb im Vergleich zu Exemplaren mit schwachen oder nicht messbaren Magnet­feldern langsamer ab und erscheinen dadurch jünger, als sie in Wirklichkeit sind.

Abb.: Verhältnis zwischen Magnetfeldern (rot) und Temperatur (grau) auf der Oberfläche des weißen Zwergs WZ 1953-011 in verschiedenen Rotationsphasen φ. (; Bild: GAU)

Weiße Zwerge (WZ) sind die Überbleibsel von Sternen mittlerer Masse am Ende ihres Entwicklungsstadiums. Da im Inneren eines Weißen Zwerges keine Kernfusion stattfindet, kühlen sie sich immer weiter ab. Es besteht daher ein unmittelbarer Zusammen­hang zwischen der Ober­flächen­tempe­ratur und dem Alter des weißen Zwerges. Besitzt der Vorläuferstern ein Magnetfeld, wird dieses durch den Kontraktionsprozess bei seiner Entwicklung hin zu einem WZ um mehrere Größen­ordnungen verstärkt. Auf diese Weise entstehen „Magnetische Weiße Zwerge“ (MWZ). Da die Felder mit der Zeit abklingen und sich die Ober­flächen­tempe­ratur verringert, könnte man erwarten, mehr weiße Zwerge mit geringen oder nicht vorhandenen Magnetfeldern bei kühleren Temperaturen zu finden.

Das Gegenteil scheint allerdings der Fall zu sein: Wie die Wissenschaftler herausfanden, kontrolliert das Magnetfeld möglicherweise die globale Oberflächen­konvektion in kalten MWZ. „Bei der Analyse der Licht­varia­bilität des kalten Weißen Zwerges WZ 1953-011 haben wir einen direkten Zusammenhang zwischen der lokalen Magnetfeld­stärke und der Ober­flächen­tempe­ratur gefunden“, erklärt Denis Shulyak vom Institut für Astrophysik der Universität Göttingen. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass das Magnetfeld die atmosphärische Konvektion unterdrückt, wodurch auf der Oberfläche des Sterns dunkle Flecken in den magnetisch aktiven Regionen entstehen, ähnlich wie Sonnenflecken.

Im Unterschied zu Sonnenflecken jedoch, die eine kurze Lebensdauer von einigen Wochen bis Monaten haben, sind die magnetischen Verhältnisse und ihre assoziierten Temperaturen auf WZ 1953-011 seit mindestens zehn Jahren unverändert und damit äußerst stabil. „Aus diesem Grund sollte die Mehrheit von konvektiven MWZ photo­metrische Variabilität zeigen. Und das haben Astronomen in der Tat auch beobachtet“, so Shulyak.

Ein so starkes globales Magnetfeld von mehreren hundert Kilo-Gauß und darüber ist in der Lage, konvektive Strömungen auf der gesamte Oberfläche und selbst tief im Inneren des Stern zu bremsen. „In WZ mit Ober­flächen­tempera­turen unterhalb von etwa 12.000 Kelvin transportiert die Konvektion einen erheblichen Teil des gesamten Energieflusses von tieferen Schichten zur Oberfläche. Dessen Unterdrückung durch starke Magnetfelder vermindert somit die Leuchtkraft. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Abkühlungszeit von WZ invers proportional zu ihrer Leuchtkraft ist, dann sollten Objekte mit global unterdrückter Konvektion längere Abkühlungs­zeiten als ihre nicht-magnetischen Zwillinge haben. Daher liefert die magnetische Unterdrückung der Abkühlung eine natürliche Erklärung für die erhöhte Anzahl von MWZ bei kühleren Temperaturen, wo Konvektion der dominierende Energie­transport­mechanismus ist. Dieses Ergebnis stimmt vollkommen mit theoretischen Vorhersagen überein“, erläutert Shulyak.

Die Analyse der photometrischen Variabilität von MWZ und deren unerwartet hohen Häufigkeit, verglichen mit nicht-magnetischen Sternen, sowie ihre hohe Dispersion der räumlichen Geschwindigkeiten (welche Information über das Alter des Sterns enthält) deuten unmittelbar auf die Existenz von magnetischer Unterdrückung der Abkühlung in stark magnetischen, isolierten WZ hin. „Wir müssen deshalb unsere Interpretation des Ablaufs der Abkühlung in MWZ und infolgedessen eventuell auch unser Verständnis von der Entwicklung unserer Galaxie sowie des Universums anpassen“, so Shulyak.

GAU / OD

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